Deutsche Bahn: Reservierungspflicht würde Probleme verschärfen

2.12.2020, 13:42 Uhr
Die Bahn rechnet an Weihnachten mit deutlich weniger Reisenden als sonst, die durch den Einsatz von 100 Sonderzügen im Fernverkehr dennoch mit mehr statt weniger Platz rechnen können.

© Christoph Schmidt, dpa Die Bahn rechnet an Weihnachten mit deutlich weniger Reisenden als sonst, die durch den Einsatz von 100 Sonderzügen im Fernverkehr dennoch mit mehr statt weniger Platz rechnen können.

Ein neues System informiert nun auch über das Besucheraufkommen in den Bahnhöfen. Zudem wird in den Zügen die Einhaltung der Maskenpflicht von Mitarbeitern der DB-Sicherheit und Bundespolizisten kontrolliert.

Viele Fernverkehrszüge sind leer. Die Auslastung liegt derzeit laut DB-Personenverkehrsvorstand Berthold Huber bei "20, maximal 25 Prozent." Wirtschaftlich ist die Corona-Krise für die Deutsche Bahn über alle Sparten hinweg katastrophal. Im laufenden Geschäftsjahr wird der Staatskonzern wohl einen Verlust von über fünf Milliarden Euro einfahren.

Dennoch soll im eigenwirtschaftlich betriebenen Fernverkehr über Weihnachten hinweg das Angebot noch einmal deutlich ausgebaut werden, um den Kunden in der Pandemie mehr Platz zu bieten. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember werden laut Huber 15 ICE-4-Züge auf die Gleise gesetzt, auf der stark frequentierten Verbindung zwischen Berlin und Hamburg gibt es dann einen Halbstundentakt.

100 Sonderzüge

Zwischen 18. und 27. Dezember werden zudem insgesamt 100 Sonderzüge auf Hauptachsen wie zwischen München, Nürnberg und Berlin oder dem Ruhrgebiet und Bayern eingesetzt. Das sind doppelt so viele wie sonst im Weihnachtsverkehr üblich. So entstehen laut Huber täglich 13.000 zusätzliche Sitzplätze, um die Reise im Fernverkehr sicher zu machen.

Dazu trägt laut Huber auch die Umstellung des Reservierungssystems bei, die von der Bahn am vergangenen Freitag vorgenommen worden ist. In den Großraumwagen ist nur noch ein Sitzplatz pro Doppelsitz reservierbar. Alle anderen Plätze bleiben gesperrt. Einzelreisenden werden automatisch Fenstersitzplätze zugewiesen.

Bei Sitzgruppen mit Tisch können nur noch die diagonal gegenüberliegenden Sitzplätze gebucht werden, womit Reservierungen von Einzelreisenden auf nebeneinander liegenden Sitzplätzen laut Bahn vermieden werden.in geschlossenen Abteilen mit sechs Sitzplätzen sind nur noch zwei frei für eine Belegung.

Nur noch 60 Prozent

Insgesamt soll die Anzahl der buchbaren Plätze auf 60 Prozent sinken. Ist diese Grenze erreicht, wird das vom Online-Reservierungssystem angezeigt und der Zug für weitere Buchungen gesperrt. Gemeinsam reisende Kunden wie Paare oder auch Familien sollen Extrabereiche nutzen.

Dass es zwar nicht wie sonst an Weihnachten zu kompletten Überfüllungen, jedoch zu unangenehm vollen Zügen kommt, weil viele Fahrgäste sich die kostenpflichtige Reservierung sparen und einfach nur mit einer gültigen Fahrkarte in den ICE steigen, konnte Huber nicht ausschließen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand direkt neben einen anderen Reisenden setzt, stehe jedoch bei "1:100". Über Weihnachten liege die Reservierungsquote erfahrungsgemäß bei 60 bis 70 Prozent, die Zahl der Reisenden ohne vorausgebuchten Platz sei entsprechend gut abzusehen und nicht besorgniserregend.

Zudem lasse sich aus dem aktuellen Buchungsverhalten bereits ablesen, dass in diesem Jahr spürbar weniger Reisende rund um Weihnachten unterwegs seien, als in normalen Jahren. Huber rechnet durch die geltenden Einschränkungen mit 60 Prozent weniger Kunden als üblich, die zu erwartende Auslastung der Fernzüge liege bei 35 bis 40 Prozent.

Debatte um Reservierungspflicht

Der Debatte um eine Reservierungspflicht erteilte Huber eine Absage. Diese Frage sei gemeinsam mit Experten, Vertretern der Gewerkschaften und Fahrgastverbänden sowie den Verkehrsministern der Länder diskutiert worden. Alle seien sich einig gewesen, dass das offene System beibehalten werden soll.

Zudem würde eine Reservierungspflicht bedeuten, dass das Angebot insgesamt reduziert wird und die abgewiesene Nachfrage dann beispielsweise zu volleren Zügen im Regional- und Nahverkehr sorgt, was angesichts der Pandemie nicht gewollt sein könne. Die Reservierungspflicht sei nur auf den ersten Blick eine gute Idee im Kampf gegen Corona, so Huber.

Um die Einhaltung von Mindestabständen zwischen den Fahrgästen sollen sich an Bord der ICE und IC laut Huber in erster Linie die Zugbegleiter kümmern. Zusätzlich werden in der Weihnachtszeit jedoch auch 4000 Mitarbeiter von DB-Sicherheit zusammen mit 5000 Bundespolizisten für die Einhaltung der Maskenpflicht sorgen. "Die Maskenkontrollen werden verdoppelt, in 50 Prozent aller Fernverkehrszüge sind Sicherheitsteams an Bord", so der DB-Infrastrukturvorstand Roland Pofalla.

Hygiene am Bahnhof

Zudem seien an den Bahnhöfen 650 Desinfektionsspender installiert, über 4000 Reinigungskräfte seien für Sauberkeit und Hygiene in Zügen und am Bahnhof im Einsatz. Zusätzlich werde gerade mit innovativen Reinigungskonzepte wie UV-Licht zur Desinfektion an Rolltreppen oder Speziallack zum Schutz vor Viren und Bakterien auf Treppenhandläufen und Bedienungsknöpfen in Aufzügen experimentiert, so Pofalla.

Eine neue Anwendung in der App "Bahnhof Live" zeigt für mehr als 100 Bahnhöfe, darunter auf für Nürnberg, an, wie voll es dort ist.

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