Corona-Krise auf Kreta: Das berichtet ein Urlauber

14.4.2020, 10:39 Uhr
Alle Stühle sind an einem warmen und sonnigen Samstagnachmittag bei diesem Lokal an der Strandpromenade in Chania hochgestellt, die Chefin hat sich ein Plätzchen in der Sonne gesichert.

© Holger Peter Alle Stühle sind an einem warmen und sonnigen Samstagnachmittag bei diesem Lokal an der Strandpromenade in Chania hochgestellt, die Chefin hat sich ein Plätzchen in der Sonne gesichert.

Dieser fand im März tatsächlich statt, obwohl wegen der Corona-Krise schon zahlreiche Länder der Erde Maßnahmen gegen den Virus ergriffen hatten. Während der Reise trafen diese dann auch ihn und seine Begleiter. Machen konnten sie dagegen nichts.

"Denn wir hatten angefragt, ob wir den 15-Tages-Trip wegen Corona stornieren könnten. Das Virus habe "jedoch keine Auswirkungen auf Ihre Kreta-Reise", hieß es in der Antwortmail vom Reise Service Deutschland, der sich vor allem als Anbieter von günstigen Gruppen-Bildungsreisen im Mittelmeerraum einen Namen gemacht hat. Eine kostenlose Stornierung sei daher nicht möglich.

Also haben wir die Koffer gepackt und sind am Donnerstagfrüh von Frankfurt losgeflogen. Als vereinzelte Mitreisende mit Atemschutzmasken durch den Flughafen liefen, sorgte das noch eher für Kopfschütteln.

Vor allem, als wir auf der griechischen Insel eintrafen. Ein bestens gelaunter Reiseleiter, der uns gleich informierte, dass es bisher nur einen positiv getesten Coronapatienten gegeben habe und zwei weitere Verdachtsfälle, die sich aber zum Glück als negativ erwiesen hätten. Die knapp 40-köpfige Gruppe freute sich also auf zwei Wochen in einer ziemlich risikolosen Umgebung, ahnte da aber noch nicht, dass sie selbst zum unerwünschten Risikofaktor werden könnte.

Museen und Restaurants müssen geschlossen werden

Denn nach einem problemlos verlaufenen Ausflug am Freitag mit Besuchen des berühmten Arkadi-Klosters, eines Archäologiemuseums und des Städtchens Rethymno kam der Samstag zwar zunächst noch mit herrlichem Sonnenschein bei 22 Grad daher. Doch nach den ersten Programmpunkten verfinsterte sich die Miene des Reiseleiters: Die griechische Regierung habe verfügt, dass keine Touristen mehr ins Land dürfen, Museen und Restaurants müssen geschlossen werden.

Die Visite in der ansonsten äußerst lebhaften Stadt Chania wurde zum Besuch einer Geisterstadt. Nur vereinzelte Passanten waren zu sehen, Essen und Getränke aus den wenigen geöffneten Lokalen gab es auf die Hand und wurden in kleinen Grüppchen auf Sitzbänken verzehrt. Dutzende Wirte sollen verhaftet worden sein, weil sie sich nicht an die Regeln hielten; wir selbst sahen, wie Polizisten energisch auf Gastronomen einredeten. Angesichts dessen wurde selbst die Suche nach einem WC zu einem verzweifelten Unterfangen.

Auf der Rückfahrt gab es eher beruhigende Informationen: Sonntag und Montag sollten weitgehend wie geplant laufen, nur ein Museumsbesuch wurde gecancelt, für die Ausgrabungsstätte in Knossos sollte eine Ausnahmegenehmigung erwirkt werden.


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Doch die Stimmung litt. Die allgegenwärtigen Desinfektionsmittel-Spender und die Hotelbediensteten (auch die an der Rezeption) mit Einweghandschuhen zeigten: Weder die bis zum Schluss freundlichen Gastgeber noch ihre Gäste hatten ungetrübten Spaß an diesem Urlaub. Und den meisten war klar: Vermutlich würde die Reise eher enden.

Die Meldungen überschlugen sich

Noch am Sonntag überschlugen sich die Meldungen: Das Programm wurde zwar durchgezogen, doch im Bus wurde erst verkündet, dass die Regierung auch die Hotels zur Schließung zum nächstmöglichen Termin aufgefordert habe. Bis maximal 23. März könne unser Aufenthalt dauern. Am Nachmittag die Mitteilung, dass es definitiv schneller gehen werde. Am späten Abend gebe es genauere Informationen. Doch Minuten später klingelte das Handy des Reiseleiters. Schon morgen würden alle RSD-Touristen zurückgeflogen.

Nach einem letzten Ouzo-Abend hieß es Koffer packen für eine surrealistische Rückreise: Am Flughafen von Heraklion war es mucksmäuschenstill, keine Durchsagen. Die eine Hälfte der Duty-Free-Shops geschlossen, in den anderen wachten Securityleute darüber, dass maximal eine Handvoll Menschen dort einkaufte. Bei der Landung in Frankfurt zig Maschinen, die am Boden standen, und fast keine Reisenden.

Darunter eine Gruppe von kleinlauten Kreta-Touristen, hatte man doch die Corona-Gefahr auf eine bis dato weitgehend verschonte Insel exportiert. Man hätte es vorher wissen können…"

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