Erlangen: Mobiler in die Zukunft ohne Automobil

23.1.2021, 06:00 Uhr
Erlangen: Mobiler in die Zukunft ohne Automobil

© Klaus-Dieter Schreiter

Gut Ding will Weile haben. Doch nun liegt das Werk vor. Drei Jahre lang haben die Verwaltungsoberen zusammen mit vielen Bürgerinnen und Bürgern sowie Fachleuten daran gearbeitet. Dabei Dinge intensiv diskutiert, verworfen oder gutgeheißen. Die Essenz und Ergebnisse dessen, was da gemeinsam Schritt für Schritt erarbeitet worden ist, findet sich jetzt gebündelt und zusammengefasst in dem Schlussbericht, der mit "Verkehrsentwicklungs- und Mobilitätsplan 2030" (VEP) überschrieben ist. Er wurde in der Sitzung des Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschusses vorgestellt, stieß aber nicht auf die ungeteilte Zustimmung des Gremiums.

Gedanken gemacht

Dieses gleichsam ganzheitliche Verkehrskonzept für die Stadt wurde überwiegend in den Sitzungen des "Forum VEP" entwickelt. Dort haben sich alle Beteiligten reichlich Gedanken darüber gemacht, wie man – mit Blick auf 2030 – Verkehr, Umwelt und Klima weitgehend verträglich unter einem Hut bringen könnte. Nun liegt der VEP-Abschlussbericht in zwei Varianten vor. Die 180 Seiten starke Langfassung soll unter anderem den Bürgern als "Nachschlagewerk" dienen, so Bau- und Planungsreferent Josef Weber. Dagegen bietet die 40-seitige Kurzfassung einen raschen Überblick über die anvisierte "strategische Entwicklung der Mobilität in Erlangen".

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Beide Druckerzeugnisse werden jetzt nicht in einer unteren Schublade verschwinden, versicherte OB Florian Janik. Im Gegenteil: Auch wenn es Abschlussbericht heißt, sei es vielmehr ein Arbeitsauftrag und eine Grundlage zum Weiterarbeiten, um geeignete Angebote zu schaffen, die den veränderten Bedürfnissen der Bürger an Mobilität gerecht werden. Und bei all dem soll natürlich auch der Umwelt- und Klimaschutz eine zentrale Rolle spielen.

Grüne Liste vermisst Mut

Tut er aber nicht. Meinte jedenfalls Tina Prietz, die heftige Kritik an dem VEP übte. Für die Stadträtin der Grünen Liste (GL) ist eingedenk des Klimawandels "nicht ausreichend auf eine CO2-Reduzierung reagiert" worden. Auch sei man unter anderem zu wenig mutig gewesen, den Autoverkehr weiter einzuschränken. Ähnliches führte auch Frank Höppel ins Feld: "Ohne eine Verkehrswende reicht der VEP zum Klimaschutz nicht aus", meinte der ÖDP-Stadtrat. Zudem glaubt er, dass "viele Bürger, die am VEP mitgearbeitet haben, jetzt eher davon enttäuscht" sind. Außerdem gehe ihm bei der Umsetzung der Maßnahmen Vieles zu langsam voran. Eher enttäuscht und skeptisch ob des Erreichens der gesteckten VEP-Ziele bis 2030 zeigte sich auch Prof. Martin Hundhausen von der Klimaliste Erlangen. Am Ende erteilten die Umweltparteien dem VEP eine klare Absage und sorgten für fünf Nein-Stimmen.

Erlangen: Mobiler in die Zukunft ohne Automobil

© Schreiter

Die Grüne Liste musste sich jedoch einige kritische Töne anhören. Andreas Richter und Philipp Dees, beide SPD, wiesen durchaus energisch darauf hin, dass gerade die GL zuvor "sämtlichen Beschlüssen zugestimmt" und den Prozess mitbegleitet habe, aber jetzt das Ganze als völlig unzureichend abtut. Auch zeige sich im GL-Verhalten wenig Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern, die jahrelang im VEP-Forum mitgearbeitet und sich Gedanken gemacht haben, monierte Dees, der anschließend viele positive Punkte aus dem VEP hervorhob. Für Alexandra Wunderlich ist der VEP vor allem ein "Arbeitsmittel", in dem viele "Vorschläge" stehen, die quasi "ein Appell an uns sind, sie umzusetzen". Die CSU-Stadträtin betonte ebenfalls die große Bürgerbeteiligung und forderte die GL auf, "sich nicht zu verweigern und stattdessen mitzugehen". Die GL solle nicht glauben, dass sie die "einzige Wahrheit" besitzt.

Begleitung des Wandels

Der VEP 2030 für Erlangen "begleitet den Wandel vom Verkehr zur Mobilität, von der autozentrierten zur menschengerechten Stadt", heißt es. Damit soll das Auto nicht verteufelt werden. Die Bürgerinnen und Bürger "werden und sollen auch weiterhin" mit ihrem Pkw mobil sein. Allerdings will man mit dem VEP unter anderem den "Autoverkehr auf geeignete Straßen konzentrieren" und damit auch die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer besser berücksichtigen. Mit dem VEP soll das Zu-Fuß-Gehen, das Radfahren und Busfahren weiter forciert und zugleich das Autofahren reduziert werden. Dabei ist das Kombinieren, Verknüpfen und Zusammenspiel verschiedener Verkehrsmittel ein wichtiges Thema.

Parkgebühren im Fokus

Einiges aus dem VEP wurde bereits realisiert oder ist gerade in der Mache. OB Janik wies in diesem Zusammenhang auf die "vielen Veränderungen" im Busnetz hin, oder auf die erst dieser Tage gestartete "Klinik-Linie", die Teil des Verkehrskonzeptes ist und zu einer City-Linie ausgebaut werden soll. Langfristig sei hier der Einsatz von umweltfreundlichen E-Bussen geplant.

Auch das Großprojekt Stadt-Umland-Bahn ist bekanntlich auf den Gleisen. Das Thema "Parken" in all seinen Facetten wird angegangen. Dabei werden unter anderem die Parkgebühren "neu gestaltet", so OB Janik. Auch die "Unsitte des Gehwegparkens", so Andreas Richter, soll bald der Vergangenheit angehören. Daneben gibt es noch eine Fülle von Punkten und Arbeitsfeldern wie Carsharing, E-Autos oder Ausbau des Radwegenetzes. Bei all dem kommt es darauf an, die "große Linie nicht zu verlieren", so Josef Weber. Aber "die Richtung stimmt", auch weil die Bevölkerung am VEP mitgearbeitet hat.

Das verkehrliche Gesamtkonzept VEP wurde von der Ausschussrunde am Ende mehrheitlich so begutachtet und wird in der Februarsitzung 2021 des Stadtrats wohl auch so beschlossen werden.

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