Drohende Steuerzahlungen: Tiefschlag gegen Brauereien

9.2.2020, 16:33 Uhr
Drohende Steuerzahlungen: Tiefschlag gegen Brauereien

© Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) sollen nämlich die über viele Jahre gebildeten finanziellen Rückstellungen der Brauereien für so genanntes Einheitsleergut zu einem noch nicht festgelegten Stichtag vollständig aufgelöst werden. Dadurch drohen Brauereien, die ihre Produkte in Einheitsflaschen abfüllen und vertreiben, Steuerzahlungen im sechs- oder gar siebenstelligen Bereich.

"Ich kenne Brauereien, die würden das finanziell nicht überleben. Da geht es um die Existenz", warnt Holger Eichele, Geschäftsführer des Deutschen Brauerbundes, vor den möglichen Folgen der steuerlichen Neubewertung des Leerguts. Zudem könnte das ohnehin schon unter Druck stehende Mehrwegsystem in eine gefährliche Schieflage geraten.


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Bei dem bereits 2013 gefällten BFH-Urteil, das sich ursprünglich nur auf die von den Mitgliedern der Genossenschaft Deutscher Brunnen verwendeten Mineralwasserflaschen bezog, geht es um die juristische Frage, wem Leergut eigentlich gehört. Individualflaschen, in die zum Beispiel der Name der Brauerei als Relief eingeprägt werden, sind zivilrechtlich auch dann noch Eigentum der Brauerei, wenn sie im Keller des Verbrauchers stehen. Und deshalb sind sie rückstellungsfrei. Das Gleiche gilt für Poolgebinde wie die 0,7-Liter-Perlenflasche für Mineralwasser, die Eigentum einer Genossenschaft sind.

Brief vom Finanzministerium

"Die Einheitsflaschen dagegen gehören eigentlich niemandem", erklärt Lothar Ebbertz, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Im Gegensatz zum Individualleergut finde beim Verkauf von in Normflaschen abgefüllten Getränken ein so genannter Eigentumsübergang statt. Und deswegen ist das Pfand für eine Euro- oder NRW-Flasche bilanzsteuerrechtlich anders zu betrachten als das Pfand für eine individuell gestaltete Flasche, wie sie viele Brauereien unter anderem aus Marketinggründen verwenden.

Eine bittere Nebenwirkung des BFH-Urteils, das erst durch einen Brief des Bundesfinanzministeriums an die Finanzämter im vergangenen Jahr rechtliche Sprengkraft entwickelt hat: Der derzeit bei etwa 20 Prozent liegende Anteil von Individualgebinden im Mehrwegsystem könnte sich weiter erhöhen, da die Einheitsflasche betriebswirtschaftlich uninteressanter wird für die Brauereien.

"Das Mehrwegprinzip wird ad absurdum geführt", schimpft Georg Rittmayer, Präsident des Verbandes privater Brauereien in Bayern und Inhaber einer Brauerei im Landkreis Forchheim. Die Wege der Flaschen zurück zur jeweiligen Brauerei würden immer länger und die Quote der nicht mehr in den Mehrweg-Kreislauf zurückgeführten Flaschen immer höher.

Kritik von der Umwelthilfe

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert deshalb eine Regelung in umgekehrter Richtung, nämlich eine steuerliche Benachteiligung von Individualflaschen. "Kontraproduktive Steuergesetze, die Klimaschutz-Potenziale liegen lassen und dazu den Mittelstand gefährden, müssen geändert werden", sagt Thomas Fischer, DUH-Fachmann für Kreislaufwirtschaft.

Der Deutsche und der Bayerische Brauerbund sind derweil im Gespräch mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. "Die enormen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung in den Brauereien wurden bei diesem Urteil nicht bedacht", sagt Holger Eichele, und sein bayerischer Kollege spricht sich für eine Rückkehr zur bewährten Praxis aus. Der umweltpolitisch fragwürdigen und auch unwirtschaftlichen Individualisierung von Mehrwegflaschen dürfe man nicht auch noch Vorschub leisten, sagt Lothar Ebbertz.

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