"Crypto-Party" rüttelt wach: NSA-Opfer Hahn gibt Tipps

14.7.2014, 06:00 Uhr
Privatsphäre und Anonymität im Internet - darum geht es dem Erlanger Studenten Sebastian Hahn.

© Screenshot ARD Privatsphäre und Anonymität im Internet - darum geht es dem Erlanger Studenten Sebastian Hahn.

Eher unfreiwillig ist Hahn mittlerweile eine kleine Berühmtheit. Besonders an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), an der er Informatik studiert, ist er wohl den meisten ein Begriff. Ihm selbst ist der – vor allem mediale – Rummel um seine Person zuwider; das wurde bei der „Crypto-Party“ am Samstag auf dem Südgelände der FAU schnell deutlich.

Lieber lenkte er die Aufmerksamkeit auf die eigentliche Sache: Privatsphäre und Anonymität im Internet. Dass das Thema dabei so aktuell und brisant wie nie zuvor ist, zeigte der übervolle Seminarraum. Hier tauschten sich die etwa hundert Interessierten aus allen Fachrichtungen aus und probierten das neu Gelernte an ihren mitgebrachten Laptops. Klimpernde Tastaturen und kryptische Zeichen auf den Bildschirmen prägten das Bild. Das ist typisch für die Party der etwas anderen Art, die in Erlangen bereits zum zweiten Mal von den Studenten der Fachschaftsinitiative Informatik organisiert wurde.

Kryptografie war dabei der Schlüssel. Die Wissenschaft der Verschlüsselung von Information ist ein Grundfach der Informatik. Da ihr die Sicherheit im Netz zu Grunde liegt, stellte Hahn ihre Grundlagen in einem Vortrag vor. Zunächst einmal wollte er dazu von seinem Publikum wissen – nicht ohne trockenen Informatiker-Humor, den man an diesem Tag immer wieder zu hören bekam: „Wer von Euch hat eigentlich schon einmal dieses Internet benutzt?“ Gelächter ging durch die Reihen, in denen auch viele Informatik-Studenten saßen. „Und wer von Euch hat etwas zu verbergen?“ Da wurde das Gelächter schon merklich unsicherer. Und genau hier setzt die Theorie der Kryptografie an. Denn, egal ob man etwas zu verbergen hat oder nicht, die eigenen Daten sollten in jedem Fall geschützt werden. Zum Beispiel durch Verschlüsselung.

„Tor“ ist hier das Stichwort. Das ist die Verschlüsselungs-Software, durch die Hahn seine unfreiwillige Bekanntheit erlangte und die anonymes Surfen ermöglicht. Der 27-Jährige ist in das Visier der NSA geraten, weil er sich ehrenamtlich für die internationale Software engagiert. Ist „Tor“ nun auf dem Computer installiert, gelangen die gesendeten Daten über einen Umweg – im Klartext: verschiedene Zwischenserver – und dadurch verschlüsselt an die Zieladresse. Wird auf diesem Weg zum Beispiel eine E-Mail versendet, dann ist es Hackern oder Geheimdiensten kaum möglich, deren Quelle und Inhalt nachzuvollziehen. Klar, dass den Geheimdiensten eine solche Anonymität ein Dorn im Auge ist.

Doch nicht nur Hahn ist ein Verfechter von „Tor“, auch Johannes Schilling unterstützt die Software. Der Mitorganisator der Veranstaltung stellt, ähnlich wie Hahn, seinen Privatrechner als Zwischenserver zur Verfügung. Eine Vergütung oder ähnliches bekommt der Informatik-Student dafür nicht. „Ich möchte einfach unterstützen, dass Leuten ein anonymer Internetzugang ermöglicht wird.“ Angst vor der NSA habe er nicht. „Ich bin mir zwar sicher, dass es dort Daten über mich gibt, aber als wirkliches Überwachungsziel bin ich sicherlich nicht interessant genug.“ Allgemein bekannt sei es nämlich, dass jeder Nutzer, der allein schon die Webseite von „Tor“ aufruft, verzeichnet wird.

Spricht das nicht gegen eine Nutzung der kostenlosen Software, die als eine Art Browser verwendet wird? „Nein, ich halte das für kein großes Risiko. Es gibt mittlerweile 2,5 Millionen Menschen, die sie täglich nutzen“, erklärte Hahn. Benutzt man „Tor“ nicht, dann seien die unverschlüsselten Daten schließlich „überall sichtbar“. „Wer sich nicht länger in einer bunten Seifenblase aufhalten will“, dem rät er entschieden zu deren Nutzung. Damit meint er die totale Ausspähung im Internet, die aus Internetnutzern längst gläserne Menschen gemacht hat. Dabei sei nicht nur die amerikanische NSA beteiligt: „Es ist sicher, dass auch die deutschen Geheimdienste Zugriff zu allem haben und den auch nutzen.“ Und deshalb bleibt trotz aller Sicherheitsvorkehrungen am Ende dennoch die Erkenntnis, mit der Hahn seinen Vortrag abschloss: Perfekte Sicherheit und Anonymität im Netz gibt es nicht.

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