Bahntrasse: Sieben Milliarden für den Brenner Nordzulauf

14.4.2021, 18:00 Uhr
So soll die neue Trasse im Unterinntal aussehen. 

© NN-Grafik So soll die neue Trasse im Unterinntal aussehen. 

60 Prozent der 54 Neubau-Schienenkilometer für den Brenner-Nordzulauf sollen inklusive einer unterirdischen Inn-Querung unter Tage verlaufen. Das Ringen um den Brenner-Nordzulauf erhitzt seit Jahren die Gemüter im Raum Rosenheim. Im eng besiedelten Inntal befürchtet man weitere Zerstörung und Lärm in der spärlich gewordenen Natur. 18 Bürgerintiativen haben sich gebildet, die bereit sind, gegen eine Trassenplanung notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Einen Anwalt haben sie in Stellung gebracht.

Die federführenden Bahnen von Deutschland und Österreichs entschieden sich unter dem Druck Scheuers und der Öffentlichkeit für die Variante "Violett" von vier zuletzt noch übrig gebliebenen Alternativen. Diese führt von Ostermünchen über Rosenheim herum bis nach Schaftenau südlich von Kufstein. Geplant sind drei Tunnel in der Länge von 13, 12,9 und 5,5 Kilometer. Das Projekt würde damit auf einen Schlag die längsten Eisenbahntunnel Deutschlands realisieren. Entsprechend hoch fallen die ganz grob geschätzten Baukosten aus: Gesamtprojektleiter Matthias Neumaier gab sie mit 6,7 bis 7,2 Milliarden Euro an. Damit würde der nördliche Bahnzulauf zum alpenunterquerenden Brenner-Basistunnel gerade einmal zwei Milliarden Euro weniger kosten als das italienisch-österreichische Jahrhundertprojekt, dessen Endabrechung sich auf mindestens 9,3 Milliarden Euro belaufen dürfte. 1,1 Milliarden des Brenner-Nordzulaufs müsste die ÖBB schultern.

Ziel der Anstrengungen ist, zukünftig eine leistungsfähige paneuropäische Bahnverbindung zwischen Skandinavien und Süditalien zu schaffen, auf der möglichst viele Güter klimafreundlich transportiert werden können, vor allem im Alpentransit. Während der Zulauf zu dem im Bau befindlichen 55 Kilometer langen Brenner-Basistunnel auf Tiroler Gebiet längst erledigt ist, wird in Deutschland sehr zum Missfallen der Österreicher seit Jahren darum gestritten, ob eine zusätzliche Schienentrasse nach Innsbruck überhaupt nötig ist.

Nicht nur Befürworter

Für Scheuer ist der Fall klar: Nachdem der Neubau eines Brenner-Nordzulaufs in Südbayern Ende 2016 in den "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen wurde, gehe es nur noch um das Wie. Die Gegner machen hingegen geltend, dass die bestehende Bahnstrecke München-Rosenheim-Kufstein ausreicht. Diese Ansicht vertritt auch die oberbayerische SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl. Die Bürgerinitiativen forderten zu Recht, die bestehende Infrastruktur zu modernisieren: "Ein sinnloser Raubbau an der ohnehin begrenzten Fläche in unserer Region ist weder weitsichtig noch enkeltauglich." Noichl warf Scheuer ein "Schmierentheater um die Bedarfszahlen" vor. Sie sagte dem Projekt "einen Tod auf Raten" voraus. Anders die bayerischen Grünen: Die jetzt favorisierte Variante des längsten Bahntunnels der Welt sei die "landschafts- und umweltverträglichste Trasse" in der weiteren Planung, so Grünen-Landesvorsitzender Eike Hallitzky.

Nur in den ersten Jahren werde die Bestandstrasse, die mit dem elektronischen Zugbeeinflussungssystem ETCS aufgerüstet werden soll, noch hinreichend Kapazität bieten, begründet Scheuer den Neubau. "Langfristig" aber führe um zusätzliche Gleise, über die aus Lärmschutzgründen möglichst viele Güterzüge verkehren sollen, kein Weg vorbei. Der Zeitplan lässt daher auch keine große Eile erkennen. Etwa 2025 ist geplant, den deutschen Bundestag über das Projekt abstimmen zu lassen. Die Inbetriebnahme der gesamten Strecke ist erst für 2040 vorgesehen.

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