Ehepaar nach Corona aus künstlichem Koma erwacht: "Uns wurde ein zweites Leben gegeben"

5.4.2021, 12:32 Uhr
Ehepaar nach Corona aus künstlichem Koma erwacht:

© Symbolfoto: Kay Nietfeld (dpa)

Die Blut- und Urinwerte sind wieder normal, auch der Humor ist wieder da. "Wir machen jeden Tag ein Rennen mit den Rollatoren", sagt Elisabeth Mayer (alle Namen von der Redaktion geändert). Sie und ihr Ehemann Robert sind zurück, daheim in ihrer Wohnung im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Und zurück im Leben.

Damit war zeitweise nicht zu rechnen. Im Abstand von vier Tagen wurde erst Elisabeth, dann Robert ins künstliche Koma versetzt. Das Ehepaar – sie Ende 60, er Anfang 70 – rang mit dem Tod. Dabei war Elisabeths Schnelltest, den sie vor dem Besuch eines Altenheims machte, noch negativ gewesen. Doch die Mutter war krank, der Sohn Martin sah es deutlich. "Es war wie eine richtige Grippe", sagt Martin. Deshalb ging er mit seiner Mutter zum Hausarzt. Und siehe da: Sie hatte doch Corona, ein PCR-Test brachte Gewissheit.

Noch nie richtig krank

Elisabeth war immer eine starke Frau. Noch nie richtig krank, noch nie im Krankenhaus gewesen. Also blieb sie in häuslicher Quarantäne – bis die Atemprobleme so schlimm wurden, dass sie daheim die Treppenstufen nicht mehr schaffte. Martin überredete sie ins Krankenhaus zu gehen. Und rettete ihr das Leben. "Der Arzt sagte mir: Wären wir einen halben Tag später gekommen, wäre es zu spät gewesen."

Zu diesem Zeitpunkt ging es Robert noch gut, er war symptomfrei. Dennoch wollte Martin, dass sich auch der Vater im Krankenhaus untersuchen lässt. Wieder lautete die Diagnose: Covid-19.

Beide Elternteile in Lebensgefahr

Auch Robert musste ins künstliche Koma versetzt werden. Beide Elternteile schwebten in Lebensgefahr, angeschlossen an Schläuchen und mit Atemmaske auf dem Gesicht. Martin war Verdachtsfall, isolierte sich in einer anderen Wohnung von seiner kleinen Familie. Eine furchtbare Zeit für den Sohn. "Man fürchtet um seine Eltern und betet. Aber man kann niemanden in den Arm nehmen."

Elisabeth und Robert lagen jeweils für etwa drei Wochen auf der Intensivstation der Uniklinik Erlangen. Wie nahe waren sie dem Tod? "Sehr nahe. Ich habe furchtbare Dinge gesehen, die mir Angst gemacht haben", sagt Elisabeth. Robert erinnert sich noch an Lichtblitze vor den Augen und Geräusche, "vielleicht war es das Piepsen der Geräte", schätzt er. Weiter will das Ehepaar nicht auf die Erlebnisse im künstlichen Koma eingehen. "Wir wollen es vergessen und abschließen."

Dank an Uniklinik

Dass Elisabeth und Robert hier dennoch die Geschichte ihrer Erkrankung erzählen, hat zwei Gründe. Erstens: Sie wollen sich beim Klinikpersonal bedanken. "In der Uniklinik wird alles menschenmögliche getan. Ohne die sich aufopfernden Ärzte, Schwestern und Pfleger wären wir gestorben. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir uns wieder so erholt haben."

Zweitens: Bilder von Demonstranten, die die Gefahr des Virus und die Schutzmaßnahmen der Regierung infrage stellen, wühlen die beiden auf. Elisabeth und Robert wollen vor der unsichtbaren Gefahr warnen, die beinahe ihr Leben zerstört hätte. Martin bringt es auf den Punkt: "Die Demonstranten haben keine Ahnung. Manche halten keinen Abstand und tragen keine Maske. Und dann gehen sie von der Demonstration zu ihren Eltern und bringen ihnen den Tod."

Elisabeth und Robert gewannen aber den Kampf auf der Intensivstation. Elisabeth wachte auf, Robert Tage später ein Klinik-Stockwerk unter ihr. Fünf Wochen hatten sie sich nicht gesehen. "Wir sind seit 48 Jahren verheiratet und waren noch nie so lange voneinander getrennt."

Eine Stunde täglich mit dem Rollator

Schlucken, reden, essen, anziehen, bewegen – alles musste das Ehepaar neu lernen. Zu Hause laufen Elisabeth und Robert jeden Tag für eine Stunde am Rollator, sie spazieren über Flurbereinigungswege. "Wir schauen, dass wir niemandem begegnen. Wir wollen nicht angesprochen werden und hören, dass wir schon viel besser aussehen als noch vor einer Woche. Wir haben abgeschlossen."

Wo sie sich angesteckt haben, wissen sie bis heute nicht. "Wir haben immer Kontakte vermieden und sind nur zum Einkaufen gegangen", sagt Elisabeth. Das mit der Kontaktvermeidung wird so bleiben. Der Besuch des Ostergottesdienstes fällt aus. "Wir würden gerne in die Kirche gehen und unserem Herrgott danken. Aber das können wir daheim auch. Uns wurde ein zweites Leben gegeben."