Erlangen ist ganz bei den Terroropfern von Paris

15.11.2015, 17:30 Uhr
Erlangen ist ganz bei den Terroropfern von Paris

© Foto: Ralf Rödel

Blumen sagen manchmal  mehr als Worte. An diesem Wochenende ist das so: Weltweit, unter allen Religionen — und daher auch in Erlangen. Hier trauern die Menschen ebenfalls um die Opfer, legen vor dem Deutsch-Französischen Institut (DFI) in der Südlichen Stadtmauerstraße Blumen nieder, zünden Kerzen und Teelichter an und sind ganz in Gedenken an die mehr als 120 Toten und ihre Familien.

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„Wir sind bei euch“

„Es trifft uns ins Herz — wir sind bei euch“, hat jemand auf eine Karte geschrieben, versehen mit den Farben der Trikolore. Selbst der Wind, der am Sonntagnachmittag zeitweise über die Stadt weht, kann den Flammen der Kerzen nichts anhaben, sie gehen nicht aus, sondern wehen unbeirrt weiter, fast so, als wollten sie dem Terror trotzen.

Mitten ins Mark getroffen sind die in der Stadt lebenden Franzosen, Menschen wie Pascale Höger, die erste Vorstandsvorsitzende des Deutsch-Französischen Instituts oder Paul-Eric Vogel, der stellvertretende Vorsitzende des Ausländer- und Integrationsbeirates.

Die Erschütterung ist Pascale Höger auch viele Stunden nach den ersten Meldungen über die verheerenden Anschläge noch deutlich anzuhören: „Es ist so schrecklich, dass an mehreren Orten Menschen getötet wurden, die mit der Weltpolitik nichts zu tun haben.“ Froh sei sie nur, dass sie keine Verwandten und Freunde in der Hauptstadt mehr hat.

Völlig willkürlich und wahllos seien die Täter bei der Auswahl der Opfer vorgegangen; aber genau das hätten die Mörder, die für Pascale Höger keine Terroristen sind („die Täter wurden von Hintermännern nur benutzt oder sind ihnen blind gefolgt“) beabsichtigt: dass sich in der westlichen Welt mit so belebten Städten wie Paris Angst breit macht — und sich keiner mehr frei bewegen traut.

Das aber wäre die falsche Konsequenz aus den Attentaten, meint sie. Ebenso wie eine Pauschalverurteilung aller Muslime. Vielmehr sollte man besonnen reagieren und nach den Wurzeln jeglicher Radikalisierungen suchen: „Wir müssen den jungen Menschen Perspektiven geben — unabhängig davon, ob sie in Mittleren Osten oder in Paris leben.“

Auch Paul-Eric Vogel, Vizechef des Ausländerbeirates und gebürtiger Elsässer, ist empört: „Ich empfinde Fassungslosigkeit, Wut, Trauer und Ohnmacht. Ich habe auch mit meinen Eltern telefoniert, die im Elsass leben. Denen geht es genauso. Einige Freunde und Bekannte haben mich angerufen und mit mir über die Anschläge gesprochen. Auch wenn man nicht unmittelbar betroffen ist, tut der Zuspruch gut.“

Schockiert zeigt sich auch OB Florian Janik: „Es ist unfassbar.“ Es dränge sich aber die Frage auf, warum wir das nicht so empfunden haben, als Verbrechen wie diese in Ländern verübt worden sind, die weiter weg sind als Frankreich. Gleichzeitig beantworteten die furchtbaren Anschläge die Frage, warum so viele Menschen zu uns gekommen sind: „Sie sind vor dem Terror geflohen“.

Zugleich kritisierte der Rathauschef Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der in dem Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Paris gesagt hatte, „die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann so nicht weitergehen. Paris ändert alles“.

Schweigeminute in Wladimir

Der OB kommentierte diese Aussage mit den Sätzen: „Ich kriege das Kotzen, wenn ich höre wie populistisch er damit Stimmung gegen Flüchtlinge macht“. Der Zusammenhang zwischen den Anschlägen von Paris und den Flüchtlingen hier bestehe darin, dass die Menschen dort und die Menschen hier von den gleichen Verbrechern attackiert worden sind. „Das ist die einzige Gemeinsamkeit“.

Die Islamische Religionsgemeinschaft Erlangen ist ebenfalls „erschüttert und sprachlos angesichts des barbarischen Terroraktes“ und empfindet „tiefste Abscheu“ für die brutale Gewalt. Und auch in Erlangens russischer Partnerstadt Wladimir wird mit einer Schweigeminute und Solidaritätsbekundungen der Opfer gedacht — wie überall auf der Welt.

Am Dienstag, 17. November, findet in Erlangen ein Trauermarsch durch das Zentrum statt. Treffpunkt: 18.30 Uhr, Rathausplatz.

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