"Blutbad auf den Tasten"

18.3.2019, 18:50 Uhr

Unter dem Motto "Dona nobis pacem" stellte das Ensemble Avantgarde den 100. Geburtstag der russischen Komponistin Galina Ustwolskaja in das Zentrum seines Programms. Steffen Schleiermacher, der informativ durch das sperrige Programm führte und den horrenden Klavierpart des vierköpfigen Ensembles übernahm, lobte das Publikum für sein "Durchhaltevermögen". Er selbst – bekannter, anerkannter Spezialist in Sachen Avantgarde – bezeichnet sein Verhältnis zu den Werken von Galina Ustwolskaja als "labil", zwischen "unerträglich und banal" bis hin zu "fast magischer Wirkung".

Im Laufe des Abends ergibt sich das Bild einer eigenwilligen Komponistin, die ihre Psyche an ihren Werken auf- und noch mehr abarbeitet. Das beginnt mit der monorhythmischen "Sonate für Violine und Klavier":

Dürftig bis langatmig

Wie so oft bei Musik dieses Genres geht dies mit einem wortreichen Programmtext und von den Komponisten eigenmächtigen Erweiterungen der Notation einher. Das macht die Ausführung für die Musiker anstrengend und aufwendig, das klangliche Resultat bleibt dürftig bis langatmig, verkopft, auch wenn sich Andreas Seidel (Violine) und Steffen Schleiermacher redlich mühen.

Die 5. Klaviersonate von Ustwolskaja, 1986 komponiert, wird sinnfällig als "Dreschflegel" bezeichnet. Es ist eine Schinderei für den Pianisten. Schleiermacher beschreibt gar ein "Blutbad auf den Tasten", eine Tortur für das Instrument ist es ohnehin. Spätestens nach dem "sechsfachen Forte" und weiterer geforderter Brutalität des immer wieder angeschlagenen Tones "Des" als mutmaßlich destruktive, frustrierte Reminiszenz an Dmitri Schostakowitsch, ist das Instrument fällig und muss gestimmt und intoniert werden. Saitenrisse sind nicht auszuschließen. Ansonsten herrscht in der zehnsätzigen Sonate ohne Satzbezeichnungen rhythmische Langeweile, fortlaufende Gleichförmigkeit.

Vieles wirkt willkürlich

Das Publikum beschäftigt sich derweil teils lesend, das Handy checkend, gähnend oder leise wispernd. So ließe sich der anhaltende Schlussbeifall als Dankbarkeit für den nun endlich einsetzenden Frieden deuten. Wenig anders verhält es sich mit den drei dazwischen platzierten Werken von Morton Feldman. Willkürlich wirkt da vieles, so beschreibt das auch Schleiermacher. Es geht wohl in den sparsamen "Three Pieces" um lose Kompositionen gleich "chinesischen Kalligrammen" mit isolierten Klängen dazwischen. Die Komposition für Violine solo "Für Aaron Copland" hat leider keinerlei Bezug zu dessen Klangfülle und Klanglust. Willkürlichkeit, manieristisches Vokabular an Absurdität zeitigt auch "Spring of Chosroes" für Violine und Klavier.

So bleibt dieses Programm wieder ein Dokument von Avantgarde, selbstverständlich vom BR-Studio Franken aufgezeichnet und am 9. Mai um 22.05 Uhr auf BR-Klassik zu hören.

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