Ehrgeizige Baupläne in Büchenbach mit Energiegewinn

4.9.2012, 16:28 Uhr
Ehrgeizige Baupläne in Büchenbach mit Energiegewinn

© Erich Malter

Die Pläne sind ehrgeizig, aber keineswegs unrealistisch. Im Westen der Stadt, im Baugebiet 411 („Häuslinger Wegäcker Mitte“) soll auf einer Fläche von rund 3,5 Hektar eine Siedlung mit 130 Wohneinheiten entstehen, die einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht günstigen Wohnraum bietet, die kinder- und familienfreundlich ist, durch einzelne begrünte „Inseln“ und Wohnhöfe eine soziale Quartiersbildung ermöglicht; die uniformierte Bauweise vermeidet sowie bei der Verkehrsanbindung ökologische Aspekte berücksichtigt. Und die vor allem energetische Maßstäbe setzt.

Dabei seien auch „alle experimentellen Arten der Energiegewinnung und -versorgung“ nicht ausgeschlossen, wenn es der Optimierung dient, sagte Gerd Franz, der stellvertretende Leiter des Amts für Stadtentwicklung und Stadtplanung, im Gespräch mit den EN.

Die Idee dazu entstand in der Lenkungsgruppe „EnergieeffizientER“, einem Gremium unter Leitung von Oberbürgermeister Siegfried Balleis, dem neben Umwelt- und Planungsamt alle Akteure angehören, die mit Energie zu tun haben, wie das Stadtoberhaupt im Gespräch erläutert. Darunter Stadtwerke, Uni und ihre Kliniken, Siemens, Handwerk und Kammern. Diese Gruppe, betont Umweltreferentin Marlene Wüstner, entwickle zunächst Leitlinien und Strategien, und sobald Pläne konkreter würden, sei auch die Sparkasse mit im Boot („weil’s ja was kostet“).

Im konkreten Fall der Energie-Plus Siedlung gab es noch einen weiteren Ideengeber, nämlich den Erlanger Physik-Professor und Solar-Pionier Martin Hundhausen. Er hat schon im Baugebiet 410 eines der wenigen Plusenergie-Häuser gebaut, mit einer großen Photovoltaik (PV)-Anlage auf dem Dach, mit dem er künftig doppelt so viel Energie erzeugt wie er selbst verbraucht und dabei viel Geld und Ressourcen spart (die EN berichteten).

Wenig „PV-Kisten“

Er lud zusammen mit dem Nürnberger Architekten Burkhard Schulze-Darup die Lenkungsgruppe zu einem Besuch ein — und konnte sie überzeugen, dass dies ein zukunftsweisendes Konzept ist. Vor allem, wenn nicht nur einige wenige Häuser Energie liefern, sondern eine ganze Siedlung.

Nun ist es nicht so, dass im Neubaugebiet 411 jedes einzelne Gebäude zum Kraftwerk werden soll. Das gehe schon deswegen nicht, weil nicht jeder Standort innerhalb des Areals dafür geeignet sei, betonen Wüstner und Franz. Außerdem seien ja auch noch andere Belange zu berücksichtigen.

Man wolle auf keinen Fall überall schlichte „PV-Kisten“ (Franz) bauen lassen, sondern lieber bauliche Abwechslung zwischen Einfamilienhäusern und Geschosswohnungen. Aber „Türmchen und Erkerchen“ (Wüstner) wird es kaum mehr geben, denn die kosteten nur Energie. Außerdem muss aus Sicht der Umweltreferentin viel Grün her — aber Beschattung mindert den Effekt von Solaranlagen.

Aus all diesen Gründen will die Stadt den einzelnen Bauherren zwar eine energetisch optimale Bauweise verordnen, aber keine konkrete Technik. Wüstner verweist auf das Beispiel Experzierplatz, wo Blockheizkraftwerke (BHKW) vorgeschrieben werden sollten. Dann stellte sich aber heraus, dass man den Hausbesitzern hätte empfehlen müssen, „nicht so ökologisch zu bauen, damit das BHKW sich rentiert“. Um Vorschriften machen zu können, muss die Stadt aber erst einmal im Besitz der Grundstücke sein, um selbst als Vertragspartner auftreten zu können und eine „starke Verhandlungsmacht zu haben“, sagt Balleis.

Darum bemüht man sich jetzt. Wenn es so weit ist, will die Stadt alle Möglichkeiten der energetischen Bauweise durchrechnen und mit Interessenten besprechen. Möglich wäre ein Standard nach KfW 55 (45 Prozent weniger Energieverbrauch) oder Kfw 40 (60 Prozent weniger), als Passivhaus mit Nullenergieverbrauch oder, bei einer zusätzlichen PV-Anlage auf dem Dach, als Plusenergie-Haus. Unter dem Strich allerdings muss aus der gesamten Siedlung ein Plus herauskommen, sie muss mehr Energie liefern als sie insgesamt verbraucht.

Das steht bei allen Vertragsverhandlungen über Bauvorhaben an oberster Stelle. „Und wir werden das durchsetzen“, betont Balleis, „wer nicht mitmachen will, kann ja in einer Nachbargemeinde bauen“.

Man kann Bauherren das energetische Bewusstsein ja vor allem durch Preisvorteile schmackhaft machen. Die Zusatzkosten sind nach Erfahrungen von Martin Hundhausen relativ gering. Er rechnet in seinem Haus mit je 15000 Euro für die thermische Solaranlage und noch etwa so viel für die PV-Anlage.

„Aber man verdient ja durch den Verkauf des überzähligen Stroms und kann außerdem den selbst produzierten Strom nutzen, der umso billiger wird, je höher der allgemeine Strompreis steigt“. Häuser nach dem KfW-Standard würden durch zinsverbilligte Kredite gefördert. Eine kleinere Wohnfläche helfe Kosten sparen, und je mehr mitzögen, desto günstiger werde es für den Einzelnen.

Den Strom werden die Stadtwerke abnehmen, versichert Energiewende-Beauftragter Alfons Stadler.  Außerdem sei auch geplant, innerhalb der Siedlung Stromproduktion und -verbrauch durch intelligente Netze optimal zu regeln, damit jeder Haushalt profitiert. Schließlich suche man auch noch Lösungen, woher Energie kommen solle, wenn die Solarkraft einmal nicht ausreiche.

Die möglichen Konzepte sollen Ende des Jahres zwischen den Ämtern endgültig abgestimmt werden. Dann folgt eine öffentliche Auslegung, und Mitte 2013 sollen die Pläne für das Baugebiet 411 dann in Kraft treten können.

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