Liedermacher-Kunst

Erlangen: Scharfsinniger Beobachter

6.7.2021, 12:21 Uhr
Für seine neue CD "Ich hab das Licht gesehen" ging Peter "Point" Gruner mit dem Jazztrio "Die Lichter" auf die Bühne im Garten des Erlanger Bürgertreffs "Villa".

© Hans von Draminski Für seine neue CD "Ich hab das Licht gesehen" ging Peter "Point" Gruner mit dem Jazztrio "Die Lichter" auf die Bühne im Garten des Erlanger Bürgertreffs "Villa".

Der Juli macht alles anders. Kultur ist wieder möglich, Freiluft-Konzerte sind unter Auflagen erlaubt. Der Erlanger Liedermacher Peter Gruner, in der Szene nur "Point" genannt, setzt ein Ausrufezeichen - mit neuer CD und neuer Session-Band. Für die von der Kulturförderung der Stadt Erlangen mit ermöglichte Solo-Scheibe "Ich hab das Licht gesehen" hat sich Peter Gruner andere als die gewohnten Sidekicks geholt.

Jazztrio wird zu "Die Lichter"

Aus dem David-Motsonashvili-Trio des gleichnamigen Gitarristen mit Jens Petzold (Kontrabass) und Ali Broumand (Schlagzeug, Backgroundgesang) werden passend zum Albumtitel "Die Lichter". Das sorgt für eine subtile Jazzgrundierung, ohne den typischen Point-Tonfall völlig zu transformieren. Die deutschsprachigen Songs des zeitkritischen Liedermachers bleiben, was sie immer waren: bissig, hinterfragt und erfreulich unbequem.

Auseinandersetzung mit der Krise

Gruner, der auch Feuilletonist ist, hat sich mit der Krise auseinander gesetzt. Und damit, was sie mit den Menschen macht. Er scheut sich nicht, die Integrität der Medien, deren Teil er zumindest zeitweilig ist, ebenso infrage zu stellen, wie die Seriosität der Politik und die Stabilität der Gesellschaft. In Stücken wie "Radar" oder "Norden" schwelgt Gruner nicht in bloßer Liebeslyrik oder Erinnerungen an ein besseres Gestern. Diese reflektierten Balladen haben Tiefgang und Hintersinn, treffen den Nerv und unternehmen erfolgreich den Versuch, die richtigen Fragen zu stellen, wenn schon die Antworten geradewegs im Chaos zu münden scheinen.

Vollendete Selbstironie

Dabei beherrscht Point das Werkzeug der Selbstironie in Vollendung. Der "Gentleman" ist ein mehr oder weniger erfolgreicher Aufreißer mit öligem Charme, der bei einem cleveren Mädel mehr als einmal vor die Wand läuft, weil die kluge Dame auf sein angestaubtes Süßholz auch nach intensivem Raspeln nicht hereinfällt. "Kleine Dämonen" sind jene inneren Mini-Teufel, die ein Abonnement auf schlechte Ratschläge haben, weshalb man auf sie nie hören sollte.

Doppelbödig und finster

Doppelbödig bis zur dunkelschwarzen Finsternis gerät der "König der Insel", eine trügerisch sanft beginnende Geschichte von einem Liebespaar, das bei einem Abstecher auf ein einsames Eiland den Falschen trifft. Hier verschmelzen, wie Peter Gruner augenzwinkernd anmerkt, Wirklichkeit und Fiktion, verwandelt sich die Love-Story unversehens in einen Thriller, der das Publikum verunsichert zurücklässt.

Bittere Selbsterkenntnis

Point ist, wenn einer Rock'n'Roll ankündigt und einen Reggae spielt. Oder wenn vermeintliche Plattitüden sich in vielschichtige Alltagsphilosophie verwandeln. "Die Liebe kommt und die Liebe geht, während man die meiste Zeit im Weg rumsteht. Wer ein totes Pferd reitet, macht sich nur lächerlich", reimt Peter Gruner in bitterer Selbsterkenntnis. Den Fans gefällt das, weil sie sich in dem so bereitwillig hingehaltenen Spiegel wiedererkennen. Das vertieft die sowieso bukolische Stimmung eines entspannten Freiluft-Konzerts, das machtvoll die Hoffnung nährt, die Schrecken der Pandemie seien endlich Vergangenheit.

CD-Info: Peter "Point" Gruner, "Ich hab das Licht gesehen", Eigenverlag, erhältlich über die Homepage www.point-und-die-spielverderber.de, 15 Euro.

Keine Kommentare