Am Sonntag ist Großeltern-Tag: Das steckt dahinter

12.10.2019, 15:59 Uhr
Als erstes Bundesland führt Bayern einen „Großelterntag“ ein. Er findet an diesem Sonntag, 13. Oktober, statt, und fortan immer am zweiten Sonntag im Oktober.

© Martina Ferrari/dpa Als erstes Bundesland führt Bayern einen „Großelterntag“ ein. Er findet an diesem Sonntag, 13. Oktober, statt, und fortan immer am zweiten Sonntag im Oktober.

Die meisten Tiere sterben, wenn sie sich nicht mehr fortpflanzen können. Aufgabe erfüllt, Nachfolge geregelt, tot. Bei den Menschen ist das anders. Bei Frauen endet die Fruchtbarkeit um das 50. Lebensjahr. Trotzdem werden sie in Deutschland im Schnitt 83 Jahre alt.

Das liegt daran, dass sie weiterhin gebraucht werden. Manche Wissenschaftler sprechen von der "Großmutter-Hypothese". Männer können bis ins hohe Alter Nachkommen zeugen. Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger ist mit 73 Jahren zum achten Mal Vater geworden. Die Mutter war 29.

Oma und Opa reagieren gelassener

Im Laufe von Millionen Jahren hat es sich offenbar als Vorteil in der Evolution herausgestellt, wenn Frauen ab einem bestimmten Zeitpunkt für ihre Enkel da sind, statt für weitere eigene Kinder zu Sorgen.

"Das liegt vermutlich daran, dass der Mensch so unfertig geboren wird", sagt Aida Bosch, Sozialwissenschaftlerin und Professorin für Philosophische Anthropologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. "Im Vergleich zu anderen Säugetieren ist das eine Sonderentwicklung." Ein Kälbchen steht schon eine halbe Stunde nach der Geburt auf eigenen Beinen. Ein Schimpanse klammert sich von Anfang an im Fell der Mutter fest.

"Damit ein Menschen-Baby einen ähnlichen Entwicklungsstand hätte, müsste es theoretisch ein Jahr länger im Mutterleib bleiben", erklärt Bosch. Das geht aber nicht, weil das Gehirn und damit der Kopf sonst zu groß wäre für die Geburt. Durch den aufrechten Gang ist außerdem das weibliche Becken enger als beim Menschenaffen. "Menschen müssen also zu früh zur Welt kommen", sagt Bosch. "Sie sind von Anfang an weniger an ihre Umgebung angepasst und mit weniger Instinkten ausgestattet als Tiere. Deshalb sprechen Anthropologen auch vom ,Mängelwesen‘."

 

Das hat zur Folge, dass Menschen-Babys mehr Hilfe und Unterstützung brauchen – auch von Oma und Opa. Um dieses Engagement zu würdigen, gibt es in Bayern an diesem Sonntag den ersten offiziellen Großeltern-Tag. "Sie sind vertraute Personen, oft schon entlastet von der Berufstätigkeit und dadurch entspannter", erklärt Bosch. Sie haben bereits Erfahrung, stehen aber weniger in der Verantwortung und müssen nicht so streng sein wie bei den eigenen Kindern. "Oma und Opa reagieren gelassener und bauen dadurch oft eine sehr gute Beziehung zu den Enkelkindern auf."

Immer klappt das natürlich nicht. "Das hängt von der Familienkultur und Machtstrukturen ab, wie groß und gut der Zusammenhalt ist oder welche Konflikte die Geschichte geprägt haben", erklärt die Sozialwissenschaftlerin. Manche Großeltern mischen sich zu viel ein, wenn sie glauben, vieles besser zu wissen. "Aber oft klappt das sehr einvernehmlich heutzutage."

Großväter stärker involviert als früher

Auch die Opas finden immer mehr Gefallen daran, mitzumachen. "Die Großväter sind heute stärker involviert als noch vor ein paar Jahrzehnten", sagt Bosch. "Und sie genießen und schätzen das auch mehr als manch frühere Männergeneration, sich um ihre Enkel zu kümmern."

Neben der verhältnismäßig frühen Menopause beschäftigt Anthropologen aber auch die Frage, warum Frauen so schnell hintereinander mehrere Kinder bekommen können. Schimpansen-Weibchen sind erst nach vier bis fünf Jahren wieder empfängnisbereit, wenn sie ihr Junges nicht mehr stillen. Auch hier greift vermutlich der "Oma-Effekt". Wenn ein Frau Hilfe hat, kann sie sich gleichzeitig um mehrere Kinder kümmern. In der Evolution war das ein Überlebensvorteil.

Keine Kommentare