Ein Jahr im Amt: Interview mit Erlangens Bürgermeister Jörg Volleth

17.5.2021, 11:48 Uhr
Seit Mai 2020 zweiter Bürgermeister in Erlangen: Der CSU-Politiker Jörg Volleth.

© David Hartfiel Seit Mai 2020 zweiter Bürgermeister in Erlangen: Der CSU-Politiker Jörg Volleth.

Herr Volleth, ein Jahr Bürgermeister, welche Bilanz ziehen Sie?

Ich habe mich mittlerweile gut in mein neues Betätigungsfeld eingearbeitet und konnte auch politische Angelegenheiten, welche mir wichtig sind, wie zum Beispiel eine bessere Förderung unserer Sportvereine, den Umbau des städtischen Fuhrparks auf umweltverträgliche Antriebstechniken oder mehr Grün in der Innenstadt voranbringen. Dennoch ziehe ich eine eher gemischte Bilanz. Denn was mir leider Corona-bedingt fehlt, ist der Kontakt zu meinen Mitmenschen, zu den Bürgern der Stadt, die Teilnahme an Veranstaltungen und damit all die Dinge, die das Salz in der Suppe im Leben eines Bürgermeisters sind.

Ihr Verhältnis zum OB ist immer noch gut? 

Ja, ohne Zweifel. Wir haben uns immer gut verstanden und das wird auch weiterhin so bleiben. Ich fände es schade, wenn gute Ideen aufgrund von Befindlichkeiten nicht zur Umsetzung kämen. Sicherlich haben wir auch bei manchen Themen unterschiedliche Vorstellungen. Da kann man dann in der Sache streiten, unserem menschlichen Verhältnis wird das aber nicht schaden. Da bin ich mir ziemlich sicher.

Würden Sie auch angesichts von Corona sagen, es war ein hartes Jahr? 

Es war für uns alle kein schönes Jahr. Viele Lebensbereiche wurden besonders hart von den Folgen der Pandemie getroffen. Auch für mich als Politiker war das letzte Jahr nicht einfach. Politiker wollen schließlich gestalten, wollen im Kontakt, im Austausch sein, Ideen produzieren, diskutieren und umsetzen. Das abgelaufene Jahr hat sich sehr stark darauf reduziert, Dinge umzusetzen, welche man mit wenig Gestaltungsspielraum vorgegeben bekommen hat.

Was würden Sie als Ihre Nagelprobe bezeichnen? Was als „Anfängerfehler“?

Besonders gefreut habe ich mich, dass es meinem Team im Sportamt und mir gelungen ist, den FSV Bruck in das Sportförderprogramm des Bundes zu bekommen. Hier waren zahlreiche Abstimmungsgespräche zwischen den Fördergebern in Berlin und München notwendig. Belohnt wurde diese Mühe dann durch einen einstimmigen Beschluss des Stadtrats, diesen aufgezeigten Förderweg mitzugehen.

Dies dient in der Sache dem FSV Bruck, war für die Stadt Erlangen eine einzigartige Chance, Fördergelder zu generieren und dient den Erlanger Bürgern, weil in Bruck eine neuartige Verknüpfung zwischen Verein und Kommune entsteht. Den großen, klassischen, medienwirksamen Anfängerfehler gab es meiner Einschätzung nach nicht. Aber selbstverständlich musste auch ich mich erst eingewöhnen und „lernen, wie der Hase läuft“.

Was war/ist Ihre größte Herausforderung?

Ich bin ja auch Aufsichtsratsvorsitzender der Gewobau und somit für den kommunalen Wohnungsbau zuständig. Der Frage nach genügend günstigen Wohnraum ist eine ganz wichtige soziale Frage unserer Zeit. In einer Stadt wie Erlangen ausreichend günstigen Wohnraum zu schaffen ist eine echte Herausforderung. Darüber hinaus hat man als Bürgermeister neben den reinen Verwaltungsaufgaben ein sehr breites Aufgabenfeld zu bewältigen und muss sich mit verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen, rechtlichen und politischen Fragestellungen auseinandersetzen.

Dadurch, dass man für viele Bürgerinnen und Bürger der erste Ansprechpartner ist, ist man oftmals praktisch für alles zuständig. Eine große Herausforderung war und ist es daher, sich in die unterschiedlichen Themenschwerpunkte einzuarbeiten, weitsichtig zu planen und hier die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Macht Ihnen die Arbeit trotz aller Widrigkeiten immer noch Spaß?

Auf jeden Fall. Ich bin ja kein Problemsucher, sondern ein lösungsorientierter Mensch. Wenn es Schwierigkeiten gibt, sehe ich meinen Part darin, eine möglichst gute Lösung für alle Beteiligten herbeizuführen. Ich kann mich sehr gut an den Dingen, die ich positiv beeinflussen kann, hochziehen. Und deshalb macht mir meine Arbeit auch sehr viel Spaß.

Was sind Ihre Erfolge? Worüber können Sie sich freuen? 

Besonders freut es mich, dass ich als Bürgermeister einen Anstoß geben und auch etwas bewegen kann. Ich gehe jeden Tag mit Spaß an die Arbeit und habe noch keine Sekunde meiner Amtszeit bereut. Wichtig ist selbstverständlich auch das positive Feedback, nicht nur zu meiner Person, sondern zur Tätigkeit der Stadtverwaltung insgesamt. Natürlich gibt es immer etwas, das man verbessern kann, aber gerade darin sehe ich meine Aufgabe.

Die Corona-Pandemie fordert vielen viel ab. Wie sehr sehnen Sie sich nach Normalität?

Mir persönlich gefällt die aktuelle Situation auch nicht. Ich bin allerdings in einem Lebensalter und in Lebensumständen, in denen mich die Auswirkungen dieser Pandemie selber nicht so hart treffen. Als viel schwieriger empfinde ich das Ganze für unsere Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die naturgemäß ganz andere Erwartungen an das Leben haben und stark in ihrer Entfaltung eingeschränkt werden. Gerade für diese Menschen sehne ich mich nach Normalität. Das Gleiche gilt natürlich auch für ältere Menschen, die in diesen schweren Tagen oft einsam sind.

Als Sport-Referent ist Ihnen sicher nicht entgangen, wie sehr die Sportvereine unter den Pandemie-Beschränkungen leiden. Was können Sie, was kann die Stadt tun, um den Vereinen zu helfen beziehungsweise diese zu unterstützen? 

Uns ist bewusst, wie stark unsere Sportvereine und dadurch gerade auch unsere Kinder und Jugendlichen unter den Pandemie-Beschränkungen leiden. Ein großes Anliegen ist es uns daher, unsere lang gewachsene und bewährte Sportkultur zu erhalten. Um zumindest die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern, hat die Stadt Erlangen ihren Sportvereinen bereits im Jahr 2020 Corona-Hilfen zur Verfügung gestellt. Auch im Jahr 2021 werden/ sind entsprechende Gelder an die Vereine fließen/geflossen. Für Fragen der Vereine stehen wir auch jederzeit mit unserem Amt für Sport und Gesundheitsförderung zur Verfügung.

Herr Volleth, welche Ziele haben Sie sich für die nächsten 365 Tage gesetzt?

Es gibt noch viel zu tun. Die Pandemie ist noch nicht besiegt. Zu fragen bleibt, welchen wirtschaftlichen und sozialen Schaden sie mittel- und langfristig verursacht. Ein weiteres Thema, das uns in den nächsten Jahren dauerhaft beschäftigen wird, ist der Klimawandel. Auch unsere Innenstadt geht schwierigen Zeiten entgegen. Hier gilt es Lösungen zu finden. Konkret auf meinen Referatsbereich heruntergebrochen, werden wir den Masterplan für die Feuerwehr vorantreiben, unseren städtischen Fuhrpark sukzessive CO2-arm ausstatten, unsere Sportvereine unterstützen wie noch nie und weiter daran arbeiten, mehr Grün in unsere Stadt zu bringen. Erlangen soll eine lebenswerte Stadt bleiben, die für jeden etwas zu bieten hat.

Interview: Markus Hörath