Tag der offenen Tür

Erlangen: Forum für Psychologie öffnet die Pforten

18.6.2021, 10:40 Uhr
Die Angst vor der Corona-Impfung ist ein Hinweis auf tiefer sitzende emotionale Probleme. Dem kann entgegengesteuert werden.

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa Die Angst vor der Corona-Impfung ist ein Hinweis auf tiefer sitzende emotionale Probleme. Dem kann entgegengesteuert werden.

Die Nerven liegen blank. Polizisten, Sanitäter und andere Helfer berichten von rabiaten Reaktionen, wenn sie nachlässige Passanten auf Maske und Coronaschutz hinweisen. Da werde gekratzt, gespuckt, beschimpft, geschlagen und getreten. Ein bei aller Brutalität bestürzend infantiles Verhalten. „Ein Zeichen von Regression, von kindlicher Verhaltensweise“, diagnostiziert Marion Dunkel. „Letztendlich ist ein solches Verhalten kein Symptom der Pandemie, sondern zeigt auf, was in den Leuten immer noch brodelt.“ So gesehen, wirke Corona mit allen Folgeerscheinungen und Restriktionen wie ein Brennglas, das tief vergrabene Konflikte in der Persönlichkeit beleuchtet und wieder hervorholt.

Wut ist keine Primär-Emotion

Wer Wut für eine Primär-Emotion hält, liege falsch, meint Dunkel. Zuerst stehe die Verunsicherung, die Hilflosigkeit in einer bestimmten Situation. Der hilflose Mensch sucht emotional einen Ausweg und springt rasant in eine bestimmte Verhaltensweise. Wut ist nur eine davon. Angst und Trauer andere. Oder eben auch Tatkraft. Oft folgt der Sprung in diese oder jene Verhaltensweise einem bestimmten Muster, das dem Betreffenden unbewusst ist. Letztendlich sind die Menschen nicht nur mit einer Pandemie konfrontiert, sondern mit all ihren angesammelten und unbewältigten Befürchtungen, Ängsten und Nöten.

Angst ist auf die Zukunft gerichtet

Wie also damit umgehen? Es gehe eigentlich darum, einzusehen, dass die Angst weniger mit der Situation im Hier und Jetzt zu tun hat, als dass sie vielmehr auf die Zukunft gerichtet ist. Wie wird die Welt morgen aussehen? Habe ich noch meine Arbeit? Sind noch alle heil und gesund? Oder werde ich krank und bedürftig? All diese Zukunftsängste werden gespeist durch prägende Erfahrungen aus der Vergangenheit, aus der Kindheit und dem Verhalten der Eltern. Die wiederum allesamt von der Kriegserfahrung geprägt waren.

Den Bezug zu sich selbst verlieren

Wenn also jemand zurückscheut, sich gegen Corona impfen zu lassen, so stünden dem Therapeuten zwei Wege offen, meint Marion Dunkel: „Ich kann ihm alle medizinischen Informationen über Chancen und Risiken einer Impfung zukommen lassen. Oder ich kann mit ihm zusammen herausfinden, welche Emotionen hinter dieser Angst stecken. Durch Angst verliert man den Bezug zu sich selbst. Ängste bringen uns von uns weg. Das Erkennen dieses Vorgangs gibt uns die Chance, dass wir uns wieder selbst fühlen können. In jeder Krise steckt auch der Schlüssel zu ihrer Lösung.“

Marion Dunkel, Ärztin und Vorsitzende des gemeinnützigen Erlanger Vereins für psychologische Bildung und alternative Heilverfahren

Marion Dunkel, Ärztin und Vorsitzende des gemeinnützigen Erlanger Vereins für psychologische Bildung und alternative Heilverfahren © Karoline Glasow

Suche nach dem Schlüssel zur Psyche

Die grundlegende Frage lautet demnach nicht: Wo ist der Schlüssel? Sondern: Was hindert mich daran, ihn zu suchen? Dass solch ein Umdenken nicht wie ein Kippschalter von einer Sekunde auf die andere funktioniert, muss im Zeitalter der schnellen Lösungen jedem klar sein. Wie lang der Weg auch ist, der erste Schritt ist schon mal der richtige Ansatz.

Der Tag der offenen Tür am Samstag, 19. Juni, von 10 bis 18 Uhr in der Anna-Goes-Straße 26 in Eltersdorf statt. Weitere Infos auf der Homepage www.gesundung-erlangen.de

Keine Kommentare