Das sollten Sie lesen: Unsere Bücher des Monats Dezember

8.12.2020, 18:07 Uhr
Scheinbar aus der Zeit gefallen, trotzdem immer eine große Freude: Barbara Pym – die mit britischem Understatement und feinster Ironie von den Verklemmungen der Nachkriegszeit erzählt. Der Dumont Verlag lässt Pyms Romane derzeit neu übersetzen, auch „In feiner Gesellschaft“ (20 Euro). Eine Vierecksgeschichte von Frauen, die erst einem Mann, dann mehreren Männern nachstellen und dabei doch die Etikette wahren wollen. So subtil und mehrdeutig, böse und humorvoll hat selten eine Frau über die Liebe geschrieben. Köstlich wie Jane Austen. André Fischer
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Scheinbar aus der Zeit gefallen, trotzdem immer eine große Freude: Barbara Pym – die mit britischem Understatement und feinster Ironie von den Verklemmungen der Nachkriegszeit erzählt. Der Dumont Verlag lässt Pyms Romane derzeit neu übersetzen, auch „In feiner Gesellschaft“ (20 Euro). Eine Vierecksgeschichte von Frauen, die erst einem Mann, dann mehreren Männern nachstellen und dabei doch die Etikette wahren wollen. So subtil und mehrdeutig, böse und humorvoll hat selten eine Frau über die Liebe geschrieben. Köstlich wie Jane Austen. André Fischer © Dumont

Melancholisch, finster und packend sind die Erzählungen, die der preisgekrönte Autor Ralf Rothmann in seinem neuen Band „Hotel der Schlaflosen“ (Suhrkamp, 22 Euro) präsentiert. Etwa, wenn in der titelgebenden Geschichte der Schriftsteller Isaak Babel auf seinen Henker trifft. Der diskutiert mit ihm erst über Literatur und schießt Babel dann in den Kopf. In den anderen Texten ist der Ton sanfter, doch stets schweben dunkle Wolken über den Figuren. Romancier Rothmann beherrscht auch die kurze Distanz, wie er mit seinen elf Erzählungen erneut beweist. Auch das "Literarische Quartett" war begeistert... Marco Puschner
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Melancholisch, finster und packend sind die Erzählungen, die der preisgekrönte Autor Ralf Rothmann in seinem neuen Band „Hotel der Schlaflosen“ (Suhrkamp, 22 Euro) präsentiert. Etwa, wenn in der titelgebenden Geschichte der Schriftsteller Isaak Babel auf seinen Henker trifft. Der diskutiert mit ihm erst über Literatur und schießt Babel dann in den Kopf. In den anderen Texten ist der Ton sanfter, doch stets schweben dunkle Wolken über den Figuren. Romancier Rothmann beherrscht auch die kurze Distanz, wie er mit seinen elf Erzählungen erneut beweist. Auch das "Literarische Quartett" war begeistert... Marco Puschner © Suhrkamp

Hans Blumenberg wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden, einer der bedeutendsten deutschen Philosophen der Nachkriegszeit. Anders als Habermas hielt er sich aber von politischen Diskursen fern. Ihm ging es um die menschliche Neugierde, um Metaphern und wie wir uns mit Erzählungen angesichts der eigenen Endlichkeit und Grundlosigkeit des Kosmos selbst behaupten. Rüdiger Zill hat mit seinem Buch „Der absolute Leser. Hans Blumenberg“ eine glänzende Einführung in Leben und Werk geschrieben (Suhrkamp, 38 Euro). André Fischer
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Hans Blumenberg wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden, einer der bedeutendsten deutschen Philosophen der Nachkriegszeit. Anders als Habermas hielt er sich aber von politischen Diskursen fern. Ihm ging es um die menschliche Neugierde, um Metaphern und wie wir uns mit Erzählungen angesichts der eigenen Endlichkeit und Grundlosigkeit des Kosmos selbst behaupten. Rüdiger Zill hat mit seinem Buch „Der absolute Leser. Hans Blumenberg“ eine glänzende Einführung in Leben und Werk geschrieben (Suhrkamp, 38 Euro). André Fischer © Suhrkamp

„Versprich mir, Dad, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert." Diese Worte hat der sterbende Beau Biden 2014 seinem Vater mit auf den Weg gegeben, „Versprich es mir“ heißt auch das Buch, in dem Joe Biden - damals Vizepräsident der Vereinigten Staaten, vor allem und in erster Linie aber: ein Vater, ein Mensch - vom Tod seines Sohnes erzählt. Es ist ein Buch über die Kraft der Zuversicht in Zeiten der Verzweiflung, geschrieben von einem Mann, der nicht nur seinen Sohn verlor, sondern einst auch seine Frau und seine Tochter zu Grabe tragen musste. Beide starben 1972 wenige Tage vor Weihnachten bei einem Autounfall. (Beck, 22 Euro) Manuel Kugler
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„Versprich mir, Dad, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert." Diese Worte hat der sterbende Beau Biden 2014 seinem Vater mit auf den Weg gegeben, „Versprich es mir“ heißt auch das Buch, in dem Joe Biden - damals Vizepräsident der Vereinigten Staaten, vor allem und in erster Linie aber: ein Vater, ein Mensch - vom Tod seines Sohnes erzählt. Es ist ein Buch über die Kraft der Zuversicht in Zeiten der Verzweiflung, geschrieben von einem Mann, der nicht nur seinen Sohn verlor, sondern einst auch seine Frau und seine Tochter zu Grabe tragen musste. Beide starben 1972 wenige Tage vor Weihnachten bei einem Autounfall. (Beck, 22 Euro) Manuel Kugler © Verlag C.H.Beck

„Der Mann hatte ein Gesicht wie zerlaufener Camembert, der mit Paprika bestreut war“ – nun ja, Kneipenbekanntschaften sehen halt so aus, zumal nach sieben Bierchen. Keiner hat diese Details besser beschrieben als Jörg Fauser, von dem in der schönen neuen Werkausgabe jetzt „Der Schneemann“ herauskam, sein Krimi von 1981. Kokain, fünf Pfund, sind da das Glück wie Unglück, das dem schon etwas abgestürzten Blum in die Hände fällt. Wird er nun reich – oder von der Mafia gekillt? Spannend, satirisch und cool wie Raymond Chandler (Diogenes, 24 Euro). Wolf Ebersberger
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„Der Mann hatte ein Gesicht wie zerlaufener Camembert, der mit Paprika bestreut war“ – nun ja, Kneipenbekanntschaften sehen halt so aus, zumal nach sieben Bierchen. Keiner hat diese Details besser beschrieben als Jörg Fauser, von dem in der schönen neuen Werkausgabe jetzt „Der Schneemann“ herauskam, sein Krimi von 1981. Kokain, fünf Pfund, sind da das Glück wie Unglück, das dem schon etwas abgestürzten Blum in die Hände fällt. Wird er nun reich – oder von der Mafia gekillt? Spannend, satirisch und cool wie Raymond Chandler (Diogenes, 24 Euro). Wolf Ebersberger © Diogenes

Ach, wenn wir nur schreiben könnten wie Rolf Vollmann, der eigentlich Rolf von Vollmann heißen sollte, denn wenn er, wie in seinem Buch „Frauenkatalog 1200“, über höfische Liebe schreibt, über Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach, über König Artus und seine Ginover, bezaubernde Fräulein und bezauberte Ritter, wird er selbst zum Minnesänger, finden wir, zumindest einmal mehr zum Romanverführer, der in hinreißend fließenden Sätzen hineinzieht in die alten, ewig neuen Geschichten von Herz und, ja, Schmerz (Andere Bibliothek, 44 Euro). Wolf Ebersberger   
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Ach, wenn wir nur schreiben könnten wie Rolf Vollmann, der eigentlich Rolf von Vollmann heißen sollte, denn wenn er, wie in seinem Buch „Frauenkatalog 1200“, über höfische Liebe schreibt, über Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach, über König Artus und seine Ginover, bezaubernde Fräulein und bezauberte Ritter, wird er selbst zum Minnesänger, finden wir, zumindest einmal mehr zum Romanverführer, der in hinreißend fließenden Sätzen hineinzieht in die alten, ewig neuen Geschichten von Herz und, ja, Schmerz (Andere Bibliothek, 44 Euro). Wolf Ebersberger   © Andere Bibliothek

Eine umfassende Kulturgeschichte der Wirkung Richard Wagners auf Musik und andere Künste, aber auch auf Politik und Gesellschaft legt Alex Ross, Musikkritiker der New York Times, in seinem 900-Seiten-Werk „Die Welt nach Wagner“ vor. Das Buch ist enorm kenntnis- und anekdotenreich und führt tief hinein in die Welt und Nachwelt Wagners. Allerdings schießt der Autor in seiner Absicht, möglichst viele Phänomene der Moderne und der Gegenwart auf diesen Komponisten zurückzuführen, auch manchmal deutlich übers Ziel hinaus. (Rowohlt, 40 Euro). Thomas Heinold   
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Eine umfassende Kulturgeschichte der Wirkung Richard Wagners auf Musik und andere Künste, aber auch auf Politik und Gesellschaft legt Alex Ross, Musikkritiker der New York Times, in seinem 900-Seiten-Werk „Die Welt nach Wagner“ vor. Das Buch ist enorm kenntnis- und anekdotenreich und führt tief hinein in die Welt und Nachwelt Wagners. Allerdings schießt der Autor in seiner Absicht, möglichst viele Phänomene der Moderne und der Gegenwart auf diesen Komponisten zurückzuführen, auch manchmal deutlich übers Ziel hinaus. (Rowohlt, 40 Euro). Thomas Heinold   © Rowohlt

Der Vater eine Urgewalt auf der Bühne und im Film, der Sohn berühmt als "Tatort"-Kommissar Schimanski und Charakterdarsteller in Rollen wie in Romuald Karmakars Filmdrama "Der Totmacher" über den Massenmörder Fritz Haarmann: "Heinrich und Götz George - Zwei Leben" von Thomas Medicus beleuchtet die Schicksale zweier deutscher Volksschauspieler aus der Perspektive der jeweiligen gesellschaftlichen Umstände. Nicht zuletzt der Einfluss des Vaters auf das Selbstbild von Sohn Götz nimmt in dem kenntnisreichen, öfter mal über biografische Fakten hinausgreifenden Buch eine bedeutende Rolle ein (Rowohlt, 26 Euro). Thomas Heinold
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Der doppelte George

Der Vater eine Urgewalt auf der Bühne und im Film, der Sohn berühmt als "Tatort"-Kommissar Schimanski und Charakterdarsteller in Rollen wie in Romuald Karmakars Filmdrama "Der Totmacher" über den Massenmörder Fritz Haarmann: "Heinrich und Götz George - Zwei Leben" von Thomas Medicus beleuchtet die Schicksale zweier deutscher Volksschauspieler aus der Perspektive der jeweiligen gesellschaftlichen Umstände. Nicht zuletzt der Einfluss des Vaters auf das Selbstbild von Sohn Götz nimmt in dem kenntnisreichen, öfter mal über biografische Fakten hinausgreifenden Buch eine bedeutende Rolle ein (Rowohlt, 26 Euro). Thomas Heinold © Foto: Rowohlt Verlag

Die aufstrebende irische Autorin Sally Rooney erzählt in ihrem zweiten Roman "Normale Menschen" eine filmreife Liebesgeschichte über ein ungleiches, junges Paar. Zwischen den Zeilen, Betten und Dialogen wird Verzweiflung entdeckt und Glück befreit. Das ganze Wechselbad der Gefühle, der Wurf mitten ins Becken der Erwachsenenwelt hinein ergibt eine Story, die so sinnlich ist wie  frech (Luchterhand, 20 Euro). Christian Mückl
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Die aufstrebende irische Autorin Sally Rooney erzählt in ihrem zweiten Roman "Normale Menschen" eine filmreife Liebesgeschichte über ein ungleiches, junges Paar. Zwischen den Zeilen, Betten und Dialogen wird Verzweiflung entdeckt und Glück befreit. Das ganze Wechselbad der Gefühle, der Wurf mitten ins Becken der Erwachsenenwelt hinein ergibt eine Story, die so sinnlich ist wie  frech (Luchterhand, 20 Euro). Christian Mückl © Luchterhand

Jolanda könnte jetzt aufbrechen, sie hat das Abi in der Tasche. Doch die junge Frau in Jana Scheerers Nordsee-Roman „Das Meer in meinem Zimmer“ versucht verzweifelt, die Welt ihrer kleinen Familie zusammenzuhalten. Die war schon entzwei, bevor der Vater, der alle mit seiner schweren psychischen Störung tyrannisierte, gestorben ist. Seinen Tod will die Mutter nicht wahrhaben. In dieser Situation blickt Jolanda zurück auf ihre Kindheit. Ein unsentimentales Buch, das einem nahegeht, bildhaft, mit trockenem Humor und in knappen Sätzen. (Schöffling, 22 Euro) Birgit Nüchterlein  
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Jolanda könnte jetzt aufbrechen, sie hat das Abi in der Tasche. Doch die junge Frau in Jana Scheerers Nordsee-Roman „Das Meer in meinem Zimmer“ versucht verzweifelt, die Welt ihrer kleinen Familie zusammenzuhalten. Die war schon entzwei, bevor der Vater, der alle mit seiner schweren psychischen Störung tyrannisierte, gestorben ist. Seinen Tod will die Mutter nicht wahrhaben. In dieser Situation blickt Jolanda zurück auf ihre Kindheit. Ein unsentimentales Buch, das einem nahegeht, bildhaft, mit trockenem Humor und in knappen Sätzen. (Schöffling, 22 Euro) Birgit Nüchterlein
  © Schöffling

Wer hat den prächtigen roten Kater der Lecoqs gemeuchelt? Und wohin verschwindet seine Besitzerin? Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn die Nachbarn in der Öko-Neubausiedlung einander terrorisieren. Die Französin Julia Deck hat einen bösen Kurz-Thriller über eine Hölle namens Eigenheim geschrieben. „Privateigentum“ streift viele Gesellschaftsfragen. Aber Vorsicht: Diese Autorin schreibt doppelbödig. Niemand ist hier ohne Abgründe, schon gar nicht die Erzählerin. Für Leser, die das Indirekte, Subtile schätzen (Wagenbach, 18 Euro). Isabel Lauer    
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Wer hat den prächtigen roten Kater der Lecoqs gemeuchelt? Und wohin verschwindet seine Besitzerin? Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn die Nachbarn in der Öko-Neubausiedlung einander terrorisieren. Die Französin Julia Deck hat einen bösen Kurz-Thriller über eine Hölle namens Eigenheim geschrieben. „Privateigentum“ streift viele Gesellschaftsfragen. Aber Vorsicht: Diese Autorin schreibt doppelbödig. Niemand ist hier ohne Abgründe, schon gar nicht die Erzählerin. Für Leser, die das Indirekte, Subtile schätzen (Wagenbach, 18 Euro). Isabel Lauer
  © Wagenbach

Es ist ratsam, das Glück nicht dem Zufall zu überlassen - schreibt Erling Kagge. Er weiß, wovon er schreibt. Denn der 1963 geborene Norweger ist nicht nur Verleger, Autor, Jurist, Kunstsammler, Bergsteiger und Vater von drei Töchtern. Er ist auch Abenteurer. Die Kanalisation unter Manhatten hat er ebenso erwandert,  wie  er alleine am Nord- und am Südpol war. Wie seine Bestseller über das "Gehen" und die "Stille" macht sein neuer Band "Philosophie für Abenteurer"  Mut, den Alltag selbst in die Hand zu nehmen: "Das Wichtigste ist, morgens aufzustehen". Sogar bei 54 Grad minus ... (Insel, 19 Euro). Christian Mückl
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Es ist ratsam, das Glück nicht dem Zufall zu überlassen - schreibt Erling Kagge. Er weiß, wovon er schreibt. Denn der 1963 geborene Norweger ist nicht nur Verleger, Autor, Jurist, Kunstsammler, Bergsteiger und Vater von drei Töchtern. Er ist auch Abenteurer. Die Kanalisation unter Manhatten hat er ebenso erwandert,  wie  er alleine am Nord- und am Südpol war. Wie seine Bestseller über das "Gehen" und die "Stille" macht sein neuer Band "Philosophie für Abenteurer"  Mut, den Alltag selbst in die Hand zu nehmen: "Das Wichtigste ist, morgens aufzustehen". Sogar bei 54 Grad minus ... (Insel, 19 Euro). Christian Mückl

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