Erlangen: Frau an Spitze einer Männergewerkschaft

8.3.2020, 07:00 Uhr
Elisabeth Mongs ist seit Sommer 2018 die Erste Bevollmächtige der IG Metall Erlangen.

© Edgar Pfrogner Elisabeth Mongs ist seit Sommer 2018 die Erste Bevollmächtige der IG Metall Erlangen.

Unser Jahr hat 365 Frauentage: Dieser Spruch hängt im Büro der Ersten Bevollmächtigten der IG Metall — und ist für Elisabeth Mongs weit mehr als reine Agitation. Denn die 45-Jährige weiß, dass das Thema Gleich- oder vielmehr Ungleichberechtigung vor allem in der Arbeitswelt noch immer aktuell ist: Ob Eingruppierung, Entlohnung, Leistungsbeurteilung, Teilzeit oder Führungsverantwortung — in allen Bereichen sind Mitarbeiterinnen ihren männlichen Kollegen gegenüber benachteiligt. "Erst wenn wir diese Ungleichbehandlungen im Job beseitigt haben, wird sich auch das Rollenverhältnis ändern", sagt sie, "denn natürlich bleibt derjenige bei den Kindern zuhause, der weniger verdient."

Bis es so weit ist, werde es aber noch einige Jahre dauern, da macht sich Elisabeth Mongs keine Illusionen. Selbst wenn schon viele Betriebe an Verbesserungen arbeiteten. Dass das überhaupt so ist, ist zu einem großen Teil Frauen wie Elisabeth Mongs zu verdanken — und ihrem Kampf für gleiche Arbeitsbedingungen von Frau und Mann.

Die Erlanger IG-Metall-Chefin selbst ließ sich ohnehin nie in herkömmliche Schubladen stecken. Schon als Schülerin wollte sie keinen sogenannten Frauenberuf in der Verwaltung, sondern wurde in einem großen Industriebetrieb in Ingolstadt zur Industriemechanikerin aus- und danach zur Maschinenbautechnikerin weitergebildet. "Meine Eltern waren entsetzt", erinnert sie sich, "es war wirklich nicht ihr Plan, dass ich in einen männlichen Beruf gehe."

Zwar hat Elisabeth Mongs nie in ihrem erlernten Beruf gearbeitet, da sie schnell ihr Interesse an der betrieblichen Mitbestimmung entdeckt hat: erst in der Jugend- und Auszubildendenvertretung, danach im Betriebsrat und nun schon seit Langem als Gewerkschaftsfunktionärin.

Mit Wissen und Können

Gerade in letzterer Funktion profitiert sie bei Besuchen in Betrieben und Gesprächen mit Arbeitgebern noch immer von ihrer Ausbildung: "Einmal wollte mir ein Ausbildungsleiter in Regensburg zeigen, wie eine Drehmaschine funktioniert, der war sichtlich erstaunt, dass ich das alles selber wusste und konnte."

Wissen und Können, das sind denn auch Mongs Pfunde, mit denen sie wuchert: "Wenn man Fachlichkeit hat", sagt sie, "und authentisch ist, hat man eine hohe Akzeptanz auch von männlichen Kollegen." Diese ist für eine IG Metall-Bevollmächtigte auch wichtig: Schließlich ist die Metall- und Elektrobranche noch immer weitgehend eine männliche Domäne — ebenso wie die dazugehörige Gewerkschaft. In Erlangen liegt die Zahl der weiblichen Mitglieder mit mehr als 3000 von insgesamt 11 000 etwas über dem Bundesschnitt, was Mongs mit den vielen weiblichen Siemens-Beschäftigten erklärt.

Dass sie irgendwann an der Spitze der IG Metall steht, sei nicht ihr Ziel gewesen, als sie 2012 für die Gewerkschaft in die Hugenottenstadt gewechselt ist, doch als Pendlerin weiterhin in Ingolstadt wohnt. Seit Sommer 2018 ist sie Erste Bevollmächtigte, im April stehen Wahlen an und Elisabeth Mongs geht davon aus, dass sie in ihrem Amt bestätigt wird.

Denn unter den überwiegend männlichen Gewerkschaftskollegen, bei Verhandlungen mit den Arbeitgebern oder auch bei den Streiks, draußen auf der Straße, würden sie und auch IG Metallerinnen doch ernst genommen: "Wenn wir Frauen es schaffen, klar und deutlich unsere Forderungen darzustellen, dann werden wir genauso gehört."

Man müsse dabei nicht zum Mann werden, meint sie, jedoch zumindest männliche Spielregeln kennen und diese auch nutzen: Networking etwa, also der Aufbau und die Pflege von persönlichen und beruflichen Kontakten. Frauen, sagt Mongs, neigten auch häufiger dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, das sei falsch. "Wenn man in Männerrunden unterwegs ist, muss man halt auch einmal auftreten und sich nach außen zeigen." Denn eines ist für die IG Metall-Chefin klar: "Wenn ich warte bis Männer einen ansprechen, kann das manchmal unendlich lang dauern, man muss dann als Frau eher männlich sein und die eigene Erwartungshaltung selbst nach außen tragen."

Solche Verhaltensweisen bringt die Erlanger IG Metall ihren Kolleginnen auch in extra Schulungen näher — damit diese ebenfalls selbstbewusster auftreten und agieren. "Wenn wir Frauen für unsere Frauenthemen nicht einstehen, wer macht das dann", fragt Elisabeth Mongs rhetorisch.

Einsatz für die Belegschaft

Ihr selbst liegt die Förderung von Frauen als Frau ganz klar besonders am Herzen, sie versteht sich aber auch als Interessenvertreterin für Frauen und Männer. Wenn sie für bessere Arbeitsbedingungen etwa am Arbeitsplatz kämpft, tut sie das für beide Geschlechter. "Ich möchte für die Belegschaft Verbesserungen erreichen", sagt sie, "es geht um die Belange der Kolleginnen und Kollegen, sie brauchen eine Stimme, eine Stärke, das können wir bieten — und dafür kämpfe ich."

Daheim, sagt Mongs, sei sie ebenfalls eine Kämpfernatur: "Man kann das beruflich nicht sein, wenn man es im Privaten nicht auch ist." Wenn der vierjährige Sohn Taschengeld möchte, sagt ihr Partner dann immer sofort: "Diese Verhandlungen musst Du führen."

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