Erlangen: Stellwand trennt Flüchtlinge voneinander

11.9.2014, 11:40 Uhr
Erlangen: Stellwand trennt Flüchtlinge voneinander

© Foto: privat

Illusionen macht sich Elisabeth Preuß nicht. „Derzeit ist der Umgang der Flüchtlinge untereinander sehr gut“, sagt die Erlanger Sozial-Bürgermeisterin. Allerdings werde die Lage umso schwieriger, je mehr – und vor allem – je länger die Frauen und Männer in der kleinen Zeltstadt im Westen der Stadt untergebracht sind. „Wenn 150 Menschen unter einem Dach leben, ist die Wahrscheinlichkeit schon sehr groß, dass zwei dabei sind, die sich nicht riechen können“, räumt Preuß ein.

Steckdosen und Hotspots

Zwar würden Trennwände in den Aufenthaltszelten einen „Hauch von Abgeschlossen- und Privatheit“ (OB Florian Janik) gewährleisten und auch Steckdosenleisten und Hotspots (öffentliche drahtlose Internetzugriffspunkte) den Flüchtlingen Kontakt in ihre Heimatländer ermöglichen.

Dennoch ist klar: Für eine längere Zeitdauer sind diese Orte nicht geeignet. Auch wenn sich die Frage nach anderen Aufenthaltsmöglichkeiten bisher offiziell (noch) nicht stellt, macht sich die Stadtspitze doch schon Gedanken darüber. „Spätestens im Winter können wir die Zeltstadt am Westbad nicht mehr nutzen“, sagt Preuß, „daher suchen wir bereits größere, freistehende Hallen im gesamten Stadtgebiet.“ Das alte Klinik-Gebäude der Chirurgie hingegen („Bettenhaus“) komme nicht in Frage: „Dort wird bereits die Infrastruktur abgerissen — das können wir nicht nutzen.“

Wie es bisher von der Regierung von Mittelfranken heißt, soll Erlangen die Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf mit bis zu 300 Flüchtlingen drei Wochen lang entlasten. Daran aber hegt der Erlanger Rathauschef Zweifel. „Ich glaube nicht, dass es damit getan sein wird“, meint OB Janik, „und für diesen Fall wollen wir eben nicht so so überrascht werden wie vor einer Woche, als die Anfrage aus Ansbach kam.“

Bürgermeisterin Preuß nennt es sogar „fahrlässig“, wenn die Stadt nur auf weitere Anweisungen von Bezirk und Freistaat warten würde — und sich mit der bereits errichteten Zeltstadt zufrieden geben würde.

Dabei hätte sie dazu viel Grund. Denn der in weniger als zwei Tagen erfolgte Aufbau einer richtigen kleinen Stadt hat bisher ohne größere Probleme funktioniert. In der Anlage ist inzwischen — nachdem der Katastrophenschutz die Leitung an die Stadt übergeben hat — eine Art „kleines Sozialamt“ entstanden — mit fast zehn Mitarbeitern aus dem Rathaus. Bereitwillig und engagiert hätten sich die Verwaltungsangestellten nun auch Gebiete erarbeitet, die üblicherweise nicht zu ihren primären Aufgaben gehörten, lobt Preuß. Für technische Details werde noch ein Experte aus dem entsprechenden Bereich als Leiter eingesetzt.

Zu sehr auf die Schulter klopfen (lassen), wollen sich die Verantwortlichen für ihre Arbeit aber nicht: „Wir haben den Aufbau und die Organisation am Westbad gut hinbekommen“, sagt Janik, „aber wir sind darauf nicht wirklich stolz — wir haben Hilfe geleistet, so wie es sich für eine Kommune gehört.“ Die Stadt habe sich zur humanitären Hilfe verpflichtet gefühlt. Wie notwendig es gewesen sei, die Zirndorfer Sammelunterkunft schnell und unbürokratisch zu entlasten, wüssten er und Preuß aus eigener Anschauung nur zu gut.

Proteste bleiben aus

Auch wenn die meisten Erlanger diese Erfahrung nicht teilen, können sie sich offenbar gut vorstellen, wie es Menschen in überfüllten Sammelunterkünften und Flüchtlingen aus Krisenländern wohl ergehen muss. Noch habe es nämlich keine Proteste gegen die Neuankömmlinge gegeben, betont Janik.

Auch die Spendenbereitschaft übertreffe (wie bereits berichtet) alle Erwartungen: „Für die Erlanger ist das Motto ,offen aus Tradition‘ mehr als ein Slogan; sie reden nicht nur — sie handeln auch.“

Die Caritas nimmt am Samstag, 13. September, in der Mozartstraße 29, 9-13 Uhr, weitere Spenden für die Flüchtlinge entgegen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare