Christian Lindner referierte vor Erlanger Studenten

3.5.2018, 21:39 Uhr
Voll in seinem Element: Christian Lindner fühlt sich sichtlich wohl vor Publikum.

© Harald Sippel Voll in seinem Element: Christian Lindner fühlt sich sichtlich wohl vor Publikum.

Christian Lindner, FDP-Vorsitzender und deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag, hat im Rahmen eines Kolloqiums des Lehrstuhls für Politische Wissenschaft von Prof. Clemens Kauffmann, zwar die politische Wissenschaft nicht bereichert, aber mit großer Eloquenz einen Einblick in die aktuelle "Denke" des (oder der) Freidemokraten gegeben. 

Seine kurzweilige Tour d’horizon ("Ich bin hier als Objekt der Erkenntnis, also so eine Art Laborratte") reichte von der neuen weltpolitischen Konstellation "Autoritarismus vs. liberale Gesellschaften" – also Russland, China und die USA gegen Deutschland und Frankreich – bis fast zum angekündigten Thema eines demokratischen Europa, von dem aber nur die Erkenntnis blieb, dass man wichtige weltpolitische Fragen nur mit und nicht gegen Europa lösen könne.

Viel Platz räumte sich Lindner für klassische liberale Themen ein wie die Trennung von Kirche und Staat, von Religion und Verfassungsgrundsätzen. An die Adresse des neuen bayerischen Ministerpräsidenten richtete er den Appell, statt Kreuze lieber mehr Wlan-Antennen einzurichten – in einem "multi-kulturellen und multi-religiösen Land" dürfe der Staat nicht "Partei" sein, dürfe Religion nicht zu einer politischen Kategorie gemacht werden. Statt den Rechtspopulisten von der AfD nach dem Mund zu reden solle man lieber jene Probleme klein machen, die diese groß machten, sagte Lindner unter dem Beifall des (überwiegend studentischen) Auditoriums.

Kein gutes Haar ließ er an der seiner Ansicht nach gescheiterten Einwanderungspolitik Deutschlands, eines Landes, dass sich deren Negierung "als Lebenslüge" zurecht gelegt habe. Richtig sei aber, dass sich die Ankommenden integrieren müssten – Türkischkurse für Deutsche seien keine Lösung, wie er ironisch die Grüne Renate Künast kolportierte. Und aus dem rheinischen Karneval habe er gelernt, dass die Deutschen erst positiv reagierten, "wenn sie mit Karamellen überschüttet werden" – eine Methode, die sich offensichtlich die Große Koalition ebenso zu eigen gemacht habe wie der neue bayerischen Ministerpräsident. Statt gutes Geld herzugeben, sollten gutes Recht und faire Regeln geschaffen werden und die deutschen Bildungsinstitutionen ausgebaut werden – in einer Universität, in der Decken herunterfallen, sicher kein schlechter Ratschlag.

Einen "Faktencheck" in der Diskussion überstand Lindner ("Sie sagen nicht die Wahrheit!") durch einen leise-polemischen Konter ("Viele Grüße an ihre Freunde von der Jungen Union"), seine Ablehnung des Kopftuchs als zu starkes "kommunikatives Signal" überstand auch den Einwand aus dem Publikum, dass in städtischen Kindertagesstätten auch Kopftuch-Frauen einen tollen Job machen.

Professor Kauffmann hatte die einstündige Verspätung Lindners mit einer improvisierten Lehrstunde in Sachen Staatsbürgerkunde und Verfassungsrecht überbrückt, die trotz der Kritik an der Einladung des "Selbstdarstellers Lindner" freundlich und entspannt blieb.

Verwandte Themen


1 Kommentar