Generationswechsel

Die Güthleins in Büchenbach - den Nachwuchs mit im Boot

10.12.2021, 14:45 Uhr
Der Büchenbacher Familienbetrieb, der deutlich mehr ist als "nur" das "Gasthaus zur Einkehr", wird von Marga Güthlein und Tochter Jana Güthlein geleitet.

© Harald Sippel, NN Der Büchenbacher Familienbetrieb, der deutlich mehr ist als "nur" das "Gasthaus zur Einkehr", wird von Marga Güthlein und Tochter Jana Güthlein geleitet.

Morgens um 10 Uhr im "Gasthaus zur Einkehr" in Büchenbach: Die letzten Hausgäste haben gefrühstückt und starten in den Tag. Geschäftig geht es in der Küche zu. Da wird geputzt und natürlich gekocht. Es duftet nach Gänsebraten. Im Schankraum röhrt ein Staubsauger. Bis in die letzte Ecke reinigt eine Mitarbeiterin den Raum und an einem der Zapfhähne führt ein Mitarbeiter gerade eine kleinere Reparatur durch. Dazwischen der "Wirtshaushund" Oskar, der schwanzwedelnd die Szenerie beobachtet.

Mitten im geschäftigen Treiben: Seniorchefin und Seele des Hauses Margarete "Marga" Güthlein und ihre Tochter Jana. "Ich schreib nur noch schnell eine E-Mail fertig", ruft die 34-jährige Jana in Richtung der Pressevertreter, die mit ihr und ihrer Mutter über das Thema Generationenwechsel reden wollen.

Auch wenn die "Marga", wie sie von den meisten liebevoll genannt wird, noch lange nicht aufhören will, sind die Weichen für die Nachfolge bereits gestellt: Seit 1. Januar, nach dem Tod des Vaters, halten Mutter und Tochter jeweils 50 Prozent der Geschäftsanteile. Mit ihm Boot ist auch Sohn Jörg, der sich vor allem um die Metzgerei kümmert. "Alle Entscheidungen fällen wir gemeinsam", sagt Jana Güthlein.

Auf die Nachfolge ist sie perfekt vorbereitet: Nach dem Abitur machte sie zunächst eine Ausbildung im Schindlerhof als Hotelfachfrau. „Das war meine Bedingung“, sagt ihre Mutter. „Wenn Du später einmal Chef sein willst, dann muss man das Aufräumen und das Kloputzen genauso gut können, wie das Einchecken“, ist sie überzeugt.

Anschließend ging's zum BWL-Studium an der HSG St. Gallen BWL studiert. Das klassische Managementstudium schloss sie mit dem Bacelor ab und gewann, wie sie selbst sagt, "etwas mehr Weltblick". Aber warum eigentlich die Schweiz? "In der Schweiz geht’s eben anders zu", antwortet die 34-jährige Jungchefin, "da läuft schon mal ein Josef Ackermann oder ein Bill Clinton herum." Außerdem habe sie an vielen Austauschprogramm teilnehmen können. "Ich war in Südamerika. Ich war in Estland und ein halbes Jahr in Singapur.“

Nach einem Volontariat im im 5-Sterne Luxusresort Sonnenalp im Allgäu und einem kurzen Aufenthalt in der Heimat Büchenbach ging es für Jana nach München ins Luxushotel Vier Jahreszeiten Kempinski, wo sie ein Jahr lang alles lernte, was für die Führung eines solchen Spitzenhotels notwendig ist. "Wer in dieses Programm geht, wird einem eine Führungsstelle in einem der Kempinski-Hotels weltweit zu übernehmen."

Jana Güthlein hätte also zum Beispiel Chefin des Kempinski in Dubai werden können. Trotzdem blieb die junge Frau in München, wo sie außerdem noch ein Masterstudium absolvierte und abschloss. Die Verbindung nach Erlangen ließ sie dabei nie abreißen. "Ich hatte in Büchenbach mein Zimmer und war manchmal zweimal in der Woche hier und natürlich zur Kerwa." Wenn sie bei Kempinski geblieben wäre, hätte sie bei der Vertragsunterzeichnung darauf bestanden immer zur Kirchweih Urlaub nehmen zu können, sagt sie.

Der "Gasthof zur Einkehr", der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, ist ihr nicht nur Heimat, hier ist sie auch verwurzelt. "Ich bin so aufgewachsen, ich bin ein Wirtshauskind und ich hatte eine schöne Kindheit. Es gab für mich nie die Vorstellung, dass das alles verkauft wird", sagt sie im Brustton der Überzeugung. Ihre Mutter hört's gern.

Wobei immer klar war, dass mit der Tochter die nächste Generation bereitsteht, das Erbe der Eltern anzutreten. Dass Jana 50 Prozent der Anteile am Unternehmen hat, in dem mittlerweile 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, ist der erste Schritt einer geregelten Übergabe.

Damit gehört die Familie Güthlein zu einer Mehrzahl von Klein- und Mittelständlern, die die Weichen für eine Übergabe gestellt oder bereits vollzogen haben. So hatten 2020 bundesweit 58 Prozent eine Übergabe laut der KfW-Umfrage bereits unter Dach und Fach. Das Bewusstsein bei den Altinhabern für die Notwendigkeit, die Nachfolge frühzeitig zu finalisieren, steige weiter, heißt es.

Für rund 32.000 Mittelständler in Deutschland werde die Zeit allerdings knapp. Sie wollen innerhalb der kommenden zwei Jahre an einen Nachfolger übergeben, haben bisher aber noch nichts in dieser Hinsicht unternommen.

Bislang gab es bei den Altinhabern immer eine Präferenz für familieninterne Nachfolgelösungen. Diese spielen im Mittelstand aber eine stetig abnehmende Rolle. Aktuell wollen nur noch 44 Prozent das Unternehmen in die Hände eines Familienangehörigen legen. Jeder zweite hingegen wünscht sich, sein Unternehmen an einen externen Käufer – Existenzgründer, Finanzinvestoren oder ein anderes Unternehmen – zu verkaufen.

In Büchenbach steht das nicht zur Debatte. Natürlich wird hier gelegentlich gestritten, "meistens um Kleinigkeiten", sagt Jana Güthlein. Das sei halt in Familien manchmal so, da mache die Familie Gütlein, zu der Marga und Jana Güthlein, übrigens auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen, keine Ausnahme. "Wenn's Streit gibt, dann reden wir halt drüber", sagt die Seniorchefin. "Wir kümmern uns um einander. Nicht nur wenn's an Knatsch gibt, sondern auch, wenn der andere Sorgen oder Probleme hat."

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