Bürger fürchten Sondermüll-Last

6.5.2010, 00:00 Uhr

Voraussichtlich ab der Jahreswende 2015/16 soll der gesamte bayerische Sondermüll nur noch in dem 500-Seelen-Ort Raindorf, der zur Gemeinde Veitsbronn gehört, abgelagert werden. Das hat Umweltminister Markus Söder (CSU) in einem Schreiben dem Fürther Landrat Matthias Dießl (CSU) mitgeteilt.

Für rund 2,2 Millionen Euro soll deshalb ein zweiter Bauabschnitt hergerichtet werden. Dort werden künftig problematische Abfälle aus bayerischen Industrie- und Gewerbebetrieben aufgenommen. Dazu unbehandelter schadstoffbelasteter Bauschutt - und vor allem Schlacke. Das sind mit Schwermetall belastete Rückstände aus der Sondermüllverbrennungsanlage in Baar-Ebenhausen nahe Ingolstadt. Dort werden jährlich 300 000 Tonnen industrieller Abfall behandelt. Darunter auch »Sonderabfälle aus dem EU-Ausland«, wie das Umweltministerium auf Anfrage der NN mitteilt.

Skepsis bleibt

Die neuen Kapazitäten in Raindorf reichen zunächst bis zum Jahr 2027. Danach, so versichert Söder, werde es dort keine Erweiterung mehr geben. Doch die Bürger sind misstrauisch angesichts der bewegenden Vorgeschichte.

Bereits im Jahr 1982 ließ der Zweckverband Sondermüllentsorgung Mittelfranken in Raindorf ein 7,4 Hektar großes Gebiet per Planfeststellungsverfahren als Deponiefläche ausweisen. Nur ein Teilbereich ging 1990 in Betrieb. Ende 2004 wurde die Ablagerungsstätte vorübergehend stillgelegt.

Denn der neu gegründete Staatsbetrieb Sonderabfalldeponien, der die Raindorfer Anlage vom Zweckverband übernommen hatte, entschloss sich im Jahr 2005, den gesamten bayerischen Sondermüll vorerst nur auf seine zweite Deponie im schwäbischen Gallenbach (Kreis Aichach-Friedberg) aufzubringen. Da diese jedoch in fünf bis sechs Jahren voll sein wird, soll dann der bereits seit 1982 vorgesehene aber bislang nicht ausgebaute Abschnitt II-Süd in Raindorf genutzt werden.

Grenzwerte im Auge

Der Betreiber rechnet mit 40 000 bis 45 000 Tonnen, die von 2015/16 an jährlich in den Fürther Landkreis gekarrt werden. Im Jahr 2027 werde nach dieser Kalkulation das Gesamtablagerungsvolumen von 897 250 Kubikmetern verfüllt sein, schätzt Robert Frei, Leiter des Staatsbetriebs.

Die vorgeschriebenen Grenzwerte werden jedoch stets überprüft und eingehalten, versichert er. Die genehmigte Endhöhe bei der Ablagerung werde nicht überschritten.

Bei der Verbrennungsanlage in Baar-Ebenhausen wollte man sich zu diesem Thema überhaupt nicht äußern und verwies stattdessen auf das Umweltministerium in München.

Doch auch im Ministerium fließen die Informationen spärlich, Anfragen zur Sondermüllproblematik werden nur behandelt, wenn sie schriftlich gestellt werden. Jedoch bestätigt man dort, dass ab dem Jahr 2015 bayernweit nur in Raindorf Sondermüll abgelagert werden kann, in Süddeutschland gebe es weitere Flächen nur in Baden-Württemberg und in Hessen.

Gemeinde will kaufen

Deswegen fürchtet die Bevölkerung im Fürther Land, auf Dauer die Entsorgungslast im Freistaat tragen zu müssen. »Die Gefahr, dass nach dem jetzt vorgesehenen Ausbau eine Erweiterung nach Süden bevorsteht, schätze ich als relativ groß ein«, sagt Veitsbronns Bürgermeister Peter Lerch (SPD). »Denn es ist leichter, eine bestehende Deponie zu erweitern, als einen Standort für eine neue zu finden.«

Die Befürchtungen gründen sich vor allem darauf, dass der Freistaat bereits in Besitz der Grundstücke ist, die im Süden an die jetzige Deponiefläche anschließen. Sie sind bereits in der Flurkarte als Deponiefläche ausgewiesen. In einem Brief bietet Lerch dem Umweltministerium an, dass die Gemeinde den Grund abkauft. »Sollte der Freistaat nicht verkaufen, wissen wir, dass ein weiterer Ausbau der Deponie droht. Dann werden größere Proteste folgen«, kündigt Lerch an.