Impfstoff bleibt knapp

Durststrecke: Wie es bei den Impfungen in Bayern weitergeht

21.5.2021, 06:00 Uhr
Durststrecke: Wie es bei den Impfungen in Bayern weitergeht

© Merzbach/News5

Abgesehen von dem Präparat von Johnson & Johnson, bei dem eine Impfung ausreicht, sind bei den Vakzinen von Biontech, Astrazeneca und Moderna bekanntlich zwei Injektionen mit einem gewissen zeitlichen Abstand nötig. Erst nach der zweiten Impfung entfaltet sich der vollständige Impfschutz, doch bereits eine gewisse Zeit nach der ersten Spritze ist die geimpfte Person relativ gut vor einem schweren Krankheitsverlauf geschützt. Nach einigen Tagen sinkt das Risiko merklich, im Fall einer Infektion mit Sars-CoV-2 stationär im Krankenhaus behandelt oder gar auf der Intensivstation künstlich beatmet werden zu müssen.

Auch deshalb gehört es zu Bayerns Impfstrategie, den Personengruppen mit einem höheren Risiko für eine im Extremfall lebensbedrohliche Covid-19-Erkrankung schnellstmöglich einen ersten Impftermin anzubieten. Angesichts der begrenzten Kapazitäten von Intensivbetten und Beatmungsplätzen sollte die Zahl der schweren und betreuungsintensiven Corona-Fälle im Rahmen bleiben.

Über 5,1 Millionen Menschen im Freistaat sind laut den aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) inzwischen einmal geimpft. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 39,2 Prozent, Bayern liegt damit knapp über dem Bundesdurchschnitt von zuletzt 38,0 Prozent.

Andere Bundesländer sind weiter

Bei der Zweitimpfungsquote dagegen hinkt der Freistaat mit 11,1 Prozent (Bundesdurchschnitt 11,9 Prozent) einigen anderen Bundesländern zum Teil deutlich hinterher. In Sachsen und Thüringen zum Beispiel haben bereits jeweils 15,7 Prozent der Bürger einen vollständigen Impfschutz. Im Gegenzug liegt dort die Quote der Erstimpfungen bei vergleichsweise niedrigen 33,0 beziehungsweise 34,7 Prozent.


Aufgabe der Priorisierung in Impfzentren: Minister ist skeptisch


Dass in Bayern die Zahl der Erst- zugunsten der Zweitimpfungen für die nächsten drei Wochen deutlich reduziert muss, kam denn auch nicht ganz überraschend. Nach wie vor ist die Impfstoffknappheit der limitierende Faktor. „Es gibt keine Reduzierungen der Liefermengen“, betont jedoch eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums. Die für die nächsten Wochen angekündigten Lieferungen der Hersteller würden den Ankündigungen entsprechen.

So werden laut dem RKI kommende Woche insgesamt rund 400.000 Impfdosen (304.200 Dosen von Biontech, 28.800 von Astrazeneca und 54.000 von Moderna) nach Bayern geliefert. Der überwiegende Teil davon wird nach Angaben des Gesundheitsministeriums für Zweitimpfungen verwendet, weil die hohe Zahl der seit Anfang April begonnenen Impfserien nun innerhalb der vorgegebenen Intervalle abgeschlossen werden müsse.

Kritik an Gesundheitsminister Holetschek

Bis zum 7. Juni werden die bayerischen Impfzentren die Erstimpfungen deshalb nahezu vollständig aussetzen, was Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) unter anderem Kritik von der Deutschen Stiftung Patientenschutz einbrachte. „Das ist der Holetscheksche Impfturbo. Im Stand laut aufheulen, doch wenn es dann auf die Strecke gehen soll, reicht der Treibstoff gerade mal für das Ausrollen auf dem Standstreifen“, sagte Stiftungs-Vorstand Eugen Brysch.

Der Bayerische Hausärzteverband forderte Impfwillige derweil zur Zurückhaltung auf. „Ich habe Verständnis dafür, dass viele nun schnell geimpft werden wollen, gerade im Vorfeld der Urlaubszeit. Aber ich appelliere an die Menschen, jetzt die Füße stillzuhalten und nicht die Praxen abzutelefonieren und mit Impfanfragen zu überhäufen“, sagte Verbandsvorsitzender Markus Beier.


Impfstart bei Betriebsärzten rückt näher


Damit die Durchimpfung schneller voran geht, ist laut dem Erlanger Mediziner auch die Solidarität der über 60-Jährigen gefragt, für die der Impfstoff von Astrazeneca von der Ständigen Impfkommision empfohlen wird. „Dieser Impfstoff ist gerade für ältere Mensch sicher und hat eine nachgewiesen hohe Schutzwirkung. Rosinenpickerei ist hier wirklich fehl am Platz. Eine Pandemie ist schließlich kein Wunschkonzert“, betont Beier.

Der Druck auf die Hausärzte wächst

Gerade viele niedergelassene Ärzte stehen angesichts der sich nun abzeichnenden kurzen Durststrecke bei der Impfstoffversorgung unter wachsendem Druck. „Zum Zeitpunkt ihrer wöchentlichen Impfstoff-Bestellung wissen sie nicht, wie viele Impfdosen sie tatsächlich erhalten, und können ihren Patienten deshalb nur ganz kurzfristig Termine anbieten“, weiß Martin Eulitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Der organisatorische Aufwand sei extrem groß.
Manche Ärzte und deren Personal bekämen auch den Unmut ungeduldiger Impfwilliger zu spüren, weshalb sich einige KVB-Mitglieder bereits aus dem Impfbetrieb zurückgezogen haben. Aktuell bieten etwa 7200 der 17.700 Haus- und Facharztpraxen in Bayern Corona-Impfungen an.

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