Bewährungsstrafe für Rentner

Rentner zerkratzt aus Wut 62 Autos in Erlangen - Jetzt steht er vor Gericht

25.7.2021, 12:40 Uhr
Das Erlanger Amtsgericht.

© Ulrich Schuster Das Erlanger Amtsgericht.

Er weiß, dass er Mist gebaut hat. Das gibt der Angeklagte vor Gericht auch unumwunden zu. "Was ich gemacht habe, tut mir leid. Ich entschuldige mich dafür, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen." Das kann er in der Tat nicht. Im Gegenteil: Er wird wohl den Rest seines Lebens mit finanzieller Schadenswiedergutmachung beschäftigt sein. Immerhin hat er einen Schaden von rund 160.000 Euro angerichtet.

Auf Parkplätzen von Autohäusern

Die Anklageschrift listet insgesamt 16 Fälle von Sachbeschädigung auf. Dabei hat die Staatsanwaltschaft auch mehrere Taten zusammengefasst, die der Rentner jeweils in einer Nacht angerichtet hat. Angefangen hat die Zerstörungsorgie im Februar 2020, als der Angeklagte auf dem Parkplatz des Autohauses Porisch in Erlangen sechs Autos zerkratzte. Dann war die Wut offenbar erstmal verraucht, flammte aber nach dem Lockdown mit Ausgangssperre im September wieder auf.

Und dann ging es Schlag auf Schlag. Zwischen September 2020 und Februar 2021 zog der Angeklagte des Nachts immer wieder los und zerkratze Autos auf den Parkplätzen der Autohäuser Porisch und Fink - mal nur ein Auto, mal vier oder fünf, einmal sogar 13. Die Einzelschäden lagen zwischen 1350 Euro und 28.600 Euro.

Sein eigenes Leben ruiniert

Die Schäden beim Autohaus Porisch hat er mit 20.000 Euro bereits wieder beglichen, mehr hat er aber nicht. "Er hat sich letztlich sein eigenes Leben ruiniert", meint sein Verteidiger. Denn das Autohaus Fink bzw. dessen Versicherung wird sicher die Schadenssumme von 140 000 Euro von dem Rentner fordern.

Vor Gericht gibt er jedenfalls alles zu, bereits bei der polizeilichen Vernehmung war er geständig. Das rechnet ihm Richterin Birgit Griem auch hoch an, habe es doch eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart.

Er wollte sich rächen

Als Motiv nennt der Verteidiger Zorn auf die Autohäuser, weil sich sein Mandant "hundsgemein behandelt gefühlt hat". Das bestätigt der 67-Jährige und erzählt, dass er bei beiden Häusern mehrere Autos gekauft habe und es immer irgendwelche Streitigkeiten gegeben habe. Einmal beispielsweise habe man ihm einen Wagen als unfallfrei verkauft, was sich im Nachhinein als gelogen herausstellte. Und diese Wut habe sich eben aufgestaut und er wollte es ihnen heimzahlen und sich rächen. Bei seinen Taten verwendete der Rentner wechselweise eine Schraube, ein Messer oder einen Schlüssel.

Bisher sei sein Mandant ein "kreuzbraver, unbescholtener Bürger" gewesen, der keine Vorstrafen vorzuweisen habe, betont sein Verteidiger und verweist auch auf dessen Schuldeinsicht und Reue. Er fordert eine Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung. Der Staatsanwalt liegt mit sechs Monaten nur knapp darüber. Doch die Richterin sieht das ganz anders. Sie verhängt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten.

"Jedes Hühnerauge zugedrückt"

Sie sieht vor allem die enorme Schadenshöhe und auch die lange Dauer, über die sich die Taten gezogen haben. "Wann ist Ihre Wut verraucht?", stellt Sie sich die Frage. Und schließlich müsse man für alle 16 Taten erstmal Einzelstrafen bilden. Die setzt Griem mit einem bis sieben Monaten an, je nach angerichtetem Schaden. In ihrer vorherigen Berechnung für eine Gesamtstrafe sei sie dabei auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe gekommen. Und nur indem sie "jedes Hühnerauge zugedrückt" habe, könne sie ein Jahr und vier Monate aussprechen.

"Das Argument des Verteidigers, dass Sie sich Ihr eigenes Leben ruiniert haben, hat nachgewirkt", sagt Griem zu dem Rentner. Dennoch sei so ein persönlicher Rachefeldzug kein akzeptabler Weg, es hätte Alternativen gegeben. "So gehen Sie als bitterer Verlierer vom Platz."

Die Bewährungszeit legt Birgit Griem auf zwei Jahre fest und stellt dem Rentner einen Bewährungshelfer zur Seite. Zusätzlich muss der 67-Jährige noch 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

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