Nach dem Lockdown

Erkältungswelle: Kinderarztpraxen sind voll wie sonst im Winter

26.7.2021, 18:30 Uhr
"Das ist komplett verdreht": Viele Kinder kommen jetzt mit grippalen Infekten in die Arztpraxen.

© Robert Kneschke, Fotolia "Das ist komplett verdreht": Viele Kinder kommen jetzt mit grippalen Infekten in die Arztpraxen.

An sich wäre das Wartezimmer in der Praxis des Zirndorfer Kinderarztes Dr. Michael Hubmann in diesen Wochen so voll wie sonst im Winter. Dafür sei jetzt gewissermaßen „die Straße voll“, sagt Hubmann. Das hat mit der Pandemie zu tun.

Um überfüllte Wartezimmer zu vermeiden, händigt die Praxis ihren Patienten inzwischen Funkmeldeempfänger aus, so genannte Pager, wie man sie auch aus der Gastronomie kennt. Sie signalisieren dem Einzelnen, wann er an der Reihe ist; bis dahin kann er sich auch draußen aufhalten, in der Nähe der Praxis.

Auch der Fürther Kinder- und Jugendarzt Dr. Michael Veh-Hölzlein spricht von einer „Erkältungswelle“, wie er sie „im Sommer noch nie erlebt“ hat. „Das ist komplett verdreht“, sagt er. „Ich hatte noch nie so viele kranke Kinder und Jugendliche.“ Es seien doppelt so viele wie sonst um diese Zeit. Die meisten kämen mit Symptomen wie Fieber, Husten, Halsschmerzen und Heiserkeit, in der Regel handle es sich „zum Glück“ um zwar akute, aber harmlose grippale Infekte.

Betroffen sind laut Veh-Hölzlein vor allem kleine Patienten im Krippen- und Kindergartenalter. Das Immunsystem befindet sich bei ihnen noch im Aufbau und will trainiert werden. Dazu bedürfe es einer gewissen Anzahl von Infekten.

Seine Erklärung: Weil die Kinder in den Lockdown-Phasen überwiegend zu Hause waren und wenig Außenkontakt hatten, bestand auch wenig Ansteckungsgefahr – was bezogen auf das Coronavirus durchaus erwünscht war. Die Erkältungen mitten im Sommer nennt er „Nachholinfekte“, sein Kollege Hubmann spricht vom „Reboundeffekt“. Nach einer Ruhephase gebe das Abwehrsystem wieder Gas. Es handelt sich um ein Phänomen, das keineswegs nur in Fürth zu beobachten ist.

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