Erlangen-Land: Kostenexplosion bei Jugendhilfe

27.10.2018, 15:00 Uhr
Erlangen-Land: Kostenexplosion bei Jugendhilfe

© Uwe Anspach/dpa

Der Landrat sah es als seine Pflicht an, auf diese "dramatische Entwicklung" hinzuweisen. Aufgrund der momentan guten wirtschaftlichen Lage könnten die Mehrausgaben noch gestemmt werden, auch wenn dies notgedrungen mit Kürzungen bei anderen Posten verbunden sei.

Da die Konjunktur jedoch in Zyklen verlaufe, müsse man sich auf Zeiten einstellen, wo die Mittel wieder deutlich knapper sind: "Ich erinnere daran, dass wir schon Streichkommissionen bilden mussten, um die Finanzen in den Griff zu bekommen."

Die Hauptgründe

Nach dem Haushaltsentwurf ergibt sich bei der Jugendhilfe für nächstes Jahr ein Zuschussbedarf von 12,46 Millionen Euro. Heike Krahmer, die Leiterin des Amtes für Kinder, Jugend und Familie, nannte folgende Gründe für die Steigerung: höhere Personalkosten aufgrund der Tarifabschlüsse; die Zunahme psychischer Erkrankungen und deren Folgen für die Familien; der Zuzug von Familien, die eine Unterstützung benötigen, und der Anstieg bei den Hilfen zur Erziehung und Integration.

Den höchsten Anteil machen dabei die Schulbegleitungen, die Integrations- und die sozialpädagogischen Familienhilfen aus, wie Tritthart weiter ausführte. Mit 1,32 Millionen Euro liegt der Ansatz für 2019 hier um 447 000 Euro über dem für dieses Jahr.

Die Kosten für die Eingliederung seelisch Behinderter sind mit 3,07 Millionen Euro angesetzt; für 2018 waren es 2,72 Millionen Euro gewesen. Sie machen ein Viertel des gesamten Etats der Jugendhilfe aus.

Allein die Ausgaben für den gesetzlichen Inklusionsauftrag werden voraussichtlich auf 1,5 Millionen Euro steigen. Der Ansatz für 2018 betrug 1,01 Millionen Euro.

1,21 Millionen Euro angesetzt

Das Landratsamt rechnet damit, dass in 44 Fällen Integrationshelfer und Schulbegleiter eingesetzt werden müssen, was zu Kosten von 1,21 Millionen Euro führt.

In der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde über Möglichkeiten diskutiert, wie sich die Erhöhung der Ausgaben eindämmen lässt. Nach Schulungen ehrenamtliche Kräfte als Integrationshelfer und Schulbegleiter einzusetzen, kommt kaum in Frage, da eine Betreuung täglich über viele Stunden notwendig ist.

Wie Otto Schammann, stellvertretender Leiter des Jugendamts und Leiter des Fachbereichs "Soziale Dienste" erläuterte, soll versucht werden, dass ein Begleiter nicht nur ein, sondern eventuell zwei oder drei Kinder während der Unterrichtszeit betreut. Es laufen zudem bereits Gespräche mit Jugendpsychiatern, die erforderlichen Gutachten ausführlicher zu verfassen, um die Hilfen gezielter auf den jeweiligen Einzelfall abzustimmen.

Doppelter Druck

Sowohl vonseiten der Schulen als auch der Eltern gebe es einen starken Druck, eine solche Unterstützung zu gewähren. Liege hierfür das Attest eines Facharztes vor, könne sie aufgrund der Gesetzeslage de facto nicht abgelehnt werden.

Unterstützung von den Ausschussmitgliedern erhielt der Landrat in seiner Einschätzung, dass angesichts der enormen Zunahme der Kosten bei der Jugendhilfe der Bund gefordert sei: "Andere Landkreise und die kreisfreien Städte haben genauso mit diesen Ausgaben zu kämpfen. Wenn uns per Gesetz solche Aufgaben übertragen werden, ist von höherer Ebene auch für eine entsprechende Finanzierung zu sorgen."

Da es sich überwiegend um bundes- und landesweite Regelungen handelt, verfügt der Landkreis in diesem Bereich lediglich über geringe Steuerungsmöglichkeiten, kann höchstens den internationalen Jugendaustausch etwas zurückfahren. Dem Haushaltsentwurf stimmte der Jugendhilfeausschuss daher einhellig zu. Bei der Kalkulation stehen Einnahmen von 5,38 Millionen Euro, die beispielsweise von Erstattungen durch andere Stellen oder die Beteiligung der Eltern stammen, stehen Ausgaben von voraussichtlich 17,84 Millionen Euro gegenüber.

Zuschüsse für Vereine

Befürwortet wurde auch der Antrag der Erich-Kästner-Schule in Spardorf auf eine Erweiterung der Jugendsozialarbeit von 19,25 auf 25 Wochenstunden. Zuschüsse erhalten der ASV Weisendorf (1125 Euro für die LED-Flutlichtanlage) und der Tuspo Heroldsberg (12 419 Euro für den Kunst- und den Kleinfeldrasenplatz).

Erfolgreich hat sich das Projekt "Elterntalk" des Kinderschutzbundes entwickelt, wobei es nach Aussage der Organisatoren vor allem für Familien mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Schichten an Bedeutung gewinnt. Deshalb wird die Förderung von 8000 Euro um zusätzlich bis zu 4000 Euro erhöht. Dieser Mehrbedarf könnte sich verringern, wenn weitere Mittel von der "Aktion Jugendschutz" fließen. SCOTT JOHNSTON

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