150 Feldbetten stehen in der Sporthalle in Erlangen bereit

12.9.2015, 06:00 Uhr
150 Feldbetten in Reih’ und Glied: Die Sporthalle der Realschule am Europakanal ist für die Ankunft der Asylbewerber gerüstet.

© André De Geare 150 Feldbetten in Reih’ und Glied: Die Sporthalle der Realschule am Europakanal ist für die Ankunft der Asylbewerber gerüstet.

Die LED-Anzeige in der Turnhalle bekommt von einem Moment zum nächsten eine ganz neue Bedeutung: „Heim: Gast“ ist auf der Tafel im Sportgebäude der Realschule am Europakanal zu lesen. Normalerweise ist mit „Gast“ eine auswärtige Mannschaft gemeint, Sportler, die für ein Spiel kommen und wieder gehen.

Schon an diesem Wochenende könnten sich in dem Raum ganz besondere Gäste aufhalten, Menschen, die vor Krieg und Zerstörung geflüchtet sind und nun eine neue Heimat — oder wie es auf dem Schild heißt, ein anderes, ein sicheres „Heim“ suchen.

Feldbetten für rund 150 Flüchtlinge sind bereits aufgestellt, auch Tische und Bänke sowie weitere Toilettenanlagen hat das Krisenteam aus Vertretern von Stadt, Rettungskräften und Wohlfahrtsverbänden über Nacht in die Halle gebracht. Flugblätter, die in verschiedenen Sprachen auf Fluchtwege, Notausgänge und Röntgentermine hinweisen, liegen zum Aufhängen bereit.

Womöglich schon am Samstag ziehen die ersten Flüchtlinge in die Sporthalle ein. Ob und wann das sein wird, weiß Christofer Zwanzig, der Sprecher der Stadt, auch einen Tag vorher nicht: „Wir haben einen Vorlauf von sechs Stunden“, sagt er, „dieser Zeitraum liegt zwischen der Ankündigung, dass Asylbewerber auf dem Weg sind und ihrer Ankunft in Erlangen.“

Wie schnell es dann auch immer gehen muss: Die Stadt Erlangen ist gewappnet. Die Halle wartet auf ihre neuen Bewohner — ebenso wie Direktor Markus Bölling.

Der Schulleiter macht sich noch einmal selbst ein Bild davon, wie sein Haus jetzt, als Notunterkunft für Flüchtlinge aussieht. Für ihn sei es selbstverständlich, die Tore seiner Schule für Menschen in Not zu öffnen. Dass in dieser Zeit der Sportunterricht nur im Freien stattfinden kann, stört ihn nicht.

Zudem könne man diese Stunden durch Theorie in anderen Fächern ersetzen oder — was ihm fast noch mehr am Herzen liegt — die freigewordene Zeit nutzen für Kontakte zwischen Schülern und Flüchtlingen.

Quartier soll  keine Dauerlösung sein

Auf Dauer sei das keine Lösung, betont Bölling — und meint das nicht nur mit Blick auf ausgefallene Unterrichtsstunden, sondern auf die Schutzsuchenden selbst: „Auch Flüchtlingen ist es nicht zuzumuten, einen langen Zeitraum zusammengepfercht in einer Turnhalle zu leben.“

Mit den immer neuen Flüchtlingen kommen auch immer mehr Kinder und Jugendliche. Wie viele die Stadt am Schulbeginn in Klassen unterbringen muss, kann derzeit niemand sagen. Fest steht: An der Berufsschule werden drei Klassen für jugendliche Flüchtlinge eingerichtet, zudem mehrere Ü-Klassen an drei Grund- und Mittelschulen. Das „Ü“ steht für Übergangsklasse. Schulpflichtige Kinder, die aus dem Ausland kommen, sollen in solchen Klassen Deutsch lernen, bis sie dem Unterricht in einer „Regelklasse“ folgen können.

Ob die personellen Kapazitäten und die Qualifizierung der Lehrer dazu ausreichen, ist für Bildungsreferent Dieter Rossmeissl fraglich: „Mehr wissen wir erst in einigen Wochen.“

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Wie können Bürger, Firmen und Institutionen den Flüchtlingen helfen? Eine Übersicht einiger Projekte finden Sie hier.

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