Bayerischer Arzt will das Wegwerfen von Corona-Impfstoffresten beenden

8.3.2021, 15:31 Uhr
Solche Fläschchen mit Impfstoff gegen Corona sind heiß begehrt. Trotzdem dürfen Reste bislang nicht überall mit verwendet werden. 

© Stefan Blank, NN Solche Fläschchen mit Impfstoff gegen Corona sind heiß begehrt. Trotzdem dürfen Reste bislang nicht überall mit verwendet werden. 

„Aber da wird ein Chip...... NEIN!“ – Ein Info-Zettel über die Corona-Impfung machte den schwäbischen Allgemeinarzt Christian Kröner vor wenigen Wochen bundesweit bekannt – wohl auch, weil der Mediziner teilweise mit solch saloppen Bemerkungen Verschwörungsmythen abkanzelte. Nun kämpft der Hausarzt aus Neu-Ulm gegen das Wegwerfen von Impfresten.

Das Foto seines Praxis-Aushangs mit zehn Fragen und Antworten zum neuen Impfstoff wurde auf Facebook über tausende Male geteilt

Wehe irgendjemand fragt noch was, bevor der Zettel gelesen wurde

Gepostet von Christian Kroener am Dienstag, 22. Dezember 2020

Seiner Meinung nach hätten schon Hunderttausende zusätzlich geimpft werden können, wenn man die Ampullen vollständig leeren würde. Mit einer Petition will er erreichen, dass die bisherige Impfpraxis geändert wird. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass fast immer eine Dosis weggeworfen werde, sagt Kröner.

In Einzelfällen möglich

Aber bislang dürften die Reste aus den Arzneimittelfläschchen von den Impfzentren nicht verwendet werden. Während die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Hessen bereits mitgeteilt haben, dass die Ampullen ganz geleert werden dürfen, verweisen die Ministerien in Bayern und Baden-Württemberg auf die europaweite Zulassung. In Einzelfällen können aber auch in diesen beiden Bundesländern die Impfärzte eine zusätzliche Dosis des begehrten Impfmittels aufziehen, wie die Behörden mitteilten.

Kröner war in den vergangenen Wochen immer wieder in den Medien. Er hatte Ende 2020 wenige Tage vor dem Start der Impfkampagne ein Infoblatt über die Impfung erstellt, ursprünglich nur für sein Wartezimmer. Der 39-Jährige lud das humorvoll verfasste Dokument aber auch auf seine öffentliche Facebook-Seite – und das Infoblatt wurde zu einem Renner.

Mittlerweile wurde das Blatt fast 29.000 Mal von dort geteilt, viele Sender, Online-Portale und Zeitungen berichteten. „Ich glaube, dass ich wahrscheinlich mit diesem Zettel versehentlich in Deutschland mehr für diese Corona-Impfung getan habe als die ganze Politik zusammen“, sagt Krömer. Doch der Impf-Befürworter wurde natürlich auch von vielen angefeindet.

Der übliche Shitstorm

Es sei „der übliche Shitstorm“ mit Beleidigungen und Bedrohungen gewesen. „Das hat sich inzwischen sehr beruhigt“, sagt der Arzt. Kröner arbeitet selbst im Impfzentrum seiner Heimatstadt mit.

Von daher kennt der 39-Jährige das Problem der übrig bleibenden Impfdosis. Ursprünglich wurden aus den Ampullen von Biontech/Pfizer jeweils nur fünf Dosen entnommen. Doch die Gläschen sind regelmäßig überfüllt, auch als Reserve, wenn beim Aufziehen der Spritzen etwas danebengeht. Bereits im Januar ließ deswegen die europäische Arzneimittelbehörde EMA zu, dass sechs statt bisher fünf Dosen aufgezogen werden dürfen.


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Laut Kröner bleibt aber immer noch bei mindestens vier von fünf Ampullen ein Rest übrig, der bei der Nutzung von Spezialspritzen für eine siebte Impfung reichen würde. „Es betrifft alle bisherigen Impfstoffe“, sagt er. Auch bei den Mitteln von Moderna und Astrazeneca könnten mehr Dosen als angegeben gewonnen werden.

Nach seiner Rechnung würde der bislang in der Bundesrepublik weggeworfene Impfstoff reichen, um damit die Bevölkerung der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden – immerhin etwa 280.000 Menschen – zu impfen. Auf seiner Praxishomepage stellt er deswegen Unterstützern eine Petition an den Bayerischen Landtag zur Verfügung.

Raum für pragmatische Lösungen

Kröner findet, Bürger in anderen Bundesländern könnten diese auch an ihre jeweiligen Parlamente weiterleiten. In Hessen und Nordrhein-Westfalen hatten die Landesregierungen bereits offen kommuniziert, dass sie nicht dagegen haben, wenn die Mediziner eine mögliche siebte Dosis aus den Impfstoff-Fläschchen entnehmen. Und auch im Süden der Republik gibt es Raum für pragmatische Lösungen.


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Die Ministerien in Stuttgart und München wollen die Biotech-Ampullen zwar nicht grundsätzlich für eine siebte Impfung freigeben. Sie orientieren sich an der offiziellen Zulassung, die sechs Dosen vorsieht. Sie verweisen aber auf die handwerklichen Fertigkeiten des medizinischen Personals. „Die Entscheidung, ob die siebte Dosis entnommen wird, sofern dies möglich ist, liegt bei den Verantwortlichen der Impfzentren“, erklärt Markus Jox vom Sozialministerium Baden-Württemberg.

Für verbindliche Vorgaben

Auch Marcus da Gloria Martins vom bayerischen Gesundheitsministerium erklärt, dass die Ärzte vor Ort entscheiden müssten, ob sie in eigener Verantwortung eine siebte Spritze mit 0,3 Milliliter Impfstoff aufziehen können. Kröner will mit seiner Petition erreichen, dass es eine verbindliche Vorgabe zur Nutzung des vollständigen Impfstoffes jeder Ampulle gibt.

Dafür ist seiner Ansicht nach eine „ministeriale Erlaubnis zur Verwendung der siebten Dosis in den Impfzentren“ nötig. Klar ist bisher nur: Ein Zusammenschütten von Resten mehrerer Ampullen ist generell nicht zulässig. Dies betonen alle Gesundheitsbehörden.

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