Amoklauf in Leutershausen: "Ich knalle euch alle ab"

5.4.2016, 15:41 Uhr
Amoklauf in Leutershausen:

© Diane Meyer

Der Kassiererin war es gelungen, die Waffe des Mannes vom Tresen zu nehmen, und damit zu flüchten. Sie schilderte die dramatischen Momente am 10. Juli 2015 bevor der Beschuldigte die Tankstelle betrat: "Es war Sommer, es war warm und die Tür stand offen." Dann habe der Mann den Verkaufsraum betreten. Eine ältere Kundin habe ständig in ihn "hineingequakt, er solle die Waffe herunternehmen". Die Kassiererin selbst habe sich nur gedacht: "Sei endlich still." Dann nahm der Mann die Pistole nach oben und sagte: "Ich knalle euch jetzt alle ab", erinnerte sich die 47-Jährige heute vor dem Landgericht.

Amoklauf in Leutershausen:

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Wenige Augenblicke später habe der Beschuldigte Zigaretten verlangt. Als sich die Kassiererin wieder zu ihm umdrehte, bemerkte sie, dass die Waffe auf dem Tresen lag. "Ich habe mir die Pistole geschnappt und geschaut, dass ich wegkomme", so die Frau. In der Toilette sperrte sie dann die Waffe ein.

Angstzustände und Panikattacken

Innerhalb der bedrohlichen Momente im Verkaufsraum der Tankstelle, sei der Mann "wie ein Tiger durch einen Käfig geschlichen" und er habe "leblose Augen" gehabt, erklärte die 47-Jährige. Seit der Tat leidet die Frau an Angstzuständen und sie kann nachts nicht schlafen. Bis heute ist sie einmal in der Woche in psychologischer Behandlung. Ihren Job hat die Einzelhandelskauffrau mittlerweile an den Nagel gehängt. "Ich habe mir geschworen, die Tankstelle nie wieder zu betreten", so die ehemalige Angestellte. Als sie nach ihrer Aussage den Gerichtssaal verließ, blieb sie vor dem Beschuldigten stehen, blickte ihn an und sagte: "Jetzt schaue ich ihn an, beim Reinkommen habe ich das nicht geschafft", so die Frau weiter.

Einem Straßenwärter, der die Kassiererin an diesem heißen Julitag besucht hatte, gelang es, sich aus dem Verkaufsraum herauszuschleichen. Zusammen mit anderen Kunden und Angestellten überwältigte er den Mann. "Wir waren zu viert auf ihm gehockt", schilderte der 29-Jährige. Danach legten sie ihm Kabelbinder an, um ihn zu fesseln. Dabei habe der Beschuldigte wirres Zeug geredet, so der Zeuge. Halbsätze wie: "Wir werden alle sterben", "atomare Verseuchung" und "alles ist vergiftet", seien gefallen, als der Amokläufer an der Tankstelle in Bad Windsheim endlich gestoppt werden konnte.

Am 10. Juli 2015 war er in seinem Mercedes Cabrio durch den Landkreis Ansbach gefahren und hatte aus dem Auto heraus zwei arglose Passanten erschossen. Eine Seniorin goss im ländlich-geprägten Leutershausen, im Ortsteil Tiefenthal, vormittags gerade die Blumen als der Beschuldigte aus seinem silbernen Mercedes-Cabrio auf sie schoss, sie verstarb vor Ort. Nur ein paar Minuten später feuerte er dreimal auf einen Radfahrer in Rammersdorf. Der 72-Jährige verblutete. Bei seiner Amokfahrt bedrohte der Mann drei Menschen, auf zwei weitere zielte er aus dem Auto heraus.

Seit Ende Februar läuft die Verhandlung vor dem Landgericht Ansbach.