Das sagen Frankens Hausärzte zur Astrazeneca-Freigabe

22.4.2021, 18:14 Uhr
Die Mitarbeiterin einer Arztpraxis vergibt Impftermine. Astrazeneca kann dort jetzt auch für Jüngere eingesetzt werden. 

© NEWS5 / Fricke, NEWS5 Die Mitarbeiterin einer Arztpraxis vergibt Impftermine. Astrazeneca kann dort jetzt auch für Jüngere eingesetzt werden. 

Das Aufatmen ist bei Dr. Markus Beier, Facharzt für Allgemeinmedizin in Erlangen und Chef des bayerischen Hausärzteverbandes, durchs Telefon regelrecht zu hören. "Wir begrüßen den Pragmatismus, zu dem man jetzt übergangen ist", sagt er. Nach anderen Bundesländern hat Bayern Astrazeneca für alle Altersgruppen freigegeben. Bisher sei die Akzeptanz von Astrazenca regional unterschiedlich gewesen, im Raum Mittelfranken hätten die Mediziner aber immer genug Menschen gefunden, die sich den Piks mit diesem Stoff geben ließen.

Für Ärzte und Mitarbeiter in den Praxen sei es oft ein "Riesenaufwand" gewesen, die nötigen Gespräche mit den Impf-Interessenten zu führen. Beier meint damit natürlich nicht die Aufklärung über mögliche Risiken, die mit dem Astrazeneca-Impfstoff verbunden sind, wie Blutgerinnsel in sehr seltenen Fällen. Deshalb durfte der Stoff zunächst in der Regel auch nur bei Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden.

Es gehöre selbstverständlich dazu, darüber zu reden. Was für Beier und viele seiner Kollegen zeitraubend war, waren immer wieder Diskussionen, ob man sich nun impfen lassen möchte oder doch lieber nicht, ob man vielleicht noch etwas wartet und den Termin verschiebt. Das erübrige sich mit der Freigabe nun weitgehend.


Kommentar: Das Ende der Priorisierung löst das Problem nicht


Zwischen 10 und 30 Dosen bekomme jede Praxis je nach Größe pro Woche, meint der Landesvorsitzende des Hausärzteverbandes. Astrazeneca werde allerdings im Zwei-Wochen-Rhythmus geliefert. Nächste Woche sei das zum Beispiel nicht der Fall. Dass jetzt, mit der Freigabe, die mögliche Zahl von Impf-Interessenten drastisch steigen wird, sieht Marcus Beier durchaus mit gemischten Gefühlen.

Er bittet nachdrücklich darum, nicht sofort zum Telefonhörer zu greifen und die Nummer des Hausarztes zu wählen. "Das verstopft die Leitungen", fürchtet der Erlanger Arzt, "und verhindert im schlimmsten Fall, dass jemand schnell verständigt werden kann, der dran ist."


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Besser sei es, sein Interesse an einer Impfung mit Astrazeneca per Email anzumelden, oder direkt in der jeweiligen Praxis, wenn man dort ohnehin zu tun hat. "Da darf jeder Kontakt genutzt werden", betont Beier. Ob am Ende genug Impfstoff zur Verfügung steht, das könne freilich niemand wissen. Alle Praxen würden so viel Pikse machen wie möglich.

Ein wichtiger Schritt

Beiers Kollegen in der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) sehen die Freigabe des Impfstoffes für alle Altersgruppen, eben auch für Jüngere, als wichtigen Schritt zur sogenannten Herdenimmunität. Die entsteht in einer Pandemie, wenn ein möglichst hoher Prozentsatz der Bevölkerung bereits gegen das Virus immun geworden ist, so dass das Virus nicht mehr so viele Möglichkeiten hat, sich auszubreiten.

Auch laut KVB lasse sich allerdings die Frage, ob genügend Impfstoff zur Verfügung steht, "nicht seriös beantworten". Ein Sprecher verweist auf den Impfmonitor des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Vereinigungen. Demnach standen bayerischen Impfzentren und Praxen Stand Dienstag etwa 247.000 Astrazeneca-Dosen zur Verfügung. Wie viele davon für Patienten über 60 zurückgelegt wurde, sei nicht bekannt. Der Sprecher betont: "Prinzipiell gilt weiterhin: Die Patienten werden von der Praxis informiert, wenn ein Impfangebot verfügbar ist."


Das sind die Reaktionen aus dem Kreis Forchheim


"Es ist sehr gut, dass alle, die sich mit Astrazeneca impfen lassen wollen, das nun auch tun können", meint Dr. Joachim Mörsdorf, medizinischer Leiter des Forchheimer Impfzentrums. Seine Praxis hat er in Pretzfeld (Kreis Forchheim). Derzeit stehen dort 500 Personen auf der Warteliste.

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