Corona trotzen: 98-Jährige gibt Balkonkonzerte in Erlangen

5.4.2020, 06:00 Uhr
Corona trotzen: 98-Jährige gibt Balkonkonzerte in Erlangen

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Sprechen wir doch zur Abwechslung mal über Lebensfreude. Da kann Maria Baumann ein Wörtchen mitreden. Die 98-Jährige bewohnt ein Apartment im Wohnstift Rathsberg und lässt sich, wie sie selbst sagt, von der momentanen Corona-Situation nicht unterkriegen. Für ihre Mitbewohner spielt sie mehrmals in der Woche die Bluesharp auf ihrem Balkon. Und erntet dafür reichlich Beifall und Zuspruch.



Das Gespräch mit Maria Baumann muss am Telefon stattfinden. Besuche können die 460 Bewohnerinnen und Bewohner der Seniorenresidenz derzeit zu ihrem eigenen Schutz nicht empfangen. Corona belastet ihr soziales gesellschaftliches Leben, so wie es auch in anderen Einrichtungen für Senioren der Fall ist. Das Wohnstift hat sich nach außen hin abgeschottet, auch innerhalb wurden die Begegnungen heruntergefahren — der Speisesaal zum Beispiel ist geschlossen, das Essen wird in den Apartments serviert.

Aber man ist auch findig in diesen Zeiten, und so wird den Bewohnern drei Mal wöchentlich eine Morgengymnastik angeboten. Kontaktlos, und das heißt, dass die Physiotherapeutin Fridoline Kirchmayr an jeder Fassadenseite der beiden Hochhäuser jeweils 20 Minuten lang "vorturnt" — und die Bewohnerinnen und Bewohner auf ihren Balkonen mitmachen können. "Das Rathsberger Stift hat sofort mitgemacht und alle nötigen medialen Werkzeuge zur Verfügung gestellt. Da macht mir mein Beruf als Physiotherapeutin wieder Spaß!", berichtet Kirchmayr, der ansonsten wie alle ihrer Kolleginnen und Kollegen durch die Kontakt-Beschränkungen die Aufträge weggebrochen sind.

Corona trotzen: 98-Jährige gibt Balkonkonzerte in Erlangen

Mit unglaublich viel Freude ist die dynamische Frau als Vorturnerin bei der Sache. "Winkt euch zu! Ihr seid nicht allein! Hüfte links, rechts. Und nun die Beine bewegen!" Aus der Verstärkerbox schallt dazu Schlager und Evergreens wie "Schöner fremder Mann" von Connie Francis zu hören.

Und weil Musik beträchtlich zur Lebensfreude beiträgt, spielt dann eben Maria Baumann von ihrem Balkon herab noch ein paar Lieder mit ihrer Mundharmonika und animiert die anderen zum Singen.

Aus dem Gedächtnis spielt sie, alte Volkslieder, frei nach Gehör — in ihrer Kindheit sei in ihrer Familie viel musiziert worden, erzählt sie, "das bleibt so ein bisschen". Geboren ist Maria Baumann in Ostpreußen, dort hatte ihre Familie einen großen Bauernhof. Nach dem Krieg floh sie vor den Russen, wie sie sagt, mit ihrem Mann, mit dem sie 72 Jahre lang verheiratet war und der vor drei Jahren verstarb, zu den Schwiegereltern nach Erlangen.

Ihren 98. Geburtstag hat sie mit ihren vier Kindern, Schwiegerkindern, acht Enkeln und sieben Urenkeln gefeiert. Der 99. wird wohl eher still ausfallen. Aber sie hat ein klares Ziel: "Ich möchte noch meinen 100. Geburtstag feiern", sagt sie. "Wir passen auf", sagt sie in Hinblick auf das gefährliche Coronavirus. Damit sie fit bleibt, betreibt sie eifrig Gymnastik.

"Ich habe mein Leben lang Sport getrieben", sagt sie. "Das ist wie ein Zwang." Jeden Abend macht sie Übungen auf dem Teppich, im Bett ist vor dem Einschlafen noch mal "Beine treten" dran. Und dann kommt jetzt noch die Gymnastik auf dem Balkon dazu. "Ich kann’s noch, ich bin noch beweglich", sagt sie und klingt ganz zufrieden dabei. Für’s Balkonkonzert hat sie einen Mitmusiker gefunden. Herbert Burkholz, 95, stimmt gern mit ein. Zufriedenheit also auf allen Seiten. Bloß das regelmäßige Skatspiel in einer Gaststätte in Bruck — das geht Maria Baumann doch ab.

"Möchten Sie was hören?", fragt sie dann noch. Und stimmt mit der Mundharmonika eine Melodie an. "Muss i denn zum Städtele hinaus . . .". Eine Gratiszugabe gibt es auch: "Am Brunnen vor dem Tore". Diesmal am Telefon, bald wieder auf dem Balkon.


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