Abrechnungsaffäre bringt ASB an den Rand der Insolvenz

30.8.2019, 19:15 Uhr
Die Abrechnungsaffäre stürzt den ASB im Freistaat in existenzielle finanzielle Nöte.

© Foto: Hinterberger Die Abrechnungsaffäre stürzt den ASB im Freistaat in existenzielle finanzielle Nöte.

Intern ist davon die Rede, dass auf den Wohlfahrtsverband am Ende Rückforderungen in Höhe von über sechs Millionen Euro zukommen könnten. Die zur Verfügung stehenden eigenen Mittel reichen dafür bei weitem nicht aus. Sie deckten etwa die Hälfte dieser Summe.

Die Zentrale Abrechnungsstelle für den Rettungsdienst (Zast) habe bereits zugesagt, die Rückzahlung nicht sofort fällig zu stellen, sondern die Möglichkeit einer Ratenzahlung einzuräumen. Zustimmen müssen dem allerdings noch die geschädigten Krankenkassen. Sie, und damit alle Beitragszahler, kommen für die hohen Kosten im Rettungsdienst auf. Allein im Freistaat werden pro Jahr rund 700 Millionen Euro umgesetzt.

Bitte um Kredite und Darlehen

Bayerns ASB-Spitze will außerdem Gespräche mit Banken über Kredite führen. Zudem gibt es bittende Anfragen aus Erlangen nach Darlehen bei anderen ASB-Gliederungen, um millionenschwere Rückforderungen bedienen zu können, mit denen "in absehbarer Zeit" zu rechnen sei, wie es heißt. Und es wird nach Einsparpotenzialen gesucht. Man müsse aber auch Überlegungen anstellen, notfalls "rechtzeitig" einen Insolvenzantrag zu stellen.

Wie die Nürnberger Nachrichten im April aufdeckten, haben Mitarbeiter in der Erlanger ASB-Zentrale die jährlichen Abrechnungen anhaltend manipuliert. Die einzelnen regionalen ASB-Gliederungen reichten ihre Aufstellungen in der Landesgeschäftsstelle ein, dort hatten Führungskräfte die Beträge einzelner Positionen nach Lust und Laune nach oben frisiert. Sie gingen dabei so geschickt vor, dass die Tricksereien seit 2009 weder der Zentralen Abrechnungstelle für den Rettungsdienst (Zast) noch den Krankenkassen auffielen. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte der ASB Wirtschaftsprüfer eingeschaltet, die den Vorgang kürzlich bestätigten.

Inzwischen wachsen die Sorgen regionaler ASB-Gliederungen. Man gehe, so heißt es in einem Schreiben, unter den gegebenen Umständen und nach den Bestimmungen der gesetzlichen Insolvenzordnung von einer Zahlungsunfähigkeit des ASB-Landesverbandes aus. Um die Eröffnung eines entsprechenden Antrages zu vermeiden, wird vom bayerischen ASB-Vorstand verlangt, "ohne schuldhaftes Zögern einen den insolvenzrechtlichen Anforderungen genügenden Finanzplan" aufzustellen. Die ASB-Regional- und Kreisverbände seien hierüber unverzüglich und umfassend zu informieren. Die Besorgnis scheint groß zu sein, denn es wird um Rückmeldung "binnen Wochenfrist" gebeten. Die ist abgelaufen.

Finanzieller Kollaps

Ob der aufgebrachte ASB–Funktionär Antwort aus Erlangen bekommen hat, ist offen, Tatsache aber ist, dass Landesgeschäftsführer Lang händeringend nach einem Weg sucht, den drohenden finanziellen Kollaps seines Wohlfahrtsverbandes abzuwenden, der durch langjährige Machenschaften eigener Führungskräfte derart in Schieflage geraten konnte.

Die beiden Hauptverantwortlichen für die aktuelle Misere, Thomas Klüpfel, den langjährigen Vorgänger Langs, und Klüpfels engen Mitarbeiter Timothy Wolf, hat der ASB mittlerweile fristlos entlassen. Zunächst war von einer "vorübergehenden" Freistellung gesprochen worden.

Der Landesvorstand mit dem früheren SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann und seinem Stellvertreter, dem Fürther Horst Arnold, Chef der SPD-Landtagsfraktion, an der Spitze, fühlt sich in keiner Weise veranlasst, Verantwortung für die Krise zu übernehmen. Arnold will sich allerdings "überlegen", ob er angesichts der Anforderungen, die mit der Bewältigung der Affäre verbunden sind, weiter für den Posten zur Verfügung stehen soll, wie er auf Anfrage sagte. Wahlen sind beim ASB im nächsten Frühjahr.

Unverständnis auch außerhab der Landesgrenzen

Und Pfaffmann, der zunächst ebenfalls alle Vorwürfe zurückgewiesen hatte, ergeht sich in einem Gespräch mit unserer Zeitung in Selbstmitleidsbekundungen. Er sei vielleicht etwas zu gutgläubig gewesen und heute sprachlos darüber, was sich in Erlangen in einem "gigantischen" Ausmaß abgespielt habe. Alles ein großer "Vertrauensmissbrauch". Er selbst sei dagegen machtlos gewesen.

In Kreisen außerhalb des ASB Bayern stößt der Umstand auf großes Unverständnis, dass gegen Klüpfel und Wolf nicht längst vereinsrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden. Aufgrund ihres schwer vereinsschädigenden Fehlverhaltens dürfe hier als schärfstes Mittel der Ausschluss aus dem ASB angezeigt sein. Dafür ist der Landesvorstand zuständig. Doch der ist offenbar weit davon entfernt, solche Schritte einzuleiten. Pfaffmann gehört auch zum Vorstand des ASB-Regionalverbandes Augsburg, gemeinsam mit drei weiteren Mitstreitern. Mit dabei ist Thomas Klüpfel.

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