Ein neues Herz aus Erlangen: Zweites Leben dank Spender

22.4.2019, 06:00 Uhr
Marco Hiesl hat die Herztransplantation gut überstanden und fühlt sich rundum gut.

Marco Hiesl hat die Herztransplantation gut überstanden und fühlt sich rundum gut.

Der gebürtige Oberfranke kann sein Glück kaum fassen: "Das neue Herz ist ein Teil von mir, ab der ersten Sekunde hat es zu mir gehört und seitdem bin ich dem Spender für dieses Geschenk einfach nur dankbar." Seit dem dreistündigen Eingriff geht es dem Konstrukteur eines Automobilzulieferers wieder gut, nach einiger Zeit kann er die Rehaklinik verlassen und dann, abgesehen von regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und Medikamenteneinnahme, wieder ein ganz normales Leben führen.

"Das ist für mich wirklich christlich"

In den vergangenen fast eineinhalb Jahren sah das aber ganz anders aus. Nach einem plötzlichen Herzinfarkt Anfang 2018 sank Hiesls Herzleistung bis auf 15 Prozent, auch Leber und Niere waren in Mitleidenschaft gezogen, monatelang durfte er die Erlanger Klinik nicht mehr verlassen, auf der Dringlichkeitsliste für ein Spenderorgan stand er ganz oben.

Alle Medikamente und medizinische Rundumversorgung konnten einen Herzstillstand am 6. Dezember nicht verhindern: "Man musste mich reanimieren, alles stand auf der Kippe, aber ich habe mich gut erholt und hatte Glück", sagt er.

Großes Glück hatte der Kronacher am 8. März: Ein passendes Organ für ihn ist gefunden. Den Eingriff übersteht er ohne Komplikationen, es hat bisher auch keine Abwehrreaktionen seines Körpers gegeben. "Was mir mit dem Geschenk zuteil wurde, ist ein wirklicher Akt der Nächstenliebe", sagt er, "wenn man jemandem helfen kann und man macht es, ist das für mich wirklich christlich." Für den Katholiken ist der Weg vom Todgeweihten hin zum Rekonvaleszenten mit guten Überlebenschancen seine "ganz persönliche Auferstehungsgeschichte". Für das "unglaubliche Geschenk" will er sich dankbar zeigen, er geht an Ostern zwar nicht in die Kirche, will aber für die Klinik oder die Deutsche Herzstiftung spenden.


Organspende: Was halten Sie von der Widerspruchsregelung?


Die Herztransplantation selbst war bei Marco Hiesl "keine sehr große technische Herausforderung", sagt der Leitende Oberarzt der Herzchirurgischen Klinik des Erlanger Universitätsklinikums, Rene Tandler. Gemeinsam mit einem Team aus Schwestern, Pflegern und Ärzten führte der Facharzt als Hauptoperateur den Eingriff durch: "Es hat keinerlei Komplikationen gegeben, auch die Nachuntersuchungen sind ohne Befund."

Eine Organtransplantation ist für ein Zentrum wie das Erlanger Universitätsklinikum also keine Besonderheit mehr und könnte viel häufiger stattfinden, würde es nicht an Spenderorganen fehlen. "Ein Patient wie Marco Hiesl zeigt, wie wichtig es ist, dass wir endlich eine Widerspruchslösung bekommen", sagt dann auch der Direktor der Herzchirurgischen Klinik und Sprecher des Transplantationszentrums, Prof. Michael Weyand. Hiesl könne nach der Transplantation ein "ganz normales Leben" führen, betonen die Mediziner.

Mehr als 10 000 Patienten warten auf ein Spenderorgan

In Deutschland warten derzeit mehr als 10 000 Patienten auf ein Spenderorgan. Nun, da der Bundestag mit einem Gesetz die Transplantationsmedizin aufgewertet hat und entsprechende Kliniken zum Beispiel mehr Geld bekommen, ist für Weyand die Widerspruchsregelung der nächste Schritt. Nach dieser Regelung kann jeder, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat, Organspender werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wirbt für eine "doppelte Widerspruchslösung". Das bedeutet, dass jeder als Spender gilt. Man soll dazu aber noch Nein sagen können, ansonsten sind — als doppelte Schranke — Angehörige zu fragen.

In Ländern mit Zustimmungsregelung wie Deutschland muss jeder, der als Organspender zur Verfügung stehen will, zu Lebzeiten eine eindeutige Willenserklärung abgeben, etwa als Organspendeausweis. Prof. Weyand appelliert an Besitzer eines solchen Ausweises, auch Angehörigen und Freunden mitzuteilen, dass sie im Fall eines Falles zur Organspende bereit sind. Nicht immer finden die Mediziner den vorhandenen Ausweis aber auch. Das aber ist wichtig, betont Transplantationsmediziner Weyand: Immerhin werden im Universitätsklinikum unter anderem im Schnitt pro Jahr 80 Nieren, zehn Herzen, fünf bis zehn Bauchspeicheldrüsen und viele hunderte Augenhornhäute transplantiert.

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