Erlangen: Ein Jahr Fridays for Future

15.1.2020, 10:30 Uhr
Erlangen: Ein Jahr Fridays for Future

© Harald Sippel

Die vergangenen zwölf Monate hatten es für Louisa Schocke (19) und Florian Fischer (20) in sich. Die beiden jungen Erwachsenen hatten nicht nur mit ihrem Studium an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) zu tun, sondern fast noch mehr mit Planung, Organisation und Durchführung zahlreicher Großveranstaltungen in der Stadt.

Die beiden nämlich gehören — auch wenn sie keine Schüler mehr sind — zur lokalen Gruppe von Fridays for Future (FFF). Mehr noch: Sie sind als gewählte Delegierte tragende Säulen der hiesigen Öko-Bewegung, sind unter anderem zuständig für die bundesweite und internationale Vernetzung mit Gleichgesinnten, kümmern sich um sogenannte Orga-Treffen und melden auch die meisten Kundgebungen bei Ordnungsamt und Polizei an.

Anspruchsvolle Aufgabe

Auch an diesem Freitag haben die zwei eine anspruchsvolle Aufgabe: Als Versammlungsleiter sind sie insbesondere für einen möglichst reibungslosen Ablauf der FFF-Demonstration in der Innenstadt verantwortlich. Darin haben sie inzwischen richtig viel Erfahrung.

"Wir haben in diesem Jahr so viel gelernt", erzählen sie. Zum Beispiel darüber, wie Organisationsprozesse funktionieren und (Social Media-)Kampagnen ablaufen. Aber auch die Mechanismen von Kommunal- und Rathauspolitik sind ihnen etwa durch das Verfassen von Anträgen an den Stadtrat vertrauter geworden. Vor allem Louisa Schocke hat diesen Bereich (fast) neu für sich entdeckt. "Ich habe mich vorher nicht wirklich für Klima und Politik interessiert", sagt sie. Das aber hat sich seit "FFF" grundlegend geändert. Wenn die junge Frau jetzt über Kohlekraftwerke, Subventionen für Kerosin oder den ihrer Meinung nach von der Bundesregierung zu sehr vernachlässigten Ausbau von Erneuerbaren Energien spricht, merkt man sofort ihr Wissen und zugleich ihren Wunsch nach (politischen) Veränderungen.

Zu den Erlanger FFF-Mitstreitern hat sie über Florian Fischer gefunden. Der gebürtige Erlanger, der Digitale Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Theater- und Medienwissenschaften studiert, hatte sich zwar schon vor FFF mit Klima- und Umweltschutz beschäftigt, aber für sich nicht den "richtigen Weg" entdeckt, um sich zu engagieren. In eine Partei wollte er nicht, in der bunten FFF-Gruppe aber hat er eine Heimat für seinen ehrenamtlichen Einsatz. "FFF ist eine Bewegung, bei der man zum Mitmachen nicht verpflichtet ist", sagt die Germanistikstudentin, "und das ist das, was wir alle am meisten daran schätzen." Es sei gut, dass sich daran nichts geändert hat.

Die Sorge um die Zukunft und der Kampf für mehr Umwelt- und Klimaschutz seien die verbindenden Elemente. Dass diese Gemeinsamkeit so viele überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene auf die Straße treibt, hätten sie nicht erwartet.

"Wir haben nicht damit gerechnet, dass so viele Leute über so einen langen Zeitraum zu unseren Demos kommen", sagt dann auch Florian Fischer. Aber genau das sei eingetreten: "Wir haben bei den Aktionen immer noch mehr Teilnehmer."

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Die große Resonanz an den FFF-Aktionen, so glauben die zwei, liege aber auch einfach an der Stadt. "Hier gibt es viele, die unseren Anliegen aufgeschlossen gegenüberstehen und mitmachen", sagt Florian Fischer. Und Louisa Schocke ergänzt: "Ich stamme ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen, da wäre die Teilnahme sicher nicht so groß."

Über mangelndes Interesse indes können sich die FFF-Mitstreiter der ersten Stunde nicht beklagen. Schon bei der ersten Kundgebung am 18. Januar 2019 versammelten sich mit rund 700 Kindern und Heranwachsenden in der Stadt weit mehr Menschen, als von den Organisatoren erhofft.

Gegenseitige Unterstützung

Seitdem wissen sie: Angaben über Teilnehmer lassen sich bei FFF im Vorfeld nie machen. "Es werden am Ende jedes Mal mehr als wir angenommen hatten", sagen die zwei.

Ihr Glück sei auch, dass sie in Erlangen kaum mit Bedrohungen oder hasserfüllten Mails konfrontiert werden. Falls es doch irgendwelche Kommentare von "rechten Spinnern" gibt, wie Fischer sagt, oder brisante Situationen auftreten, unterstützen sich FFF-Gruppen gegenseitig mit Rechtshilfe-Strukturen und Sicherheits-Programmen. "Im Fall eines Falles ist das wichtig", sagen Louisa Schocke und Florian Fischer. Auch das haben sie in den vergangenen zwölf Monaten gelernt.

Erlangen entwickelt sich mehr und mehr zu einem richtigen Zentrum der jungen Öko-Bewegung. Längst haben sich Fridays for Future (FFF) in der Stadt auch Scientists For Future (SFF) oder Parents for Future (PFF) angeschlossen. Seit 18. Januar 2019, dem Auftakt der FFF-Proteste in der Hugenottenstadt, fanden 16 Kundgebungen mit 22 000 Teilnehmern statt, darunter war ein 24-stündiges Klimacamp mitten in der Innenstadt. Zum ersten FFF-Geburtstag startet am Freitag, 17. Januar, 12.30 Uhr, vor dem Rathaus die nächste Demo.

Wer bei FFF mitmachen möchte, kann am Dienstag, 21. Januar 2020, 18 Uhr, ins E-Werk kommen. Dort findet das nächste offene Treffen statt.

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