Fall Sang Sarr: Ministerium schließt sofortige Abschiebung aus

13.12.2018, 05:58 Uhr
Sang Sarr (links) kann möglicherweise wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Neben Guido Vildosola (rechts), der für ihn wie ein Vater ist, engagieren sich nun weitere Bürger dafür, dass er in Deutschland bleiben darf, um seine Berufsausbildung absolvieren zu können

Sang Sarr (links) kann möglicherweise wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Neben Guido Vildosola (rechts), der für ihn wie ein Vater ist, engagieren sich nun weitere Bürger dafür, dass er in Deutschland bleiben darf, um seine Berufsausbildung absolvieren zu können

Die Fränkische Landeszeitung fragte gestern im Ministerium deshalb nach, weil Sarr zuvor die sofortige Abschiebung angedroht worden war. Unterdessen formiert sich eine immer breitere Unterstützung dafür, dass der hervorragend integrierte 20-Jährige Deutschland nicht verlassen soll.

Wie berichtet, soll der Ansbacher "freiwillig" in den Senegal fliegen, um von dort im September 2019 seine Lehre in Ansbach antreten zu dürfen – falls er im Senegal ein Ausbildungsvisum bekommt. Gestern erhielt er indes einen Anruf von der "Zentralen Rückkehrberatung" in Nürnberg. Demnach drohe ihm die sofortige Abschiebung, wenn er dieser Lösung nicht umgehend am Telefon zustimme. Eine Abschiebung würde auch bedeuten, dass er von seinen "deutschen Eltern" Claudia und Guido Vildosola getrennt würde, die ihn gerne kostenlos bei sich in Sachsen bei Ansbach aufnehmen würden, wenn die Behörden dies erlauben würden.

Organisation für Migration finanziert Sarr den Flug

Sang Sarr war gestern bei Claudia und Guido Vildosola, als er den Anruf von der Rückkehrberatung erhielt. Weil sie das Gespräch mithörten, konnten sie dessen Inhalt der Fränkischen Landeszeitung schildern. In dem Telefonat sei mitgeteilt worden, dass die Internationale Organisation für Migration (IOM) nun zugesagt habe, dass sie Sang Sarr den "Ausbildungsflug" in den Senegal finanzieren wird. Das dafür vorgesehene Flugzeug startet am Montag, 17. Dezember, um 16 Uhr in Frankfurt am Main. Er müsse sich verpflichten, in diese Maschine einzusteigen, um einer angeblich drohenden Abschiebung zu entgehen.

Ministeriumssprecher Scholtysik sagte der Fränkischen Landeszeitung jedoch zu, dass der Fall eingehend geprüft und der Brief von Guido Vildosola auf jeden Fall beantwortet werde. Wie gestern bekannt wurde, ist Vildosola mittlerweile nicht mehr der einzige Bürger, der sich mit einem Brief an Innenminister Joachim Herrmann für Sang Sarr engagiert. Herrmann bekommt auch Post von Otto Kupfer, dem Geschäftsführer der Hans Kupfer & Sohn GmbH & Co. KG, Heilsbronn, mit rund 650 Beschäftigten. Otto Kupfer hatte Sang Sarr zum Mechatroniker ausbilden wollen, dafür aber keine Genehmigung des Landratsamts Ansbach bekommen.

Wenn der 20-Jährige nun nicht für September 2019 bereits eine vertraglich zugesagte Lehrstelle als Elektroniker in Ansbach hätte, würde er ihn ab sofort zum Mechatroniker ausbilden, sagte Otto Kupfer nun Sang Sarr zu. Otto Kupfer war gestern urlaubsbedingt nicht erreichbar. Sein Sohn Jakob bestätigte der Fränkischen Landeszeitung jedoch, dass sein Vater im Hinblick auf Sang Sarr an den Innenminister geschrieben habe. "Er hat sich in dem Brief dafür eingesetzt, dass Herr Sang Sarr in Deutschland bleiben darf."

Jakob Kupfer berichtete, dass der junge Mann am Wochenende an einer Weihnachtsfeier der Fußballmannschaft des 1. FC Heilsbronn teilgenommen habe, in der er zusammen mit ihm gespielt habe. "Er hat immer den Kontakt gehalten. Er ist immer ein gern gesehener Gast bei uns", betonte Jakob Kupfer. Weil Sang Sarr jedoch in ein Flüchtlingsheim in Ansbach umgezogen ist, spielt er nun in der Bezirksligamannschaft des ESV Ansbach/ Eyb.

Ebenso wie Spieler des 1. FC Heilsbronn, so möchten sich nun auch seine Spielkameraden des ESV für ihn einsetzen. Einer von ihnen ist Bertram Karr, dessen Mutter Manuela Karr ab heute eine Unterschriftensammlung gestartet hat, an der sich bislang 370 Interessierten beteiligt haben. "Wir fordern, dass Herr Sang Sarr, der vorbindlich integriert ist, in Deutschland bleiben darf, um seine Berufsausbildung zu absolvieren" stehe über den Listen. Nähere Informationen zur aktiven Teilnahme gibt es unter der Telefonnummer 0173/594666-1.

"Ich bin hier in gewisser Weise aufgewachsen"

Dies wäre auch der Wunsch des mit 15 Jahren aus Angst vor politischer Verfolgung aus Gambia geflüchteten jungen Mannes: "Ich bin hier in gewisser Weise aufgewachsen und volljährig geworden", sagte er in gutem Deutsch. "Ich finde es schade, dass ich das Land jetzt verlassen muss – und damit auch die Freunde, die ich liebgewonnen habe."

Er ergänzte: "Ich würde gerne meine Ausbildung zum Assistenten für Ernährung und Versorgung in Ansbach bis Juni 2019 abschließen, und mich dann ab September 2019 zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik ausbilden lassen." Derzeit befürchte er in Gambia noch Repressalien, weshalb er in seiner Not erfolgreich anregte, allenfalls ins Nachbarland Senegal geflogen zu werden. Doch wenn sich die Verhältnisse verbesserten, werde er nach seiner Ausbildung zurückkehren. Denn in Afrika seien seine Eltern und seine zwei Schwestern.

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