Warten auf den nächsten Zug

Bahnstreik: Das sagen Reisende am Nürnberger Hauptbahnhof

11.8.2021, 12:56 Uhr
Antonia Distler, Hanna Rosmeier und Klara Leidert (v.l.) sind auf dem Weg von Regensburg nach Hamburg.

© Katrin Wiersch Antonia Distler, Hanna Rosmeier und Klara Leidert (v.l.) sind auf dem Weg von Regensburg nach Hamburg.

Antonia Distler, Hanna Rosmeier und Klara Leidert sind auf dem Weg von Regensburg nach Hamburg. Doch in Nürnberg ist erst mal Schluss. Der Regionalzug von Regensburg fuhr planmäßig. Jetzt haben sie zwei Stunden Aufenthalt. Danach geht es mit dem ICE direkt nach Hamburg. Die drei 16-Jährigen wollen sechs Tage Urlaub in der Hansestadt machen - sozusagen eine Abschlussklassenfahrt im Kleinen. Für den Streik zeigen sie Verständnis: "Streik ist blöd aber er ist gerechtfertigt", sagt Antonia Distler. "Immerhin streiken sie ja nicht ohne Grund." Gebucht hatten sie die Reise bereits vor einem Vierteljahr. "Für uns war klar, dass wir trotzdem fahren. Irgendwann kommen wir schon an", sagt Hanna Rosmeier.

Die Ingolstädterin Lea Wilcke ist mit ihrer vierjährigen Tochter Luisa auf dem Weg nach Berlin. Für sie bedeutet der Streik, dass die beiden statt vier nun acht Stunden unterwegs sind. In Nürnberg müssen auch sie eineinhalb Stunden warten bevor sie einen ICE nach Hamburg nehmen können. Von Hamburg aus geht es dann nach einer weiteren einstündigen Wartezeit nach Berlin. "Ich persönlich finde es total bescheuert, dass sie ausgerechnet jetzt streiken müssen", sagt Lea Wilcke. Das Sparticket könne sie nicht mehr zurückgeben, ist sich die gebürtige Berlinerin sicher. "Und erklären Sie mal einer Vierjährigen, dass wir jetzt doch nicht in den Urlaub fahren." Entspannt bleibt sie bei dem ganzen Hin und Her trotzdem: "Meine Tochter freut sich. Die liebt Zug fahren."

Heinz Treu, Günter Förster, Marianne Rebler, Uschi Klaus und Kurt Frischholz (v.l.) aus Nürnberg planten schon vor Monaten eine Wandertour rund um Pegnitz und ließen sich auch von dem Streik nicht von der Tour abbringen.

Heinz Treu, Günter Förster, Marianne Rebler, Uschi Klaus und Kurt Frischholz (v.l.) aus Nürnberg planten schon vor Monaten eine Wandertour rund um Pegnitz und ließen sich auch von dem Streik nicht von der Tour abbringen. © Katrin Wiersch

Der 80-jährige Kurt Frischholz vom Fränkischen Wanderverein aus Nürnberg steht in der Haupthalle - um sich versammelt eine fünfköpfige Wandertruppe. Eigentlich wäre die Gruppe noch wesentlich größer aber "die anderen stehen wahrscheinlich noch verzweifelt irgendwo an einem anderen Bahnhof und warten auf ihren Zug nach Nürnberg, der nicht kommt", sagt Frischholz. Sie hatten vor Monaten schon die Tagestour nach Pegnitz geplant. Die Wanderung kurzfristig abzusagen, war kein Thema. "Wir schauen mal, wann wir hinkommen. Laut Bahn fährt unser Zug, den wir auch ursprünglich nehmen wollten", sagt er und ist tiefenentspannt. "Wir sind guter Dinge. Bei all dem Negativen um einen herum muss man ja nicht auch noch negativ denken." Es sei ja schon mal toll, dass es überhaupt wieder möglich sei, in einer Gruppe wandern zu gehen. "Nur übernachten wollen wir nicht dort. Einen Schlafsack haben wir nämlich nicht eingepackt."

Panka Botos (13) will mit ihrer Verwandten Judith Bundick (68) eigentlich nach Budapest reisen. Die Fahrt dauert von Nürnberg über Wien normalerweise um die acht Stunden. Nun werden die beiden jedoch über München umgeleitet. Das bedeutet, dass die Fahrt um einiges länger dauern wird. "Das ist schon blöd, weil mein Vater eigentlich in Budapest auf uns wartet und wir jetzt wesentlich später ankommen", sagt die 13-Jährige. Sie könne die streikenden Lokführer jedoch gut verstehen.

Erbost zeigt sich jedoch eine Bahnreisende aus Nürnberg, die nicht namentlich genannt werden will. "Ich habe die Reise extra für einen Mittwoch geplant, um nicht in einem vollen Zug zu sitzen", schimpft die Frau. Angesichts der Corona-Pandemie meide sie große Menschenmassen grundsätzlich. "Und jetzt sitze ich einem völlig überfüllten Zug, der möglicherweise auch noch kürzer ist als eigentlich geplant." Die Nürnbergerin ist auf dem Weg nach Köln, um in einer Klinik operiert zu werden. "Die Operation ist seit langem geplant. Die kann ich nicht verschieben", sagt sie.

Birgit Sitz (46) aus Thalmässing ist auf dem Weg nach Hannover.

Birgit Sitz (46) aus Thalmässing ist auf dem Weg nach Hannover. © Katrin Wiersch

Birgit Sitz aus Thalmässing hat bisher Glück gehabt. Ihr Zug nach Hannover fahre planmäßig, habe man ihr versprochen. "Ich habe zu meinem Mann aber schon gesagt, dass er damit rechnen soll, mich heute Abend wieder in Roth abzuholen", sagt sie lachend. Die 46-Jährige hatte extra eine S-Bahn früher zum Hauptbahnhof genommen, um ja pünktlich zu sein. "Man muss eben nehmen, was man kriegt", sagt sie mit einer Prise Galgenhumor. Verständnis für den Streik hat auch sie. "Ich kann die Lokführer verstehen. Ist halt nur blöd, dass sie zu einem Zeitpunkt streiken, wo man endlich wieder problemlos reisen kann." Eigentlich fahre sie gerne und regelmäßig mit dem Zug nach Hannover zu ihrer Verwandtschaft. "Zug fahren ist einfach entspannter - eigentlich zumindest."

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