Comoedia Mundi gastiert in Erlangen

29.9.2020, 15:00 Uhr
Comoedia Mundi gastiert in Erlangen

© Harald Hofmann

Ob Goethe, Schiller, Shakespeare oder Sophokles – Komödien wie Tragödien finden im Theater statt. Das sind im Idealfall prächtige Häuser aus der Gründerzeit mit samt-roten Sesseln, edlem Vorhang, ausgefeilter Bühnentechnik und einem Foyer zum Lustwandeln, meist dekoriert mit entzückenden Musen. Im Sommer spielen die Mimen auch unter freiem Himmel, am besten im Amphitheater. Da wird es schon weniger bequem und dekorativ. Aber es geht noch abenteuerlicher: Theater im Zirkuszelt! Dafür sorgt seit 1983 Comoedia Mundi aus Trautskirchen.

An der Bleiche, wo im Sommer das Freiluftkino stattfindet, liegen zwei Masten auf der Wiese. Um sie herum markieren in den Boden geschlagene Pflöcke einen Kreis. Zehn Männer und Frauen zerren an Seilen und Trossen, derweil tollen zwei Hunde, die große Anouk und der kleine Wursti, durchs Gras und begrüßen den Besucher. Elf hölzerne Zirkuswagen, die wie urtümliche Eisenbahnwaggons aus der Epoche des Dampfzugs anmuten, bilden eine Wagenburg.

Der zurzeit wichtigste Wagen beherbergt die Küche, wo Loes Snijders Kaffee kocht und einen Apfel-Zwetschgenkuchen in die Röhre schiebt. Schließlich muss die Moral der Truppe gestärkt werden. Fünf Männer und Frauen bilden das Ensemble von Comoedia Mundi, die weiteren fünf Herren sind Aushilfen, ohne die nichts ginge. "Wir haben in jeder Stadt, wo wir gastieren, einen festen Stamm von Aushilfen, meist Nachbarn am Zeltplatz oder Theaterbegeisterte, die uns Strom und Wasser zur Verfügung stellen", erzählt Loes Snijders.

Seit 30 Jahren dabei

Die Holländerin ist seit 30 Jahren bei dem Unternehmen dabei. "Ich hatte Tanz, Musik und Theater studiert und hörte in Italien zum ersten Mal von diesem Wandertheater. In Amsterdam kaufte ich mir eine Fahrkarte nach Neustadt an der Aisch und hoffte, dass es von all den vielen Neustadts in Deutschland das richtige sei. Mit dem Bus ging es von dort nach Trautskirchen, und je weiter der Bus fuhr, umso ländlicher wurde die Gegend und umso verlassener kam ich mir vor. Am Ende ließ mich der Fahrer aussteigen, deutete auf das Schloss – und da stand dann das Zelt!"

Eigentlich wollte Loes (sprich: Lus) Snijders bloß ein Jahr bleiben. Doch Amors Liebespfeil nagelte sie in Deutschland fest. Seitdem tourt sie mit dem Wandertheater kreuz und quer durch Süddeutschland, manchmal auch bis nach Köln oder Münster. "Im Januar und Februar wird geplant, im März und April geprobt und von Mai bis November touren wir. Und im Dezember führen wir auf dem Ansbacher Weihnachtsmarkt einen Literarischen Adventskalender auf." Zwar machte Corona dieses Jahr einen dicken Strich durch die Planung, aber in der Auszeit schrieb die 57-jährige Co-Prinzipalin, Regisseurin und Schauspielerin ein Kinderstück, das nun zur Aufführung gelangt: "Janko – ein musikalisches Märchen."

Comoedia Mundi gastiert in Erlangen

© Harald Hofmann

Draußen fährt ein Wagen vorsichtig an, die Stahltrossen ziehen langsam die beiden Masten ins Lotrechte. Nun rollt die Mannschaft die zusammengerollte Zeltplane auf. Schwere Arbeit, an die 160 Kilo wiegt die Plane. Mit dabei ist auch Iken Marei Sturm. Die Schauspielerin lebt in Frankfurt und ist schon das sechste Jahr dabei. "Mit anpacken muss sein, da weiß man, wofür man spielt", meint die junge Frau mit dem Katzen-Tattoo hinterm Ohr. Tragende Säule des Unternehmens ist Fabian Schwarz. "Das ist ein Alleskann-Mann", staunt Loes, "der ist handwerklich fit, beherrscht mehrere Sprachen und könnte glatt Rechtsanwalt sein, so wie der all die Auflagen und Vorschriften vom Ordnungsamt beackert." Obendrein fungiert Schwarz als Schauspieler und Dramaturg.

Ein halbes Jahr auf Achse

Die Wohnwagen sind teils selbst gefertigt, teils gefunden oder erworben worden. Und sie haben ihre Geschichte. So stammt der Caféwagen "Senza Licenza" aus dem Jahr 1950. Wer ein halbes Jahr auf Achse ist und nur das Nötigste mit sich führt – immer mit Stippvisiten nach Trautskirchen, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist –, der weiß, wie sich das Leben im Tiny House, wie es moderne Aussteiger propagieren, wirklich anfühlt. "In Holland ist das sehr populär, auch weil die Behörden großzügig sind", erzählt Loes Snijders, "aber im Winter wird es schon kritisch. Wir hatten Wintervorstellungen, da mussten wir die Wasserleitungen föhnen, damit die uns nicht einfrieren und platzen. Und der Herdknopf ist kaputt, ich muss nach Geruch backen." Immer wieder gab es Momente, da wollte Loes alles hinwerfen und zurück nach Holland. "Aber dann hat mir Fabian meinen eigenen Wohnwagen gebaut, ganz in Weiß und mit Blumenkästen. Da sitzen wir morgens und abends und beginnen und beenden den Tag."

Inzwischen ist die Plane hochgezogen. Nun wird ihr Saum an den Ankerpflöcken vertäut. "Das muss alles exakt ausgerichtet sein, wenn da ein Pfosten nicht an der richtigen Stelle steckt, wird es schwierig", weiß Loes. Aber auch diesmal ist alles glatt gegangen. Und das ist erst der Anfang. Nun müssen noch der Boden geebnet, die Bühne aufgebaut und alle Sitzbänke ausgerichtet werden. Aber das hat noch Zeit. Jetzt gibt es erstmal Kaffee und Kuchen. Damit Muskeln und Nervenkostüm stabil bleiben.

Fünf Produktionen unterschiedlichster Couleur innerhalb von drei Wochen: Das Zelttheater Comoedia Mundi präsentiert vom 2. bis 24. Oktober an der Bleiche, Schwabachanlage 1, ein umfangreiches Programm. Gegeben werden elf Aufführungen von "Frankenstein", eine Tanz-/Bewegungstheateraufführung mit "Follow me", zwei Chanson-Abende mit Loes Snijders, das Kinderstück "Frau Sonntags Woche" und die neueste Produktion "Janko – ein musikalisches Märchen", und dies alles im beheizten Theaterzelt.

Das Sitzplatzangebot hat sich wegen der Corona-Bestimmungen auf ein Fünftel reduziert, deshalb sollten Karten unbedingt unter Telefon (01 51) 26 93 97 81 oder per Email an kontakt@comoedia-mundi.de vorbestellt werden. Infos zu den Inszenierungen im Internet unter www.comoedia-mundi.de

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