Coronavirus-Krise: Uni-Klinkum Erlangen kritisiert "große Weltfirma"

17.3.2020, 11:00 Uhr
Coronavirus-Krise: Uni-Klinkum Erlangen kritisiert

© Petra Hollederer/oh

Wer nicht wirklich dringend operiert werden muss, kommt im Malteser Waldkrankenhaus St. Marien in Zeiten von Corona momentan nicht unter das Messer. Denn die Einrichtung rüstet sich für potenziell steigende Patientenzahlen und will daher Kapazitäten freihalten, die im Fall eines Falles auch als Isoliermöglichkeiten dienen könnten. Zurzeit versorgt das Krankenhaus zwei Patienten mit Verdacht auf Sars-CoV-2-Virus.

"Wir führen seit Ende vergangener Woche keine elektiven, also aufschiebbaren Eingriffe durch", sagt Geschäftsführer Carsten Haeckel auf Anfrage, "um möglichst gut gegen den Ernstfall gewappnet zu sein." So nimmt die geriatrische Rehabilitation keine neuen Fälle mehr an.

Die eigenen Mitarbeiter sind die große Unbekannte

Doch bei allen Maßnahmen, die sich im Vorfeld abklären lassen, bleibt doch eine große Unbekannte — und das sind die Mitarbeiter selbst. "Eine Einschränkung unserer Überlegungen wird das Personal sein", sagt Haeckel, "denn ich kann schlecht sagen, wie viele und zu welchem Zeitpunkt unsere Mitarbeiter am Coronavirus erkranken."

Davon hängt auch ab, wie viele der bereits auf eine Zahl von 20 aufgestockten Isolierbetten (davon 14 Beatmungspätze) tatsächlich genutzt werden können. "Denn wer soll die Geräte betreuen, wenn ich kein fachkundiges und hoch qualifiziertes Personal mehr habe?", fragt der Waldkrankenhaus-Geschäftsführer rhetorisch. Irgendwann, so vermutet er, gibt es womöglich "mehr Patienten bei weniger Personal".


Zum Krankheitsrisiko kommt seit Montag für viele Beschäftigte mit Kindern durch geschlossene Schulen und Kindertagesstätten noch eine weitere Schwierigkeit hinzu. Für die Angestellten des Waldkrankenhauses sieht Haeckel die Betreuungsproblematik hingegen nicht.

Der Geschäftsführer verweist auf die Anordnung, nach der Mitarbeiter in sogenannten systemrelevanten oder -kritischen Berufen wie beispielsweise Polizei oder eben Pflege, für ihren Nachwuchs einen Platz in einer Notfallbetreuung bekommen. "Ich gehe davon aus, dass wir dank der Umsicht der Behörden aus diesen Gründen keine größeren Probleme kriegen werden, abgesehen vielleicht von den ersten zwei, drei Tagen", schätzt Haeckel. Allerdings greift die Regelung nur, wenn beide Elternteile in einem solchen Bereich tätig sind oder es sich um eine(n) Alleinerziehende(n) handelt.


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Dem Universitätsklinikum hingegen machen die Bestimmungen der Politik mehr zu schaffen, berichtet Pressesprecher Johannes Eissing auf Nachfrage. Es gebe ein "stetig steigendes Problem" mit Mitarbeitern in versorgungsrelevanten Bereichen, die zu Hause bleiben müssten, weil ihre Kinder nicht betreut werden könnten. Darunter seien Mitarbeiter, deren Ehepartner beispielsweise "bei einer großen Weltfirma" arbeite oder einen eigenen Betrieb leite, erläutert Eissing. "Hier ist die Politik dringend gefordert, für alle Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen ohne Ausnahme die gewohnte Kinderbetreuung sicherzustellen", appelliert der Sprecher.

Engpässe durch Medizinstudenten abfangen?

Gerüstet sieht sich die Unikinik für den Fall der Fälle ohnehin — 156 Intensivbetten und davon 113 Beatmungsbetten stehen bereit.

Die Idee, Engpässe in Krankenhäusern mit Studierenden auszugleichen, hält der Geschäftsführer des Waldkrankenhauses für sinnvoll. "Das wäre besser als Ärzte aus der Rente zu holen, sie gehören ja vom Alter her bereits zur Risikogruppe", sagte Haeckel. Zudem würden Studenten in Kliniken ohnehin schon an vielen Stellen aushelfen.

Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler hatte mit den Ärztlichen Direktoren der sechs bayerischen Universitätskliniken Medizinstudenten im Freistaat aufgerufen, sich für einen freiwilligen Einsatz zur Bewältigung der Corona-Pandemie zur Verfügung zu stellen. Dazu gehörte auch die Uniklinik Erlangen.

Daraufhin haben sich schon mehr als 680 Studierende bereiterklärt, die Krankenversorgung zu unterstützen, sagt Eissing.

Hintergründe zu den in den Grafiken abgebildeten Zahlen des Robert-Koch-Instituts finden Sie hier.

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