Altstädter Kirche: Auferstanden aus der Asche

20.2.2021, 13:20 Uhr
Auch heute überragt die Altstädter Dreifaltigkeitskirche die sie umgebende Bebauung deutlich.

© Foto: André De Geare Auch heute überragt die Altstädter Dreifaltigkeitskirche die sie umgebende Bebauung deutlich.

1721 steht der Kirchenneubau im hochbarocken Stil und wird am 2. März im Beisein des Markgrafenpaares Georg Wilhelm und Sophie von Sachsen-Weißenfels eingeweiht. Am kommenden Sonntag, 21. Februar, 9.20 Uhr, wird das 300-jährige Bestehen der Kirche mit einem Festgottesdienst gefeiert.

Rechtwinkliges Straßenschema

So präsentierte sich die Kirche am Martin-Luther-Platz um das Jahr 1900.

So präsentierte sich die Kirche am Martin-Luther-Platz um das Jahr 1900. © Evang.-luth. Pfarramt Erlangen Altstadt

Nach dem Brand orientierte man sich am mehr oder weniger rechtwinkligen Straßenschema des neu erbauten "Christian-Erlang". Nur Schulstraße, Lazarettstraße und Adlerstraße blieben ausgenommen. Eine barocke Planstadt entstand, in deren Schema man auch den Kirchenneubau am heutigen Martin-Luther-Platz einpasste. 1288 stand an dieser Stelle noch eine dem Bistum Bamberg zugehörige Marienkapelle – genug für das Dorf "Erlangon", aus dem später die Stadt wuchs.

Zwölf Jahre Bauzeit

So sah die Kirche in den 1950er Jahren aus. 1960 wurde die Doppelempore ausgebaut, was der Akustik zugute kam.

So sah die Kirche in den 1950er Jahren aus. 1960 wurde die Doppelempore ausgebaut, was der Akustik zugute kam. © Evang.-luth. Pfarramt Erlangen Altstadt

Den Kirchenneubau packte man drei Jahre nach dem Großbrand an, zwölf Jahre brauchte es, das barocke Gotteshaus aus Quadersteinen hochzuziehen, die im "Pfarrgarten" am Erlanger Burgberg gebrochen wurden. Federführend waren der Baumeister Wenzel Perner, außerdem packte der aus Frauenaurach stammende, in "Christian-Erlang" lebende Architekt und Stuckateur Johann Georg Kannhäuser mit an. Von ihm stammt auch das sogenannte Muldengewölbe im Kirchenschiff, dessen geometrischer Stuck so etwas wie Kannhäusers Signatur darstellt.

55 Meter hoher Kirchturm

Die Innenansicht der Kirche aus den 1950er Jahren vor dem großen Umbau, dem unter anderem die obere Empore zum Opfer fiel. 

Die Innenansicht der Kirche aus den 1950er Jahren vor dem großen Umbau, dem unter anderem die obere Empore zum Opfer fiel. 

Der mit 55 Metern Höhe alle Nachbarhäuser weit überragende Kirchturm auf der westlichen "Schauseite" der Kirche entstand erst zwischen 1724 und 1726. Die Orgel stammt von dem in Franken sehr prägenden Orgelbaumeister Johann Christoph Wiegleb – ein Indiz dafür, dass die markgräfliche Altstädter Kirche von Anfang an als Konzertkirche geplant war. Ähnlich der Ansbacher Gumbertuskirche, in der ein Wiegleb-Instrument vor einigen Jahrzehnten rekonstruiert wurde. In Erlangen schlägt hinter dem 1720 entstandenen, 1760 vom Bamberger Georg Ludwig Krämer erweiterten Wiegleb-Prospekt seit 1961 ein Walcker-Herz aus Ludwigsburg, das Thomas Jann 1996/97 akribisch restauriert hat.

Bachchor singt zum Gottesdienst

Als dieser Blick auf die Kirche von der Schiffstraße aus aufgenommen wurde, beherrschten noch Pferdefuhrwerke das Bild in der Erlanger Alstatdt.

Als dieser Blick auf die Kirche von der Schiffstraße aus aufgenommen wurde, beherrschten noch Pferdefuhrwerke das Bild in der Erlanger Alstatdt. © Evang.-luth. Pfarramt Erlangen Altstadt

Seit langem pflegt der Bach-Verein Erlangen die Kirchenmusik an der Altstädter Dreifaltigkeitskirche; beim live gestreamten Festgottesdienst am Sonntag wird ein etwa zehnköpfiges Ensemble des Bachchores für die Umrahmung sorgen.

"Die Doppelempore der Kirche wurde bei der Renovierung 1960 entfernt, was der Akustik sehr förderlich war", weiß Pfarrer Dr. Peter Baumann, der sich unter anderem mit Pfarrer Jacek Kikut und Krankenhauspfarrerin Verena Winkler die seelsorgerische Arbeit an der evangelisch-lutherischen Kirche teilt. Jenseits der Corona-Pandemie versteht sich die Altstädter Kirche als lebendiger Konzertort, der mit Kirchenmusikdirektor Wieland Hofmann über einen überaus kreativen musikalischen Vordenker verfügt.

Kirchen im Umbauprozess

Altstädter Kirche: Auferstanden aus der Asche

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Die Kirchen sind gleichwohl mitten in einem Umbauprozess, die Arbeit der Geistlichen auch und gerade in Erlangen nicht einfach. Gläubigenschwund ist in der Universitätsstadt auch deshalb ein Thema, weil das Ladensterben zunimmt. "Viele Geschäfte haben in den letzten Jahren schon zugemacht, der Prozess wurde von Corona nicht ausgelöst, aber beschleunigt", sagt Peter Baumann.

Heterogene Gemeindestruktur

Verkomplizierend kommt laut Baumann hinzu, dass die Gemeindestruktur sehr heterogen ist: In den teilweise noch barocken Häusern der nördlichen Altstadt leben wenige Familien und viele Alleinstehende, bei denen Studierende einen hohen Prozentsatz ausmachen. Pfarrer Baumann und sein Team sind aber auch für Burgberg und Rathsberg zuständig, wo viele Wohlhabende wohnen. In der Studentenschaft gebe es nach wie vor einen nicht geringen Prozentsatz, der den Chor verstärke, erzählt Baumann. "Ein Drittel Fluktuation" sei in der Gemeinde allerdings normal.

Den gestreamten Online-Festgottesdienst am Sonntag, 21. Februar, ab 9.20 Uhr, gestaltet Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern. Auf www.https://www.erlangen-altstadt-evangelisch.de/ findet sich ein Link zum Youtube-Livestream.

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