Alles für Olympia: BMX-Fahrerin Rosenmüller in Stuttgart

26.1.2020, 15:00 Uhr
Alles für Olympia: BMX-Fahrerin Rosenmüller in Stuttgart

© Foto: Mandy Rosenmüller

Mit ihrer Mama telefoniert sie jeden Tag. Manchmal sogar mehrfach, morgens und abends. Die Familie, das war schon immer so, ist Jennifer Rosenmüller wichtig. Mutter Mandy und ihre drei Kinder halten zusammen, selbst in schwierigen Zeiten war das so. Auch jetzt, obwohl die Tochter nicht mehr zu Hause wohnt. Sie ist ausgezogen und hat ihre Familie verlassen müssen. Alles für den Sport.

Seit eineinhalb Jahren ist Jennifer Rosenmüller nun schon in Stuttgart. Sie gilt als eines der größten Talente im BMX. In Deutschland hat sie schon lange keine Konkurrenz mehr, Rosenmüller gewinnt Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften, arbeitet auf die Olympischen Jugend-Spiele hin. Bei der Wahl zu Erlangens Sportlerin des Jahres belegte sie 2018 Platz zwei ganz knapp hinter Langstreckenschwimmerin Marie Graf.

Doch in ihrer Heimat, das wurde auch klar, konnte sich Rosenmüller nicht mehr weiterentwickeln. Sie musste weggehen und entschied sich für den Olympiastützpunkt in Stuttgart. "Man gewöhnt sich daran", sagt die 15-Jährige. "Am Anfang war es komisch für mich, ich habe viel geweint. Jetzt bin ich älter geworden. Die Zeit mit meiner Familie genieße ich nun viel, viel mehr. Es ist anders als bei anderen Jugendlichen, die von ihren Eltern genervt sind."

In Stuttgart gibt es die besten Trainingsmöglichkeiten des Landes. "Wir haben hier eine Olympia-Strecke, viele Trainer, eigene Physiotherapeuten und einen Wellness-Bereich", sagt Rosenmüller. "Täglich kann ich auf mein großes Ziel hinarbeiten." Alles ist auf Leistungssport ausgerichtet. Zehn Fahrer gibt es aktuell in der Gruppe für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren, eine davon ist Jennifer Rosenmüller. Danach folgt schon die Elite-Klasse, die für Olympia trainiert. Das ist ihr Ziel.

Auch Nadja Pries, die es 2016 zu Olympia geschafft hat, trainiert oft in Stuttgart. Beide BMX-Fahrerinnen sind Mitglied im RC 50 Erlangen. Doch während Pries noch für ihren Heimatverein startet, hat sich Rosenmüller für einen Wechsel entschieden. Bislang bereut sie ihre Entscheidung nicht. "Am Anfang war es schwierig, reinzukommen, man ist sehr auf sich alleine gestellt. Manchmal hatte ich keine Lust mehr und wollte nur nach Hause."

"Ich vermisse meine besten Freunde zu Hause"

Mittlerweile hat sich die Erlangerin an ihre neue Umgebung gewöhnt. "Ich trainiere jeden Tag", sagt sie. "Im Internat bin ich gut aufgehoben." Alles sei allerdings viel "strikter" als zu Hause: Schule, Mittagessen, Training, Hausaufgaben. Viel Freizeit bleibt nicht. Doch dafür ist Rosenmüller ja auch nicht umgezogen. Freitags fährt sie nach Hause nach Erlangen. Das tut der BMX-Fahrerin gut. "Ich brauche manchmal einfach ein paar Tage Pause, damit ich danach wieder frisch anfangen kann." Sonntag geht es zurück.

Alles für Olympia: BMX-Fahrerin Rosenmüller in Stuttgart

"Am OSP (Olympiastützung, d. Red.) und im Internat habe ich nun auch Freunde gefunden." Zunächst wohnte Rosenmüller im Sportinternat in einem Doppelzimmer. Jetzt hat die 15-Jährige ein Zimmer in einer WG. "Alle Mitbewohnerinnen sind Sportler, vom Turnen, Fußball oder Volleyball. Und wir sind nur Mädchen, die in der Schule ihren Abschluss machen." Das sei nun viel ruhiger und besser zum Lernen. "Ich vermisse aber meine besten Freunde zu Hause." Deshalb freut sie sich immer, nach Erlangen zu fahren.

Während der Saison allerdings ist Rosenmüller viel unterwegs, weltweit startet sie bei BMX-Rennen. "Ich habe hart trainiert, auch wenn ich am Anfang der vergangenen Saison schlecht gestartet bin." Das Heimweh belastete die Sportlerin, die ihre Leistungen so zunächst nicht auf die Bahn bringen konnte. "Ich kam oft nicht einmal ins Finale. Übers Jahr habe ich mich aber gesteigert", sagt Rosenmüller. "Ich habe herausgefunden, was ich machen kann, damit es mir besser geht."

"Man muss sehr viel opfern"

2019 holte sie bei den Europameisterschaften in ihrer Altersklasse Silber. Bei der WM lag die Erlangerin sogar auf Goldkurs. "Es war der beste Tag, den ich je hatte. Ich war überhaupt nicht aufgeregt, wollte den Sieg einfach nur heim bringen." Als Führende kam Rosenmüller im Finale aus dem Startblock, sie hatte viel Vorsprung. "Ich weiß nicht, was dann passiert ist." Auf dem Rad verlagerte sie das Gewicht zu weit nach hinten, "meine Position war komplett falsch". Rosenmüller konnte es nicht mehr kontrollieren und flog über den Lenker. "Dann war es für mich zu Ende." Verletzt hatte sie sich dabei nicht, zumindest nicht körperlich. Die Niederlage aber schmerzte natürlich sehr.

"Ich habe einen Monat gebraucht, um das zu realisieren. Immer wieder habe ich überlegt, was ich da gemacht habe. Ich war richtig sauer." Jetzt denkt sich Rosenmüller: "Es hat mich stärker gemacht. Ich möchte in diesem Jahr bei der WM zeigen, dass ich gewinnen kann." Die Saison beginnt im März. In drei Jahren stehen die Olympischen Jugend-Spiele an. Um das zu erreichen, "muss man sehr viel von seinem normalen Leben opfern", sagt Rosenmüller. Sie hat selbst erfahren müssen, wie schwierig das sein kann.

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