Corona-Gurgeltests: Schon bald an allen Grundschulen in Bayern?

29.4.2021, 05:56 Uhr
Die Utensilien für einen Gurgeltest.  Für das Wicovir-Programm wird das Gurgel-Wasser gesammelt und im Pool untersucht. Positive Ergebnisse werden gezielt weiter untersucht.

© Nicolas Armer, dpa Die Utensilien für einen Gurgeltest.  Für das Wicovir-Programm wird das Gurgel-Wasser gesammelt und im Pool untersucht. Positive Ergebnisse werden gezielt weiter untersucht.

Corona-Tests zum Gurgeln sollen in Schulen möglichst bald die Tests mit Stäbchen ersetzen - darauf setzen die Verantwortlichen der Studie Wicovir. Die Abkürzung steht für "Wo ist das Coronavirus". An der Studie beteiligen sich seit März immer mehr Schulen in Bayern. Die Test brächten bei geringerem Aufwand ein schnelleres Ergebnis als die Stäbchentests, sagt Studienleiter Michael Kabesch, ärztlicher Direktor an der Klinik St. Hedwig der Barmherzigen Brüder in Regensburg.

Zweimal wöchentlich müssen sich die teilnehmenden Schulklassen testen. Das heißt: Morgens nach dem Aufstehen Leitungswasser gurgeln, die Flüssigkeit in zwei Röhrchen füllen, fertig. In der Schule schütten sie den Inhalt eines der beiden Röhrchen in einen "Pool". Die gesammelte Flüssigkeit der Gruppe wird getestet. Wenn sich dabei Hinweise auf eine Corona-Infektion ergeben, müssen die Kinder und Jugendlichen ihr zweites Röhrchen für Einzeltests abgeben, so dass der oder die infektiösen Schüler herausgefiltert werden können - das Ergebnis gibt es am selben Tag.

"Nicht schlimmer als Zähneputzen"

Der Test sei ungefährlich und auch für Schüler in unteren Jahrgangsstufen einfach zu machen, sagt Kabesch. "Das tut nicht weh und ist nicht schlimmer als Zähneputzen." Infizierte Kinder würden in einer sehr frühen Infektionsphase erkannt, noch ehe sie Mitschüler anstecken können.

Schulen in knapp 20 Landkreisen und kreisfreien Städten beteiligen sich bereits an dem Projekt, das zunächst bis zum Ende des Schuljahres angelegt ist. Im Großraum Regensburg machen derzeit rund 6000 Kinder bei dem Projekt mit, im Großraum Erlangen sind es gut 7400 Teilnehmer, in Nürnberg rund 200 und in München rund 1600 Kinder und 600 Beschäftigte. In Regensburg werden nur Schüler getestet, in Erlangen sind auch Kitas, die Hochschule und Unternehmen dabei.

Da derzeit aber nur wenige Kinder tatsächlich in den Schulen sind, können natürlich auch nur wenige gurgeln. Das Projekt soll stufenweise ausgebaut werden und bis zu 36.000 Teilnehmer umfassen. Kabesch hofft, dass schon früher als zum Ende des Schuljahres flächendeckend in Schulen gegurgelt werden kann. Die Laborkapazitäten für die Durchführung der Tests würden zurzeit ausgebaut.


Gurgeltest macht Schule in Erlangen


"Für den Bereich der öffentlichen und privaten Grundschulen und gegebenenfalls Förderschulen wird derzeit geprüft, ob das Bayerische Testkonzept durch die flächendeckende Einführung von Gurgel-Pool-Testungen erweitert werden sollte", teilt das Kultusministerium mit. Grundsätzlich stehe das Kultusministerium auch anderen Testverfahren aufgeschlossen gegenüber, wenn diese die behördliche Zulassung durchlaufen haben und für den Einsatz an Schulen als geeignet befunden wurden.

Nicht alle Schüler in Quarantäne

Der Studienleiter sieht Eile geboten: "Wir müssen endlich in die Pötte kommen. Wir haben Druck. Kinder werden noch nicht geimpft." Und sie sollen nicht immer wieder in den Distanzunterricht gehen müssen.

Im Falle eines positiven Tests wird das Gesundheitsamt informiert und das infizierte Kind nach Hause geschickt. Weil die Tests in einem sehr frühen Stadium positiv anzeigten, müsse nicht zwangsläufig die gesamte Klasse in Quarantäne, so Kabesch. Hier könnten die Behörden präzise auf die jeweiligen Fälle eingehen. Im Schnitt wird der Studie nach bei 1 von 150 "Pools" ein positives Ergebnis festgestellt.

In Erlangen wurden bisher neun positive Pools und daraus resultierend zwölf positive Einzeltests registriert, in Nürnberg war bislang ein Pool positiv, bei den folgenden Einzeltests war eine Person positiv. Der Nürnberger Standort steht noch ganz am Anfang, soll jetzt aber deutlich ausgebaut werden.


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Seit dem Ende der Osterferien sind für alle Schüler in Bayern, die sich in den Schulgebäuden aufhalten, wöchentlich mindestens zwei Tests verpflichtend. Für die Gurgeltests können die Schulen Ausnahmegenehmigungen der Kreisverwaltungsbehörden und der Bezirksregierungen bekommen. Die Testpflicht sieht vor, dass die Tests in der Schule vorgenommen werden müssen, was bei den Gurgeltests nicht der Fall ist.

Gute Erfahrungen bei "Nasenbohrertests"

Kabesch zufolge bedeutet das einen enormen Verwaltungsaufwand dafür, dass sie "den Rolls Royce unter den Testungen, nämlich die PCR-Pool-Testung, begleiten mit dem Fahrrad, der Antigen-Testung". Tests von Gruppen, die nun sowohl Gurgel- wie auch Stäbchentests machen, zeigten, dass die Gurgeltests bereits anschlagen, wenn die Stäbchentests noch negativ anzeigen.


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Die Studie findet mit Unterstützung des Gesundheits- und Kultusministeriums statt. Federführend umgesetzt wird sie von Kabesch und dessen Team in Zusammenarbeit mit Fachleuten der Universität Erlangen-Nürnberg und aus Wien.

Trotz der positiven Erfahrungen bei den Gurgeltests betont das Gesundheitsministeriums, dass auch die an allen anderen bayerischen Schulen angewendeten sogenannten "Nasenbohrertests" bislang problemlos verliefen. "Die Durchführung der Gurgel- und auch der Lollipopmethode bringen Herausforderungen verschiedener Art mit sich, insbesondere die Logistik der Probengewinnung in einem Flächenland wie Bayern und ausreichende Laborkapazitäten", betont das Gesundheitsministerium.

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