Dialekt mit besonderem Reiz

19.1.2020, 16:44 Uhr
Mit Arne Unbehauen und Winni Wittkopp unternahm Helmut Haberkamm (v. l.) einen  unterhaltsam-informativen Exkurs durch den „Aaschgrinder“ Dialekt.

© Harald Munzinger Mit Arne Unbehauen und Winni Wittkopp unternahm Helmut Haberkamm (v. l.) einen unterhaltsam-informativen Exkurs durch den „Aaschgrinder“ Dialekt.

An dem ließ der Sprachforscher und -bewahrer auch mit einer überwältigenden Sammlung von vielfach (fast) in Vergessenheit geratenen Begriffen nicht den geringsten Zweifel aufkommen. Den aus Sicht der Jugend mutmaßlichen Staub auf der Mundart blies er mit der bisher für ausgeschlossen gehaltenen absolut sicheren Verschlüsselung von Internetnachrichten weg: Wer von der Däddlein und dem Daiming für sein Biersing schreibe, könne des Kobbireids seiner Nachricht und der Verzweiflung in Abhörzentralen sicher sein.

In der vollbesetzten Münchsteinacher Kulturscheune konnte der Wortakrobat Haberkamm reden "wie ihm der Schnabel gewachsen ist", musste im dialektgewandten Publikum die in einem rasanten Exkurs erwähnten Begriffe nicht erklären, die Außenstehenden auch dann wohl immer ein Rätsel bleiben würden. Schamhafte Zurückhaltung bei der Mundart ist für deren Meister – sei es in Gedichten, Geschichten, Theater, Musical oder Liedern – fehl am Platz, sei "Hochdeutsch doch nur eine Ausgeburt der Dialekte".

Keine Zweifel auch, dass jener im Aischgrund mit der Aufweichung der Konsonanten, liebevollen Verniedlichungen aber auch schonungsloser Offenheit sowie oft frei von jeglicher Logik der schönste am schönsten Fleckchen Erde ist. Was sich für Dr. Helmut Haberkamm schon dadurch erklärt, dass bei der Wanderung der Horden vor 1500 Jahren von Norden nach Süden viele in der Region zwischen Steigerwald und Altmühltal, Thüringen und Hohenlohe geblieben sind und diese Kulturlandschaft geprägt hatten.

Vielfältige Spracheinflüsse

Auch wenn längst nicht in allem, was fränkisch anmutet auch fränkisch drin ist, sondern viele Sprachen adaptiert sind – wer käme beim "Zwetschger" schon auf Damaskus (-Pflaume) – kommt Haberkamm bei der Sprachwanderung durch das "LaLa-Land" mit seinen Schneggerla über die "Fülle des Wohllauts" ins Schwärmen. Welche Sprache habe schon so verschiedene Bedeutungsräume, habe so herrliche Absurditäten und den Hang zum Paradoxen – wenn was "gscheid blöd" ist – habe ihren ganz eigenen Sound.

Dies war an einem Abend, der widerlegen sollte, dass die Franken zum Lachen in den Keller gingen und schon gar nicht zu euphorisieren seien, wörtlich zu nehmen. Denn der langjährige Begleiter Haberkamms durch die fränkischen Kulturgefilde, Winni Wittkopp (Allrounder auch an den Instrumenten), sowie der ebenfalls ausgezeichnete Pianist Arne Unbehauen ließen das Fränkisch swingen und manch originelle Zwischentöne anklingen.

Man müsse eben genau "neihorchn" in diese komplexe Sprache, frei von Rechtschreibzwängen sowie "Political Correctness" und der ganz eigenen "Mendalidäd" des Franken, so der Wortjongleur Helmut Haberkamm. Für die in vielfältigen Facetten erzeugten Sprachbilder etwa der "Blassdigdieedn" brauchte kein "Bauerboind", um immer wieder nach Salven von originellen Begriffen für bestimmte Situationen oder auch Stimmungslagen des zum Granteln neigenden Franken festzustellen: "Unheimlich schön".

Unterhaltsam-amüsantes Lernen

So empfanden auch die von der ehemaligen Bürgermeisterin Ursula Schenkes vom veranstaltenden Kulturkreis willkommen geheißenen Gäste den "Gräschkurs" mit der Erfahrung, wie unterhaltsam-amüsant Lernen sein kann. Davon schienen sie gar nicht genug zu bekommen und ließen erst nach Zugaben die Künstler von der Bühne. Helmut Haberkamm, wie Schenke in Dachsbach aufgewachsen, verabschiedete sie mit seiner ganz eigenen Fassung des Frankenliedes als garantiert sinnfreie Sammlung von Begriffen.

Keine Frage für die Franken- und Haberkamm-Fans: Sie hatten einen großartigen Auftakt der Veranstaltungsreihe "gwählt" und es genossen, dass das Zwerchfell ordentlich "gwählt" wurde. An den stabilen Balken in der Kulturscheune lag es, dass sich nicht auch sie vor Lachen bogen. Der Kulturkreis sorgte auch wieder für den genüsslichen Rahmen des Abends, der seine Fortsetzung mit ganz anderen Sprachklängen finden wird.

"Hessisches umwerfend komisch"

Am Samstag, 14. März, ist der Schauspieler Walter Renneisen in Münchsteinach zu Gast, zu dem ihn eine lange Freundschaft mit Günter Strack verbindet. "Hessisches! Geistreich, witzig und umwerfend komisch", steht auf seinem Programm. Karten können schon jetzt im Münchsteinacher Rathaus erworben werden, was mit beschränkter Platzwahl auch für eine "Fränkische Bierverkostung, Bratwurstvariationen und Musik" am Samstag, 7. November, empfohlen wird. "Geddner rei und hoggd euch hie" mag es auch dann wie bei Haberkamms "Gräshkurs Fränkisch" heißen.

Seinen riesigen Sprachschatz will Dr. Helmut Haberkamm "zwischen Buchdeggln" bewahren. Zudem plant er eine weitere CD mit Bob Dylan-Song "auf Fränkisch", wie er es am Rande seines Gastspiels nach rund 25 Jahren in Münchsteinach erzählte. Die Rückkehr in den Lehrerberuf zwingt dabei zu längerfristiger Planung.

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