Bier-Tasting online: So trotzt Bierpapst Raupach der Corona-Krise

31.3.2020, 08:24 Uhr
Bierexperte Markus Raupach spricht über die Folgen der Coronakrise für die Gastronomie, für Bierfeste und Kirchweihen.

Bierexperte Markus Raupach spricht über die Folgen der Coronakrise für die Gastronomie, für Bierfeste und Kirchweihen.

Herr Raupach, wie sieht normalerwerweise Ihr Arbeitsalltag aus?

Markus Raupach: Normalerweise reise ich durch Deutschland und die Welt und mache Seminare, Fortbildungen, Schulungen und Verkostungen rund um die Themen Bier, Schnaps und Käse. Nachdem ich Anfang des Jahres einen Edelbrandsommelierkurs geleitet habe wäre jetzt gerade eigentlich ein Käsesommelierkurs dran – aber das ist wie alles andere im Moment auch natürlich abgesagt.


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Wie hart trifft Sie die Krise?

Raupach: Wir sind innerhalb von einem Tag – es war im wahrsten Sinne des Wortes Freitag, der 13. März – von hundert auf null runtergefahren. Es sind nicht nur alle aktuellen Veranstaltungen abgesagt worden, sondern eigentlich alles auf Sicht – bis weit in den Herbst hinein. Wir haben an dem Wochenende 14./15. März dann noch versucht ein Seminar mit stark angehobenen Gesundheitsstandards inklusive Hygienebelehrung druchzuführen.

Der Raum war extragroß, die Personen saßen mit viel Abstand. Aber die Situation war schon grenzwertig und eigentlich nicht mehr machbar. Deswegen haben wir dann auch schon vor dem Aus durch die bayerische Staatsregierung unsere Eigenveranstaltungen schweren Herzens abgesagt.

Ist die Situation bereits existenzbedrohend für Sie?

Raupach: Ja klar. Einerseits habe ich den ganzen Umsatz verloren, der bereits eingetütet war - ich würde über den Daumen mal so rund 30.000 Euro peilen. Und es ist natürlich auch so, dass selbst wenn die Ausgangsbeschränkungen in zwei Wochen wieder gelockert werden sollten und das alles wieder los geht, nicht alle als erstes auf die Idee kommen ein Seminar bei mir zu buchen.


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Das betrifft die Endkunden, vor allem aber meinen klassischen Kundenkreis, die Gastronomie und die Brauer: Das sind genau die, denen es jetzt erst recht schlecht geht. Wenn die endlich wieder aufmachen können haben die ganz andere Sorgen. Deswegen rechne ich derzeit damit, dass ich im gesamten Jahr nicht mehr viel Umsatz mit meinem klassischen Geschäft machen kann.

Nun ging es der Gastronomie und Hotellerie ja teilweise vor Corona schon nicht so umwerfend gut – wie stellt sich Ihnen das aktuelle Bild dar?

Raupach: Die ersten Pleiten gibt es ja schon. Wenn man sich die gesamte Gastronomie anschaut inklusive der kleinen Kneipen rechne ich damit, dass da unter Umständen bis zu einem Drittel nicht mehr aufmacht. Das Schlimme ist eben einfach auch, dass die sicherlich gut gemeinten staatlichen Hilfen über Kredite überhaupt nichts bringen, sondern nur das Sterben verzögern.

Das bedeutet allenfalls, Du kannst Dich jetzt in der Krise vielleicht über Wasser halten, aber gehst dann danach an den Schulden ein. Mann kann jedes Bier nunmal nur einmal verkaufen. Man kann in der Gastronomie eben nicht beliebig skalieren und nach der Krise beliebig viel Geld verdienen.

Was würde Ihrer Meinung nach helfen? Finanzspritzen ohen Rückzahlung?

Raupach: Es müsste halt eine Mischung sein. Warum geht man nicht an die Vermieter der Objekte ran und handelt mit denen von Staats wegen eine Mietminderung von 50 – 70 Prozent aus – ähnlich wie bei den Kurzarbeitern - die die Vermieter wiederum am Ende des Jahres mit ihrer Einkommenssteuer verrechnen können. Das verschafft der Gastronomie Luft zu Atmen, der Vermieter hätte praktisch keinen Verlust und der Staat hätte die Möglichkeit das ganze zu strecken, weil es sich erst mit der Steuer auswirkt.


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Ich verstehe aber auch, dass es schwierig ist, jetzt alle Leute einfach mit Geld zu beschenken. Ich denke wiederum muss es beides sein: Eine Sicherung der Betriebe, damit diese nicht gleich drauf gehen, aber auch Hilfestellungen die dahin gehen, wie man künftig nach der Krise Umsätze generieren kann. Ich bin mir sehr sicher, dass sich Lebensgrundweisen gerade sehr fundamental und auf lange Sicht verändern.

Nehmen sie die großen Bierfeste der Region: Es ist sehr gut möglich, dass so etwas nie wieder so stattfinden wird, wie wir es jahrelang gewohnt waren. Die Hygienebeschränkungen, was etwa das Gläserspülen anbelangt, werden viel krasser sein oder auch die Reinigung der Schankanlagen. Von der Frage, wie viele Leute da eigentlich so aufeinander sitzen ganz zu schweigen. Das eher wilde „Lagerleben“ bei uns, das übrigens international so schon kaum noch anzutreffen war, könnte der Vergangenheit angehören.

Wie sieht ihre Finanzlage derzeit aus und wie blicken Sie in die Zukunft?

Raupach: Ich verfüge schon noch über ein paar liquide Reserven - aber die brauche ich jetzt auch. Ich muss mir jetzt neue Geschäftsfelder erschließen und deswegen jetzt in neue Technik investieren, mich schlau machen und vielleicht die ein oder andere Fortbildung besuchen, um dann in der Lage zu sein, mein Unternehmen weiter zu führen um auch meine Leute zu bezahlen. Natürlich habe ich jetzt schon die Rücklagen für die Steuer von 2109 gebildet.


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Aber die muss ich eben dann auch bezahlen – das kann ich nicht für meine Existenzsicherung verbraten - sonst bin ich pleite, wenn ich die Steuern bezahlen muss. Diese ganzen Dinge funktionieren eben als Selbstständiger ganz anders, als wenn man angestellt ist. Ich blicke sicher nicht mit totaler Angst in die Zukunft. Aber man muss den Leuten schon auch klarmachen: es gibt keinen Weg zurück, nur einen Voraus. Und dieser Weg voraus wird etwas anderes sein, als das was wir kannten. Und es wird auch positive Auswirkungen haben.

Es wir die regionale Wirtschaft und den regionalen Tourismus stärken. Es wir die Digitalisierung unglaublich voranbringen. Und das Thema Umwelt sowieso. Das was jetzt gerade passiert – keine Inlandsflüge mehr, keine Kurztrips nach Mallorca oder so, weniger Autoverkehr – das sind die Dinge , die krassesten Hardliner für den Klimaschutz immer gefordert haben. Ich denke, die Auswirkungen für die Umwelt werden schnell spürbar sein. Andererseits werden auch die Folgen für die Wirtschaft massiv sein. Wenn wir jetzt Kredite ohne Ende aufnehmen, ist das natürlich auch für unser Weltwährungssystem schwierig. Und ich blicke mit großer Sorge auf die USA und die Vorgänge dort. Wenn die so weiter machen wird die Rolle Amerikas in der Welt möglicherweise bald anders aussehen. Die Welt verändert sich grad krass.

Was haben Sie denn derzeit konkret für Möglichkeiten? Was kann macht der Biersommelier in der Krise?

Raupach: Unmittelbar nach dem Freitag den 13. war ich bei meiner Freundin Stefanie Pfeiffer von der Bäckerei Zuckerbrot in Bamberg und wir sprachen über die Situation. „Sie hat gesagt: ab morgen kann ich mein Cafe zumachen.“ Und bei uns quellen die Lager über vor Bier für Veranstaltungen, die abgesagt werden mussten.


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Daraus entstand die gemeinsame Idee einen Lieferservice für Bier und Brot einzurichten. Das wurde dann innerhalb von zweit Tagen umgesetzt, so dass die Leute jetzt über die Homepage www.bierundbrot.online dreierlei verschiedene Pakete in Bamberg und Umgebung bestellen können und frei Haus geliefert bekommen.

Wie genau läuft so ein online-Tasting dann ab und was brauche ich für Hardware?

Raupach: Man bestellt über unsere Seite das Bierpaket mit zwölf Bieren und erwirbt damit gleichzeitig das Recht an zwei Online-Tastings teilzunehmen, wo jeweils sechs dieser Biere verkostet werden. Als Hardware reicht sogar ein analoges Festnetztelefon, geselliger wird es aber natürlich wenn man eine Videofunktion hat und nutzt. Der wichtige Unterschied aber ist: Es nutzt nichts, die alte Welt des Offlinetastings 1 zu 1 in eine Onlineversion umzumünzen, das funktioniert nicht.

Man muss verstehen, das die Welt der Videochats viel interaktiv der ist: Vorteile nutzen und Nachteile meiden lautet die Devise: Es muss ein kurzes Format sein, etwa eine Stunde oder maximal anderthalb, es wird sehr interaktiv sein, und wir werden auch immer die Brauer zuschalten – dann können die Leute direkt bei der Verkostung Fragen stellen und ins Gespräch kommen.


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Kommenden Sonntag (5.4.) haben wir Ralph Hertrich von Veto und am 12.4. Georg Tscheuschner vom Schorschbock mit dabei. Aus diesem Format möchte ich ein zukunftsfähiges Modell entstehen lassen, das langfristig vielleicht sogar abofähig ist. Künftig wäre es dann noch denkbar, die Beratungs- und Fortbildungsangebot nach online zu verlagern. Ich möchte auch hier Tempo machen, weil viele Gastronomen derzeit in Kurzarbeit sind und nichts zu tun haben. Da könnten Fortbildungen genau das richtige Ding sein.

www.bierundbrot.online

www.biertalk.de


Was soll ich tun, wenn ich selbst den Verdacht habe, an dem Virus erkrankt zu sein? Hier haben wir häufig gestellte Fragen zum Coronavirus zusammengestellt. Bayern hat wegen des Coronavirus den Katastrophenfall ausgerufen - das hat weitreichende Konsequenzen. Unter anderem fallen viele aus oder werden verschoben.

Außerdem gelten bei . Sollte man beim Einkaufen überhaupt noch mit Scheinen und Münzen zahlen? Ein Experte klärt auf, ob Corona auch über Geld übertragen werden kann.

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