Ansbacher Bäcker sammelt Kassenbons im Schaufenster

20.1.2020, 20:24 Uhr
Hunderte Kassenbons zieren aktuell das Schaufenster der Bäckerei Jahn in Ansbach.

© Eva Orttenburger Hunderte Kassenbons zieren aktuell das Schaufenster der Bäckerei Jahn in Ansbach.

"Umweltwahnsinn" steht auf dem mit Kreide beschriebenen Schild, das im Schaufenster der Bäckerei Jahn hängt. In der Auslage darunter stapeln sich hunderte Kassenbons, die Kunden dort entsorgt haben. Täglich werden es mehr. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Der Grund: Die Bon-Pflicht

Ladenbesitzer müssen seit 1. Januar ihren Kunden für jeden Einkauf einen Kassenzettel ausstellen. Das umstrittene Gesetz hinterlässt auch in dem kleinen Familienbetrieb in einem Ansbacher Wohngebiet seine Spuren. "Zuerst haben wir einen Eimer für die Zettel aufgestellt", erklärt Bäckermeister Dieter Jahn. Nach nur wenigen Stunden war der Behälter voll, ein größeres Gefäß musste her. Jahns Frau Claudia besorgte einen Korb. Doch auch dieser war nach nur einem Tag prall gefüllt. "Als mich meine Frau fragte, was sie mit den vielen Zetteln machen soll, hab ich zu ihr gesagt: Ach, werf sie doch einfach in die Schaufenster-Auslage."


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Dieter Jahn ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welchen medialen Hype er mit der Aktion auslöste. Nicht nur der Zettelberg im Schaufenster wuchs, auch die Anfragen lokaler und überregionaler Zeitungen, Radio- und Fernsehsender ließen nicht lange auf sich warten.

Innerhalb einer Woche waren fast täglich Journalisten in der kleinen Bäckerei zu Gast. "Mit so einem Ansturm hatten wir überhaupt nicht gerechnet", erklärt Claudia Jahn, die hinter der Theke Semmeln, Brot und Backwaren verkauft. Nicht nur in den Medien kam die Protest-Aktion gut an, auch die Kunden der Bäckerei staunten über den Bon-Berg im Schaufenster nicht schlecht. "95 Prozent haben positiv darauf reagiert", freut sich Dieter Jahn.

Den Bäckermeister ärgert bei der Bon-Pflicht besonders die Unverhältnismäßigkeit, mit der das Gesetz durchgezogen wird. "Zu uns kommen am Morgen viele Kinder, die sich eine Breze für die Schule kaufen. Wegen solcher Cent-Beträge einen Bon ausstellen zu müssen, halte ich für völlig übertrieben", ärgert sich der 53-Jährige. Eineinhalb Rollen Thermopapier werden nach Schätzungen des Bäckermeisters pro Tag in dem relaltiv kleinen Betrieb verbraucht. "In größeren Fillialen wird es deutlich mehr sein", gibt Jahn zu bedenken.

Ansbacher Bäcker sammelt Kassenbons im Schaufenster

© Eva Orttenburger

Neben den Folgen für die Umwelt geht die Bon-Pflicht auch ans Geld der Betriebe. Ein Karton mit 50 Rollen kostet rund 60 Euro. Somit fallen in einem Jahr mehrere hundert Euro für den Kauf des umweltschädlichen Thermopapiers an.

Das Argument der Politik, mit der Bon-Pflicht gegen Steuerhinterziehung vorgehen zu wollen, kann Jahn durchaus verstehen. Doch bei Kleinstbeträgen sei der bürokratische Aufwand im Verhältnis dazu viel zu groß. "Ab einem gewissen Umsatz, wäre das Gesetz völlig in Ordnung", erklärt der Bäckermeister.


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Von anderen Betrieben habe Jahn bereits gehört, dass sie die Bon-Pflicht nicht einhalten. Aktuell drohen außer einer Ermahnung noch keine Konsequenzen für die Unternehmen. Doch mit den Behörden will sich der 53-Jährige vorerst nicht anlegen. Der Zettel-Berg im Schaufenster wird somit weiter wachsen.

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