Alexander Megos aus Erlangen: Das große Träumen beginnt

28.5.2019, 19:12 Uhr
Alexander Megos aus Erlangen: Das große Träumen beginnt

© Foto: Johann Groder/afp

Er hatte zwar ein Smartphone, doch meistens kletterte er an irgendeinem Fels herum. Handyempfang Fehlanzeige. Und das war dem jungen Erlanger, der schon als 19-Jähriger Sportgeschichte geschrieben hat, wahrscheinlich gerade recht. Denn eigentlich wollte er nie etwas anderes machen als Klettern.

Das zumindest hat sich nicht verändert. Auch jetzt will Megos jeden Tag trainieren. Nur die Natur, die sieht er nicht mehr so häufig. Aus einem der besten Fels-Kletterer der Welt soll einer der besten Wettkampf-Kletterer der Welt werden. Im vergangenen Jahr war Megos so erfolgreich wie nie zuvor, bei der Weltmeisterschaft holte er in seiner Parade-Disziplin Lead Bronze, kurz zuvor hatte er seinen ersten Weltcup gewonnen.

Und plötzlich saß er da, in Flip Flops auf dem Podium, und musste Fragen fremder Journalisten zu den Olympischen Spielen beantworten. Auf einmal war Megos ein Kandidat für Tokio 2020. Ob er das wollte, wusste er damals noch nicht. Jetzt weiß er es: Das Ziel ist Olympia.

Besser erreichbar ist Alexander Megos deshalb immer noch nicht. Nun allerdings, weil er für Wettkämpfe durch die ganze Welt jettet oder weil er sich vor Interviewanfragen kaum mehr retten kann. Seine Heimatzeitung aber ruft er zurück, eines Vormittags auf dem Weg zum Training in Nürnberg. Viel Zeit bleibt nicht, und so rauschen Fragen und Antworten durch das Telefon.

Einmal hält Megos an. An der Autobahnausfahrt Erlangen-Tennenlohe nimmt er zwei Wandergesellen mit. "Allerdings nur eine Ausfahrt, dann muss ich runter. Doch vielleicht haben sie dort bessere Chancen." Das Interview geht trotzdem weiter, nun eben mit zwei Live-Zuhörern. Sie erfahren nun auch, dass sich Megos in der Zeit vor Weihnachten für Olympia entschieden hat. Beziehungsweise dafür, den Versuch zu starten, sich dafür zu qualifizieren.

Dem hat er nun alles untergeordnet. Damit Klettern olympisch wird, wurde für Tokio 2020 extra die Mehrkampf-Disziplin Olympic Combined geschaffen. Die Sportler messen sich also nicht nur im Lead, sondern auch im Speed-Klettern und Bouldern. Für Megos sind nun also alle drei Kategorien wichtig. "Meine Felsprojekte muss ich hintan stellen, deshalb werde ich dieses Jahr sehr wenig am Fels sein."

Doch die Chance Olympische Spiele, das größte Ziel aller Sportler, zieht dann doch. "Es wäre vermutlich cool, dabei zu sein", sagt Megos gewohnt unaufgeregt. "Verrückt machen" will er sich wegen der Qualifikation sowieso nicht. Doch er sagt auch: "Ich bin fokussiert auf mein Ziel."

Zwei Chancen

Die Kletterer haben zwei Möglichkeiten, sich einen Startplatz für Tokio zu erkämpfen. Entweder schaffen sie es bei der WM Ende August im Olympic Combined unter die Top sieben. Oder sie überzeugen beim Olympischen Qualifizierungs-Wettbewerb Ende des Jahres. Die besten 20 Athleten aus der Wertung aller Weltcups treten dort in Toulouse an.

Alexander Megos wird vor allem im Lead punkten müssen. Im Speed reicht dann eine "okaye" Platzierung und im Bouldern eine gute. So seine Rechnung. Aktuell finden die Wettbewerbe im Klettern in Absprunghöhe statt. Beim Boulder-Weltcup in München kam Megos jüngst bis ins Halbfinale, gemeinsam mit zwei weiteren Deutschen, Afra Hönig (DAV Landshut) und Jan Hojer (DAV Frankfurt/Main), der am Ende Dritter wurde. Mehr als 4000 Zuschauer waren vor Ort.

Im Halbfinale hatte es Alexander Megos am dritten Problem noch einmal richtig spannend gemacht: Er schaffte die Route 19 Sekunden vor Ablauf der Zeit – nach neun Versuchen. Eine immense Kraftanstrengung. "Das war der Boulder, der mir am wenigsten gelegen hat. Den Sprung habe ich gerade so geschafft. Ohne den hätte ich gar keine Chancen aufs Finale gehabt."

Ausschlaggebend aber war der vierte Boulder. Hier scheiterte Megos bei allen Versuchen, so dass es insgesamt nur für Rang zehn reichte. "Im ersten Moment war ich enttäuscht", sagt der 25-Jährige. "Doch Bouldern ist nicht meine Haupt-Disziplin und die Leistungsdichte ist extrem." Das Ziel sei das Halbfinale gewesen – und das hatte er ja geschafft.

Der Erlanger ist also zufrieden, vor allem angesichts seiner schwierigen Vorbereitung. "Ich hatte eine kleinere Verletzung und konnte ein paar Wochen nur eingeschränkt trainieren. Ich konnte nicht klettern gehen."

Eine Sehne im Finger war abgerissen. "Es hat gedauert, bis ich wieder auf meinem Leistungsstand war. Die letzten Monate war ich im Aufbautraining. Und dann gingen auch schon die Wettkämpfe los." Wer den ehrgeizigen Sportler kennt weiß, wie schwierig das gewesen sein muss.

"Ich bin zufrieden", sagt Alexander Megos noch, "doch ich bin nicht da, wo ich sein wollte." Dass er schon wieder zur Weltspitze gehört, kam allerdings für ihn schon überraschend. "Ich hoffe jetzt auf die zweite Hälfte des Jahres." Beim Lead-Klettern will er für sich am meisten herausholen. Davon, so scheint es, hängt alles ab. Auch die Olympischen Spiele.

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