Häftlingsaufstand: Nicht die erste Revolte in Ebrach

10.5.2017, 20:43 Uhr
Großeinsatz von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr: In der JVA in Ebrach hatten sich 18 Insassen geweigert, in ihre Zellen zurück zu gehen und ein Feuer entfacht.

© NEWS5 / Merzbach Großeinsatz von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr: In der JVA in Ebrach hatten sich 18 Insassen geweigert, in ihre Zellen zurück zu gehen und ein Feuer entfacht.

Für Gartenfreunde ist der kleine Markt im Landkreis Bamberg immer einen Ausflug wert. Der untere und der obere Abteigarten, die Orangerie und der Kräutergarten rund um die ehemalige Klosteranlage von Ebrach repräsentieren den Zeitgeist des Barock und werden liebevoll von zahlreichen jungen Männern gepflegt. Wenn sie Feierabend haben, kehren diese jungen Männer wieder in ihre Zellen zurück.

Seit dem Jahr 1851 ist das einstige Zisterzienserkloster eine Justizvollzugsanstalt, mit mittlerweile über 300 Haftplätzen im Regelvollzug das größte Gefängnis für jugendliche Straftäter im Freistaat. Der Dienst außerhalb der ausbruchssicheren Klostermauern verläuft in aller Regel problemlos. Nur 2009 hatten zwei Insassen, welche die Pfarrwiese am Ortseingang von Ebrach mähen sollten, die Flucht ergriffen. Kurz darauf wurden sie jedoch gefasst.

Erheblich mehr Aufsehen lösten da die jüngsten Vorgänge in der oberfränkischen JVA aus: 18 Jugendliche hatten sich geweigert, zurück in ihre Zellen zu gehen und Matratzen im Zellentrakt angezündet. Außerdem gingen mehrere Toilettenschüsseln zu Bruch, Essen wurde an die Wände geworfen und der Gang des Zellentraktes geflutet. Als das Feuer ausbrach, lösten die Gefängnismitarbeiter Alarm aus. Allein rund 100 Polizisten aus Ober- und Unterfranken eilten daraufhin nach Ebrach. Dazu kamen Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst.

Nicht die erste Revolte

Rund vier Stunden verhandelten speziell geschulte Polizisten mit den Jugendlichen und überredeten sie schließlich, ihren Widerstand aufzugeben. Verletzt wurde niemand, zurzeit sitzen die 18 Meuterer in Einzelhaft. Die genaue Ursache für den Aufstand liegt noch im Dunkeln und soll nun bei Befragungen der Häftlinge geklärt werden.

Es war nicht die erste Revolte: Bereits im Jahr 2003 wurde das Jugendgefängnis Ebrach Schauplatz eines Aufstandes. Damals hatte eine Gruppe von Russlanddeutschen eine Meuterei angezettelt, erst nach der Verlegung des Anführers in eine andere Justizvollzugsanstalt kehrte wieder Ruhe ein. Mit diesem Phänomen haben auch andere Gefägnisse im Freistaat zu kämpfen: Manche Häftlinge mit Migrationshintergrund haben neue Verhaltensweisen in den Strafvollzug mitgebracht und für dato nicht gekannte Herausforderungen für die JVA-Mitarbeiter gesorgt.

Die bereits genannten Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion zum Beispiel schufen bereits um die Jahrtausendwende mit systematischer Erpressung und Unterdrückung von Mitgefangenen ihre eigene Subkultur hinter Gittern. Jeder Neuzugang wurde geprüft und in die Hierarchie eingeordnet.

Personalnot und neue Herausforderungen

Ein großes Problem ist auch die räumliche Enge. Mit einer Belegungsquote von zurzeit 96 Prozent liegen Bayerns Gefängnisse fast an der Kapazitätsgrenze. Laut Anja Hofmann vom Bayerischen Justizministerium bewege sich die Belegungsquote der JVA Ebrach mit 87 Prozent deutlich unter dem bayernweiten Durchschnitt. "Von Kapazitätsproblemen oder gar einer Überbelegung kann also im konkreten Fall keine Rede sein", betont sie.

Festzuhalten bleibe allerdings, dass der bayerische Justizvollzug aktuell mit einer ganzen Reihe von neuen beziehungsweise wachsenden Herausforderungen konfrontiert ist. Anja Hofmann nennt in diesem Zusammenhang die häufiger gewordenen Tätlichkeiten gegen Bedienstete oder eine wachsende Zahl von Gefangenen, die nach dem Konsum von sogenannten neuen psychoaktiven Substanzen psychische Auffälligkeiten zeigen.

Dazu kommt die Personalnot. Die aktuell etwa 5500 Bediensteten in den bayerischen Gefängnissen schieben laut Norbert Flach von der Gewerkschaft ver.di seit Jahren einen gigantischen Überstundenberg vor sich her. "Es fehlen Mitarbeiter an allen Ecken und Enden. Die Situation ist wirklich bedenklich", kritisiert der stellvertretende Landesbezirksleiter von ver.di.

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