Auslandspraktikum statt Referendariat

Der Traum vom Ausland: Erlanger Studentin unterrichtet in Kanada

Isabella Fischer

Hochschule & Wissenschaft

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26.4.2022, 05:55 Uhr
Grundschullehramtsstudentin Marissa Ullinger aus Stein vor der Skyline in Toronto. Jede freie Minute nutzt die 24-Jährige, um das Land zu entdecken. 

© Privat Grundschullehramtsstudentin Marissa Ullinger aus Stein vor der Skyline in Toronto. Jede freie Minute nutzt die 24-Jährige, um das Land zu entdecken. 

Marissa Ullinger hat sich einen Traum erfüllt. Als sie von eben diesem Traum erzählt, sitzt sie über 6500 Kilometer entfernt von ihrer fränkischen Heimat Stein im kanadischen Montréal in einem Café. Sie erzählt davon, dass sie im Juli 2021, nach monatelangem kräftezehrenden Distanzlernen im Corona-Lockdown, ihr Staatsexamen bestanden hat.

Das Grundschullehramt-Studium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat sie in Regelstudienzeit durchgezogen. Bereit für das anschließende Referendariat fühlte sich die 24-Jährige allerdings noch nicht. Sie hatte das Gefühl, "dass noch etwas fehlt", wie sie es beschreibt. Sie wollte "Abenteuer mit Praxiserfahrung" verbinden, am besten weit weg von Zuhause.

Das ist sie jetzt. Seit Anfang März lebt Ullinger in Montréal, der französischsprachigen Millionenmetropole in der Provinz Québec. Für ein halbes Jahr macht sie dort ein Auslandspraktikum, um die Praxiserfahrung zu kriegen, die ihr noch gefehlt hat. In den wenigen Wochen seit ihrer Ankunft hat sie sich nach eigener Aussage schon gut eingelebt, sie ist regelrecht begeistert von ihrem Start. "Ich fühle mich hier sehr sehr wohl", sagt sie.

Das liegt zum einen am netten Lehrerkollegium als auch an ihrer internationalen Wohngemeinschaft. Sie wohnt mit Studierenden aus Tunesien, Kolumbien und Costa Rica zusammen. "Jeden Tag, wenn ich von der Schule nach Hause komme, duftet es aus der Küche. Das ist ein sehr spannender Mix", sagt sie. Das WG-Leben hat sich schnell eingespielt, nach Feierabend wird gemeinsam gekocht, Sport gemacht, einen Weinabend gab es auch schon.

Ihr Alltag in Montréal beginnt bereits kurz vor 6 Uhr morgens. Frühstücken, den Bus zur Schule nehmen, ein bis zwei Stunden unterrichten, Mittagspause - "wie man sie aus Filmen kennt, mit Lunch-Paket im Pausenhof", erzählt sie. Das Praktikum macht sie an einer deutschen Auslandsschule, es einige Unterschiede zu den Schulen in der Heimat. "Hier sind es viel kleinere Klassen, maximal 12 Kinder, was ein absoluter Luxus ist", schwärmt sie. Auch die digitale Ausstattung sei im Vergleich zu vielen deutschen Schulen besser.

Am meisten aber überrascht sie die intensive Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Klassenstufen. Von der Grundschule bis zur Sekundarschule lernen alle Kinder in einem Gebäude, regelmäßige gemeinsame Aktionen sind fest im Lehrplan etabliert. "Es gibt eine Talentshow, einen Wintersporttag oder ein Sommersportfest. Hier passiert viel gemeinsam, egal wie alt die Schülerinnen und Schüler sind", sagt Ullinger.

Ihre Fächerkombination ist Mathematik, Deutsch und Sport, das Hauptfach Geographie. In den ersten Wochen durfte sie bereits eigene Schulstunden halten, konnte sich ausprobieren und weiterentwickeln. "Ich merke definitiv einen Fortschritt und traue mir schon viel mehr zu", sagt sie über ihre fachlichen Fähigkeiten. Aber auch persönlich merkt sie einen Wandel. "Ich muss hier alle Herausforderungen selbst meistern und bin auf mich alleine gestellt. Das gibt mir mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, was sich wiederum auch auf meine Persönlichkeit im Klassenzimmer auswirkt." Eine Win-Win-Situation für die 24-Jährige. Schon jetzt, sagt sie, hat das Praktikum ihr Leben bereichert. "Es ist ein Privileg, hier sein zu dürfen", so Ullinger.

Ihr Tipp für Studierende mit einem Traum vom Ausland: "Nicht den Kopf in den Sand stecken wenn man sieht, wie viel das alles kosten kann", rät sie. Mit Hilfe eines Stipendiums, beispielsweise dem des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), werden viele Kosten übernommen. Ihr hat besonders das International Office an der FAU Erlangen geholfen. "Da kriegt man die Unterstützung die man braucht", sagt sie.

Bis Ende Juni geht ihr Praktikum noch, dann warten eineinhalb Monate Entdeckungstour durch Kanada und die USA auf sie. Auch ihre Familie wird sie besuchen kommen, worauf sie sich besonders freut. "Das Fränkische fehlt mir schon ein bisschen", gibt sie zu. Zurück daheim wartet dann viel Papierkram für das zweijährige Referendariat auf sie. Aber bis dahin "will ich das Leben hier in Kanada in vollen Zügen genießen, bevor es in den Berufsalltag geht", sagt Marissa Ullinger und lacht.


Info: Marissa's Alltag in Kanada kann man hier verfolgen. Mehr Informationen zu Auslandsprakika im Ausland gibt es auf der Homepage des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.

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