Corona: Wie E-Werk-Mitarbeiter im Impfzentrum in Erlangen helfen

23.2.2021, 06:00 Uhr
Corona: Wie E-Werk-Mitarbeiter im Impfzentrum in Erlangen helfen

© Harald Sippel

In diesen Tagen nehmen die meisten Menschen im Impfzentrum den Aufzug. Denn es sind, neben medizinischem Personal, die Hochbetagten, die momentan die Corona-Schutzimpfung erhalten. Wer hingegen die breite Treppe hinaufsteigt, der läuft direkt auf eine Aufschrift oben an der Decke zu. "Wir machen Erlangen fit", steht da ganz groß. Es ist ein Überbleibsel des Fachgeschäfts Intersport Eisert, das vor seiner Schließung hier seine Räume hatte.

Die Aufschrift passt auch jetzt noch, findet Bodo Birk. Normalerweise ist er im Kulturamt für die großen Festivals zuständig. Abläufe von Veranstaltungen organisieren, zu denen viele Menschen kommen: Auch das ist eine der Aufgaben. Jetzt gehört der städtische Mitarbeiter zur Koordinierungsgruppe des Impfzentrums von Stadt und Landkreis.

"Kultur hilft aus der Krise"

Eine kleine Impf-Welt ist im ehemaligen Sport Eisert entstanden. Über 100 Ärzte arbeiten – in Schichten – für das Impfzentrum, hinzu kommen 150 weitere Leute, darunter knapp 30 Mitarbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes, die in den Kabinen impfen.

30 bis 40 Leute des E-Werks arbeiten als nicht-medizinischer Kundendienst im Impfzentrum. Statt für den guten Ablauf von Konzerten mit auch schon mal 5000 Menschen zu sorgen oder Bier zu zapfen, helfen sie beim Weg durch die "Impfstraße" und sind an orangefarbenen T-Shirts erkennbar.

Darauf steht: "Kultur hilft aus der Krise". Die Mitarbeiter mit "Kundenkontakt" sind geimpft. Dass sie für die Einzelfallbetreuung zur Verfügung stehen, sei ein Glücksfall, sagt Hans Joachim Drossel, der ärztliche Leiter des Impfzentrums. Und Kulturamtschefin Anne Reimann, die gemeinsam mit Birk die Koordinierungsgruppe leitet, erklärt: "Wir kriegen sehr viel Lob".

So mancher kommt zunächst mit einem mulmigen Gefühl und der Angst, "durch eine zugige Impfstraße geschubst zu werden", weiß Bodo Birk. Doch "alle, die zum Impfen bei uns waren, sagen, dass sie sich sehr wohl gefühlt haben". Dass Wichtigste sei, dass das nicht als eine Massenabfertigung empfunden werde. Und vor allem: Dass freundliche Menschen hier arbeiten.

Auf Abstand in die "Einbahnstraße" 

Im Eingangsbereich des Impfzentrums, steht einer dieser freundlichen Menschen. "Sie fühlen sich fit?", fragt Markus Krämer einen älteren Herrn vor ihm am Anmeldetresen, der ihm soeben seinen Ausweis zum Datenabgleich vorgelegt hat. Sehr laut und deutlich spricht Markus Krämer. Er weiß, dass einige der hochbetagten Menschen, die derzeit gemäß der Prioritätenliste zum Impfen kommen, schwerhörig sind. Eigentlich arbeitet er bei einer "Stage Hand"-Firma, baut Bühnen und Technik auf und ab, auch im E-Werk. Ehrenamtlich fährt er Rettungsdienst.

Wer sich angemeldet hat, geht weiter in einen anderen Bereich. Es ist eine "Einbahnstraße", damit Abstände zu anderen eingehalten werden. "Aufklären" heißt es hier. Auf einem Bildschirm wird ein Video abgespielt, in dem Dr. Drossel gut verständliche Erklärungen zur Impfung gibt. Die Sitzgelegenheiten sind mit großen Abständen über den Raum verteilt. Über die Treppe oder wahlweise mit dem Aufzug geht es danach hinauf ins erste Stockwerk.

Ticket ziehen vor den Impfkabinen

Nächste Station: "Impfen". Ticket ziehen, Wartebereich mit Stühlen, Impfkabine. An den Wänden hängen Bilder mit Wolken, die Kultur hat nicht nur mit dem Personal Einzug gehalten. Jeweils zwei Bilder überlagern sich, je nach Betrachtungswinkel erkennt man das eine oder andere Motiv. "In Bewegung" heißt die Installation von Designerin Sandra Di Maria, die auch die fünf Stationen mit den Schildern gestaltet hat.

Die beiden letzten Stationen: "Beobachten" und "Abmelden". Hier können die Geimpften mit ihren Begleitern Platz nehmen und eine Weile abwarten, wie sie die Impfung vertragen. Falls eine Impfreaktion auftritt, ist medizinisches Personal in der Nähe, auch Notfallräume gibt es.

Hier gilt: Empathie 

Die orangefarbenen T-Shirts sind auch hier zu sehen. In einem steckt Kathrin Holler. In Nicht-Corona-Zeiten würde sie im E-Werk bei Veranstaltungen an der Tür stehen und "schauen, ob jemand rein darf oder nicht, und wenn jemand zu sehr angetrunken ist, wird er weggeschickt".

Momentan hat sie es mit deutlich älteren Leuten zu tun, Alkohol ist im Impfzentrum kein Thema, Empathie hingegen schon.

"Wenn jemand alleine ist, helfe ich beim Hinsetzen und Aufstehen oder frage, ob jemand ein Taxi braucht." Es kommt auch vor, dass sie die Kinder geimpfter Senioren anruft, damit sie zum Abholen kommen. "Ich nehme mir viel Zeit, rede mit den Personen", sagt sie. "Mancher erzählt ein bisschen mehr." Von einer Frau erfuhr sie, dass diese zuletzt 1932 geimpft wurde.

Die Betreuung macht ihr Spaß, "man kann was zurückgeben an die Gesellschaft. Die alten Menschen leiden unter der Isolation." Wenn nötig, werden die Senioren auch begleitet. "Mit einer 98-jährigen Dame bin ich im Aufzug hochgefahren und habe sie an einen Kollegen übergeben, der sie am Schluss zum Taxi gebracht hat."

So schön das alles ist: Wenn mehr Impfstoff da ist, wird das Ganze enger durchgetaktet sein. Denn das oberste Ziel heißt auch hier: So viel impfen wie möglich.

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