Blitzmarathon: Der schnellste Raser fuhr 238 km/h

19.9.2014, 10:50 Uhr
Beim Blitzmarathon hat die Polizei bundesweit 24 Stunden lang verstärkt kontrolliert.

© News5/Grundmann Beim Blitzmarathon hat die Polizei bundesweit 24 Stunden lang verstärkt kontrolliert.

Beim zweiten bundesweiten Blitz-Marathon sind erneut tausende Autofahrer zu schnell in die Tempokontrollen gerast. Spitzenreiter war laut Zwischenbilanz ein Fahrer in Reutlingen (Baden-Württemberg), der mit Tempo 238 statt der erlaubten 100 Stundenkilometer unterwegs war. In Brandenburg wurde auf der A2 zwischen Netzen und Lehnin ein Autofahrer mit 219 statt der erlaubten 120 Stundenkilometer gemessen.

Bei der breiten Masse der Autofahrer zeigten die Ankündigungen der Großaktion aber Wirkung. Sie seien deutlich langsamer als sonst unterwegs gewesen, berichtete stellvertretend die Berliner Polizei am Donnerstag. An fast 7500 Stellen im gesamten Bundesgebiet wurde geblitzt und gelasert. Mehr als 13.000 Polizisten waren im Einsatz. Die Aktion dauerte 24 Stunden und wurde am Freitagmorgen um 6.00 Uhr beendet.

860 Fahrer wurden in Mittelfranken erwischt, von denen 192 mit einer Anzeige rechnen müssen. Auf der B2 im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wurde der deutlichste Tempoverstoß gemessen. Ein Verkehrsteilnehmer brachte 160 bei erlaubten 100 km/h auf den Tacho.

In Nürnberg hatte Verkehrsminister Herrmann am Donnerstag den Marathon eröffnet. Insgesamt zählte die Polizei im Stadtgebiet 143 Verstöße, der Spitzenreiter war mit 99 km/h unterwegs. Es wurden 108 Verwarnungen ausgesprochen und 35 Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige gebracht. Ein Fahrer war nicht angeschnallt, alkoholisierte oder unter Drogen stehende Verkehrsteilnehmer gab es nicht.

Besonders vernünftig haben sich die Autofahrer in und um Herzogenaurach verhalten. Bis zum Donnerstagnachmittag ging der Polizei nach den bis dahin sechsstündigen Kontrollen mit der Laserpistole kein einziger Verkehrssünder ins Netz. Eine ganze Reihe von Fahrern, die zu schnell unterwegs waren, erwischte die Polizei trotz der Ankündigungen in Altdorf und Feucht.

In der Oberpfalz wurden insgesamt 303 Fahrzeuge geblitzt, 131 davon waren mehr als 21 km/h zu schnell und kassierten eine Anzeige. Der Spitzenreiter war mit 163 Stundenkilometern auf der Umgehungsstraße bei Schwandorf unterwegs, auf der lediglich 100 km/h erlaubt sind. Ihn erwarten - nach Abzug des Toleranzwertes von fünf Stundenkilometern - 240 Euro Bußgeld, ein einmonatiges Fahrverbot und zwei Punkte in der Verkehrssünderkartei.

In Unterfranken zieht die Polizei eine positive Bilanz. Die Beanstandungsquote lag an diesem Tag demnach deutlich unter dem Wert, der normalerweise bei Geschwindigkeitsüberwachungen festzustellen ist. Außerdem sei die Aktion bei den Autofahrern auf großes Verständnis gestoßen. Es gab 558 Verstöße, Anzeige wegen Ordnungswidrigkeit wurde gegen 138 Verkehrsteilnehmer erhoben. Ein Motorradfahrer stellte den Geschwindigkeitsrekord auf. Bei erlaubten 60 km/h fuhr er in Oerlenbach mit stattlichen 124 Sachen.

In Oberfranken waren rund 140 Fahrer mehr zu schnell unterwegs als beim letztjährigen Blitzmarathon, nämlich 590 Personen. 190 davon werden ein Bußgeld zahlen, sieben demnächst ein Fahrverbot antreten müssen. Der Spitzenreiter war auf der B2 in der Nähe von Wolfsbach bei Bayreuth mit 127 km/h unterwegs. Erlaubt waren nur 60 Stundenkilometer. Zudem stellte die Polizei bei einem Toyotafahrer, der bei Kirchehrenbach wegen zu hoher Geschwindigkeit angehalten wurde, einen Alkoholwert von fast zwei Promille fest.  

In Nordrhein-Westfalen waren auch Kinder bei den Kontrollen im Einsatz: An einer Schule in Düsseldorf ertappte ein Junge seine eigene Mutter, die zu schnell im verkehrsberuhigten Bereich unterwegs war. Auch eine Lehrerin durfte sich von ihren Schülern wegen zu schnellen Fahrens Einiges anhören.

In Münster berichtete ein Vater gegenüber den Beamten, dass er seinem Sohn am Morgen noch einen Warnzettel auf den Tisch gelegt habe: "Halte Dich an die Geschwindigkeit, es ist Blitz-Marathon!" Der Vater war dann mit 130 statt erlaubten 100 Stundenkilometern erwischt worden.

Es gehe nicht darum, möglichst viele Bußgelder zu verhängen, sondern darum, die Autofahrer zu langsamerer Fahrweise zu bewegen, betonte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist. "Das schönste wäre, wenn heute kein einziger ein Knöllchen kriegen würde, sondern alle mal reflektieren, was wir tun", sagte er. "Wir wollen die Köpfe erreichen, nicht die Portemonnaies."

Mit dem Blitzlicht-Gewitter reagiert die Polizei in diesem Jahr auch auf die Trendwende, die sich bei der Zahl der Verkehrstoten abzeichnet. Nach jahrzehntelangem Rückgang war im ersten Halbjahr dieses Jahres ein Anstieg bei den Todesopfern registriert worden.

Das Konzept überzeuge immer mehr, sagte Jäger. "Auch in Polen, auch in Frankreich, sogar in Australien", erläuterte er. In Nordrhein-Westfalen durften dieses Mal Kinder die Messstellen vorschlagen. Fast 18.000 Kinder und Jugendliche hätten sich beteiligt und mehr als 3000 Stellen angeregt. Sie verteilten selbst gebastelte "Denkzettel" an die Autofahrer.

Topthema auf Twitter

In Essen im Ruhrgebiet geriet am Morgen eine Autofahrerin prompt in Anwesenheit des Ministers mit Tempo 59 statt 30 in die Tempofalle. Weil Kinder das Messgerät bedienten, kam sie um 120 Euro Bußgeld herum, aber nicht um eine eindringliche Ermahnung.

Bei Twitter rangierte das Stichwort #Blitzmarathon am Donnerstag schnell auf Platz eins der Topthemen: "Extra noch schnell beim Friseur gewesen, falls es blitzt", hieß es etwa. Oder: "Kinder belohnen langsame Autofahrer mit Süßigkeiten. Ich dachte, die sind um diese Zeit in der Schule."

Die Ermahnung durch die Polizei wollte sich ein 46-jähriger Raser bei Essen ersparen, indem er auf der Autobahn 52 Gas gab, anstatt anzuhalten. Er fuhr der Polizei über den Standstreifen davon, bis er in eine Leitplanke krachte. Er blieb unverletzt.

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