Baiersdorfer baut Geigen für die Stars der Musikszene

18.5.2018, 15:00 Uhr
Baiersdorfer baut Geigen für die Stars der Musikszene

© Edgar Pfrogner

Bewertet werden dort neben den Instrumenten wie Geige, Bratsche oder Cello in eigenen Kategorien die dazugehörigen Bögen – und diese sind Kunstwerke für sich, wie bei einem Blick in die Werkstatt von Wanka an der Ricarda-Huch-Straße rasch deutlich wird. Hier hat er schon als kleiner Junge seinem Vater Herbert immer wieder über die Schulter geguckt. Dieser arbeitete viele Jahre bei dem anerkannten Bubenreuther Bogenbauer Gotthard Schuster, bis er sich 1971 selbstständig machte. Nachdem er zuvor bereits mitgeholfen hatte, wollte der Sohn nach dem Abitur die Familientradition weiterführen, absolvierte zunächst eine dreijährige Lehre und legte schließlich 2002 die Meisterprüfung im Vogtland ab.

In Kanada und in New York bei Bill Salchow, einer der Koryphäen im Bogenbau, verfeinerte er die Technik. "Erfahrung ist in diesem Beruf alles. Natürlich geht in den ersten Jahren mal was schief. Dann heißt es: analysieren und aus den Fehlern lernen", erläutert Christian Wanka.

Unabhängig davon, ob er in Mittenwald einen Preis gewinnt oder nicht, wird er die detaillierten Kommentare der Jurymitglieder genau studieren und prüfen, ob sich noch Kleinigkeiten optimieren lassen. Der 44-Jährige: "Alle Instrumente und Bögen, die eingeschickt werden, sind freilich von höchster Güte. Da entscheiden oft auch Vorlieben: Der eine Juror steht mehr auf diese Klangfarbe, einem anderen gefällt ein bestimmtes Design eben mehr als ein anderes."

Stars spielen auf Baiersdorfer Bogen

Professionelle Musiker spielen in Mittenwald mit den Bögen unterschiedliche Passagen und geben ihr Urteil ab. Kollegen des Baiersdorfers wiederum nehmen die handwerkliche Ausfertigung unter die Lupe.Doch wenn ein Händler einen Bogen mit dem Brandzeichen "Christian Wanka" in den Händen hält, weiß er längst um die besondere Qualität. "Wichtig ist, konstant ein hohes Niveau zu bieten, damit dann auch die Orchestermusiker oder Solisten von den Bögen begeistert sind", so Wanka, der vorwiegend nach Asien liefert, wo die klassische Musik noch mehr ein zentraler Bestandteil der Bildung ist als bei uns.

Auch die lettische Geigerin Baiba Skriede oder der britische Cellist Raphael Wallfisch spielen unter anderem mit einem Bogen, der einst in Baiersdorf gebaut wurde. Und wenn sich Wanka ein Konzert eines bedeutenden Orchesters ansieht, entdeckt er fast immer einen Streicher, der sich für einen Bogen aus seiner Werkstatt entschieden hat.Allerdings schwebt über den Bogenbauern ein Damoklesschwert: Hochwertige Exemplare werden nämlich nahezu ausschließlich aus dem Holz des Fernambukbaumes gefertigt. Dieser wächst nur in Brasilien und steht unter Artenschutz. Es dürfen lediglich Altbestände verwendet werden.

Zum Glück hat Wanka von seinem Vater noch zirka 1500 Stangen und etwa 15 Tonnen nicht aufgesägtes Holz in seinen Lagerräumen, was bis zu seinem Ruhestand leicht reichen dürfte. Spätere Generationen seines Berufsstands und letztlich auch die Musiker werden jedoch Probleme bekommen.

Cellospieler aus Testzwecken

Mit Restauratoren, Tischlern, Messerherstellern und anderen betroffenen Branchen haben die Bogenbauer eine Initiative gegründet, die in Brasilien neue Fernambukbäume anpflanzt. "Wir setzen auf ein nachhaltiges Wirtschaften", betont Wanka, der sich das Projekt vor Ort angesehen hat: "Nicht die Bogenbauer sind schuld an dem Missstand. Vielmehr verschwindet eine Vielzahl tropischer Bäume, weil mit riesigen Rodungen Raum für Zuckerrohr-, Palmen- oder Eukalyptusplantagen geschaffen wird." Früher gehörte auch ein Plättchen aus Elfenbein zu einem hochklassigen Bogen. 

Als Musiker für eine Tournee in die USA einreisen wollten, beschlagnahmte der Zoll sofort entsprechende Stücke. Der Manager des Ensembles hatte keine andere Wahl, als auf die Schnelle Bögen aus Carbonfiber zu organisieren und zu hoffen, dass die Kritiker nicht zu genau hinhören. Christian Wanka, der selbst "zu Testzwecken" Cello spielt: "Auch wenn inzwischen Fortschritte erzielt wurden, klingt ein Bogen aus Kohlenstofffasern anders als einer aus Holz, einfach schriller."

Bis er rundum zufrieden ist, arbeitet Christian Wanka im Schnitt 60 Stunden an einem Bogen, sägt, fräst, dreht, schnitzt, feilt und erwärmt ihn über dem Bunsenbrenner, um eine konkave Biegung zu erhalten, die exakt austariert sein muss. Der sogenannte Frosch, der passgenau eingefügt und mit dem der Haarbezug an der Bogenstange befestigt wird, ist traditionell aus Ebenholz, bei dem einzelne Arten ebenfalls nicht mehr geordert werden dürfen und weitere Verschärfungen zu erwarten sind.

Ausgiebige Tests

An Edlem ist das noch nicht alles. Die Topklasse bilden Goldbögen: Hier sind der Ring für die Spannvorrichtung am Frosch und andere Teile aus Gold. In den beiden nachfolgenden Klassen werden sie aus Silber beziehungsweise Neusilber gefertigt. Verzierungen und der Schub, mit dem der hohle Frosch abgedeckt wird, sind meist aus Perlmutt. Auch bei dem Lederstück für den Daumen des Streichers und die angrenzende Drahtumwicklung legt Wanka Wert auf eine kunstvolle und individuelle Gestaltung.

Der Haarbezug, mit dem die Saiten bespielt werden, besteht aufgrund der außergewöhnlichen Eigenschaften und der langen Haltbarkeit aus 160 bis 180 Haaren von Pferden aus der Mongolei. Bevor ein Bogen die Ricarda-Huch-Straße verlässt, prüft der Baiersdorfer ausgiebig alle Merkmale, nimmt neue Feinjustierungen vor, schlägt ihn gegen die Finger seiner Hand, hört genau hin, spürt die Vibrationen, geht noch einmal zurück zur Werkbank, prüft erneut.

Außer ihm nehmen Günter Kurt Waldau aus Röttenbach (Geige), Julian Dirr aus Erlangen (Geigenbogen), Hagen Weise aus Möhrendorf (Bratsche) sowie die beiden Bubenreuther Bernd Dimbath (Cello) und Oswald Weiss (drei Bögen für Violine, Viola und Cello) an dem Wettbewerb in Mittenwald teil, der alle vier Jahre stattfindet. Vladimir Havlik, ebenfalls aus Bubenreuth, hatte sich mit drei Bögen angemeldet, musste aber aufgrund einer Verletzung leider kurzfristig absagen.

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