Anton Salzbrunn: Ein pragmatischer Linker

12.9.2017, 16:49 Uhr
Anton Salzbrunn: Ein pragmatischer Linker

© Foto: Ralf Rödel

Im Falle eines Falles weiß Anton Salzbrunn bereits ein bisschen, was ihn in Berlin erwartet. "Ich habe im Bundestag schon Luft schnuppern dürfen", erzählt der Direktkandidat, der bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Erlangen 242 für die Linke antritt.

Zwischen 2010 und 2014 war der heute 64-Jährige als Büromitarbeiter seines Nürnberger Parteikollegen und Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg tätig und hatte sich in dieser Funktion vor allem um Pressemitteilungen für die Medien in Weinbergs fränkischer Heimat gekümmert.

An Sitzungen und Abstimmungen hat Salzbrunn im Bundestag auch schon als Zuhörer teilgenommen. Was ihn damals gewundert hat: "Manche stimmen anders als man es erwartet." So habe er erlebt, dass Abgeordnete, die zugleich Gewerkschafter sind, eher arbeitgeberfreundliche Positionen gebilligt hätten.

Dass das dem bayerischen Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) besonders negativ aufgefallen ist, liegt auf der Hand. Bei ihm würde es so etwas nicht geben. Auch jetzt, bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Stadtrat der Erlanger Linken (Erli), bringe er seine gewerkschaftliche Positionen ein. Da sehe er zwischen der Linken und der Gewerkschaft keine Differenzen.

Im Wahlkampf argumentiert Salzbrunn moderat, mehr pragmatisch als ideologisch. Messerscharfe Attacken, wie man sie etwa von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht kennt, sind seine Sache nicht. Wenn man ihn reden hört, denkt man gar nicht, dass er für die Partei antritt, die für große Teile des Regierungslagers im wahrsten Wortsinn ein rotes Tuch ist.

Die Schwerpunkte des Gewerkschaftsangestellten, der unter anderem als Lehrkraft in der Erwachsenenbildung tätig war, decken sich aber mit den zentralen Themen des Bundestagswahlkampfes 2017. So bezeichnet er die Bildungspolitik als sein wichtigstes Feld. "Die Investitionen in diesem Bereich müssen erhöht werden", sagt er — und zieht damit den Bogen von seinen Forderungen auf Bundesebene hin zur möglichen Umsetzung in der Kommune. "An der Michael-Poeschke-Schule", sagt er, "wird ein Teil der Fenster erneuert, obwohl alle ausgetauscht gehören."

Wenn es um Bildung geht, fällt dem GEW-Chef und Erlanger Kommunalpolitiker auch stets die Lage der Hochschule und der Studenten ein. "Wenn wir an den Unis das Personal aufstocken und für modernere und neue Räume sorgen, hat das auch Auswirkungen auf Erlangen." Dabei spiele es keine Rolle, ob man hier oder in der Nachbarstadt eingeschrieben sei, was zählt sei nur eines: "Man muss ordentlich studieren können". Dazu gehöre auch, dass es genügend (billige) Wohnheimplätze gebe.

Bezahlbarer Wohnraum

Die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes und die Einführung einer Kontrollinstanz für die Mietpreisbremse haben für Salzbrunn oberste Priorität. Ohnehin treibt ihn das Thema Wohnen besonders um: Bei der (umstrittenen) Nachverdichtung der früheren Housing Area hat er sich vor gut zwei Jahren in die Debatte eingeschaltet — nicht nur, weil er selbst in den ehemaligen US-Häusern in Erlangen lebt, die Angst seiner Nachbarn vor höheren Mieten kennt. Den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs möchte er ebenfalls vorantreiben — und auch hier bringt er Stichwort Stadt-Umland-Bahn, Erlangen und den Landkreis Erlangen-Höchstadt ins Spiel: "Es kann nicht sein, dass nur neue Schienen gefördert werden, aber keine solchen, die auf bestehenden Straßen verlaufen."

Die Politik in Berlin habe unmittelbare Folgen für Städte und Gemeinden hat, erläutert der Diplom-Betriebswirt. Das mache für ihn den Reiz seiner Bundestagskandidatur aus: "Wenn wir es schaffen, mehr Geld für all diese Dinge durchzusetzen, profitieren davon auch die Bürger vor Ort." Dazu, sagt er, möchte er in Berlin beitragen.

Die Chancen für ihn sind, realistisch betrachtet, doch eher gering: Ein Direktmandat zu erreichen, ist fast aussichtslos und der bayerische Listenplatz Nummer 14 verspricht auch nicht wirklich viel Hoffnung.

Dennoch will Salzbrunn um jede Stimme kämpfen. Es gebe immer mehr Menschen, auch Ingenieure und Wissenschaftler, bei denen seine Partei mit ihrer Sozial- und Friedenspolitik punkten könne.

Mehr als zwei Kilo weniger

Dafür nehme er die Strapazen des Wahlkampfes gerne in Kauf. Die Plakate klebt er mit rund 15 Helfern selbst, Salzbrunn legt dabei großen Ehrgeiz an den Tag: "Ich möchte, dass an vielen Plätzen im Stadtgebiet und in jedem Ortsteil im Landkreis möglichst zwei Poster an einem Ständer hängen."

Mehr als zwei Kilo hat er seitdem abgenommen, mit Fahrradfahren und Musikhören entspannt er sich. Seine Familie, Ehefrau und Tochter, stehen voll hinter seiner Kandidatur. Sogar seine Schwiegermutter unterstützt ihn, berichtet Salzbrunn. "Und die ist eigentlich CSU-Anhängerin."

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