Charité setzt Astrazeneca-Impfungen für Frauen unter 55 aus - deutschlandweiter Stopp gefordert

30.3.2021, 13:55 Uhr
Berliner Kliniken setzen Astrazeneca-Impfungen vorläufig aus.

© GINTS IVUSKANS, AFP Berliner Kliniken setzen Astrazeneca-Impfungen vorläufig aus.

Der Wirbel um den Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca reißt nicht ab. Obwohl das Vakzin vom Paul-Ehrlich-Institut als sicher eingestuft wurde, ergreifen Berliner Kliniken, darunter die bekannte Charité, nun deutliche Vorsichtsmaßnahmen.

Die Berliner Universitätsklinik und der ebenfalls landeseigene Klinikbetreiber Vivantes haben bis auf Weiteres alle Impfungen ihrer Mitarbeiterinnen unter 55 Jahren mit dem Präparat von Astrazeneca gestoppt. "Dieser Schritt ist aus Sicht der Charité notwendig, da in der Zwischenzeit weitere Hirnvenenthrombosen bei Frauen in Deutschland bekannt geworden sind", sagte die Sprecherin der Charité, Manuela Zingl, am Dienstag.

Uniklinik-Chefs sprechen sich für AstraZeneca-Stopp für Frauen unter 55 aus

Vivantes habe die Impfungen für Frauen unter 55 ab Dienstag vorsorglich ausgesetzt. Dies betreffe vor allem die eigenen Belegschaft, teilte eine Sprecherin mit. Weitere Details sollten Nachmittag mitgeteilt werden.


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In Nordrhein-Westfalen sprachen sich die Leiter von fünf der sechs Uni-Kliniken für einen vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer Frauen mit dem Wirkstoff von Astrazeneca aus. Das Risiko von weiteren Todesfällen sei zu hoch, heißt es in einem gemeinsamen Brief an den Bundes- und den Landesgesundheitsminister, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Keine Komplikationen in der Charité - AstraZeneca-Stopp ist vorsorglich

Die Charité-Sprecherin Zingl betonte, dass in der Charité keine Komplikationen nach Impfungen mit Astrazeneca aufgetreten seien. Diese wolle jedoch vorsorglich agieren und abschließende Bewertungen abwarten. Die Charité habe in der Pandemie bisher rund 16 000 Erst- und Zweitimpfungen an ihr Personal verabreicht. "Davon entfiel der größte Teil auf Astrazeneca", sagte Zingl.


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Deutschland - und zahlreiche andere Staaten - hatten die Impfung mit dem Astrazeneca-Stoff im März vorübergehend ausgesetzt, weil mehrere Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. Mittlerweile wird der Impfstoff wieder verabreicht. Die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Ständige Impfkommission in Deutschland hatte sich für eine weiteren Einsatz den Mittels ausgesprochen.

Erster Landkreis in Deutschland hat AstraZeneca-Impfungen bereits ausgesetzt

Auch weitere Krankenhäuser in Berlin und Umgebung beraten dem Tagesspiegel zufolge zufolge derzeit, ob sie die Impfungen aussetzen sollen. In Euskirchen ist man bereits am Montag zur Tat geschritten. Das Landratsamt hat Astrazeneca-Impfungen für Frauen unter 55 Jahren für den gesamten Landkreis ausgesetzt. Nachdem eine geimpfte Frau (47) vergangene Woche gestorben war, sei dem Kreis nun der Verdacht auf "eine schwerwiegende Erkrankung" einer 28-Jährigen nach der Impfung mit Astrazeneca gemeldet worden, hieß es. Beide hatten laut Kreis eine Sinusvenenthrombose erlitten.

In Deutschland sind bislang 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag berichtete. Bis Montagmittag (29. März) waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden, in 19 Fällen wurde zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war der Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Institut in Langen berichtete.


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Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen laut PEI alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57 Jahre alt. Laut Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instuituts wurden bis einschließlich Montag 2,7 Millionen Erstdosen und 767 Zweitdosen von Astrazeneca verimpft.

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